GRAVITY: Neue Methode erlaubt direkte Beobachtung der Atmosphären von Exoplaneten
Paris (Frankreich) – Astronomen der Europäischen Südsternwarte (ESO) haben mit dem GRAVITY-Instrument ein neues Verfahren zur Exoplaneten-Bildgebung mittels optischer Interferometrie erfolgreich getestet und die komplexe Atmosphäre eines Exoplaneten mit Wolken aus Eisen und Silikat, die in einem planetenweiten Sturm zirkulieren, abgebildet. Die Technik bietet zukünftig einzigartige Möglichkeiten, viele der heute bekannten Exoplaneten zu charakterisieren.
Wie die Astronomen und Astronominnen um Sylvestre Lacour vom französischen CNRS am Observatoire de Paris und am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik der „GRAVITY Collaboration“ im Fachjournal „Astronomy and Astrophysics“ (DOI: 10.1051/0004-6361/201935253) berichten, gelangen ihnen die ersten Beobachtungen anhand des des Exoplaneten „HR 8799 e“. Dieser wurde 2010 um den jungen Hauptreihenstern „HR 8799“ entdeckt, der sich rund 129 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Pegasus.
Mit ihren Beobachtungen identifizierten die Wissenschaftler auch neue Eigenschaften von „HR 8799 e“, wozu es ein Instrument mit sehr hoher Auflösung und Empfindlichkeit erforderte.
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Hierzu kann GRAVITY die vier Teleskope des Very Large Telescope (VLT) der ESO durch eine Technik der sogenannten Interferometrie zusammenschließen, um ein einzelnes größeres Teleskop nachzuahmen: „Dadurch entsteht ein Super-Teleskop – das VLTI –, das das Licht aus der Atmosphäre von ‚HR 8799 e‘ und seines Muttersterns sammelt und präzise trennt“, erläutert die Pressemitteilung der ESO.
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Wie sich zeigt, ist „HR 8799 e“ ein „Super-Jupiter“, also eine Welt, die im Gegensatz zu allen Welten in unserem Sonnensystem steht und die sowohl massereicher als auch viel jünger ist als alle Planeten, die die Sonne umkreisen: „Mit nur 30 Millionen Jahren ist dieser Baby-Exoplanet jung genug, um Wissenschaftlern einen Einblick in die Entstehung von Planeten und Planetensystemen zu geben. Der Exoplanet ist völlig unwirtlich – Restenergie aus seiner Entstehung und ein starker Treibhausgaseffekt heizt HR 8799 e auf eine lebensfeindliche Temperatur von etwa 1000 °C.“
Es ist das erste Mal, dass die optische Interferometrie eingesetzt wird, um Details eines Exoplaneten zu enthüllen. Die neue Technik liefere ein überaus detailliertes Spektrum von beispielloser Qualität – zehn Mal detaillierter als frühere Beobachtungen, berichten die ESO-Astronomen. Die Messungen des Teams konnten die Zusammensetzung der Atmosphäre des HR 8799 e aufzeigen – und diese enthielt einige Überraschungen:
„Unsere Analyse zeigte, dass HR 8799 e eine Atmosphäre hat, die weitaus mehr Kohlenmonoxid als Methan enthält – was gemäß der Gleichgewichtschemie nicht zu erwarten ist“, erklärt Lacour. „Wir können dieses überraschende Ergebnis am besten erklären, wenn hohe vertikale Winde in der Atmosphäre verhindern, dass das Kohlenmonoxid mit Wasserstoff unter Bildung von Methan reagiert.“
Das Team stellte zudem fest, dass die Atmosphäre auch Wolken aus Eisen- und Silikatstaub enthält. In Kombination mit dem Überschuss an Kohlendioxid deute dies darauf hin, dass die Atmosphäre von „HR 8799 e“ von einem gewaltigen und heftigen Sturm heimgesucht wird.
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„Unsere Beobachtungen deuten auf eine Gaskugel hin, die von innen beleuchtet wird, wobei warme Lichtstrahlen durch stürmische Flecken dunkler Wolken laufen“, erläutert Lacour und fphrt dazu weiter aus: „Die Konvektion bewegt sich um die Wolken aus Silikat- und Eisenpartikeln herum, die sich auflösen und ins Innere regnen. So entsteht ein Bild der dynamischen Atmosphäre eines Riesenexoplaneten bei der Geburt, der komplexe physikalische und chemische Prozesse durchläuft.“
Das neue Beobachtungsergebnis baut auf der Reihe von beeindruckenden Entdeckungen von GRAVITY auf, die bahnbrechende Ergebnisse erbracht haben, wie z. B. die Beobachtung von Gaswirbeln mit 30% der Lichtgeschwindigkeit außerhalb des Ereignishorizonts des massereichen Schwarzen Lochs im Galaktischen Zentrum. Da die neue Methode das ohnehin schon umfangreiche Arsenal an Methoden, die den ESO-Teleskopen und Instrumenten zur Verfügung stehen, um Exoplaneten zu beobachten, zusätzlich erweitert, erhoffen sich die Astronomen schon jetzt viele weitere beeindruckende Entdeckungen.
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