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UPDATE: Zum Stand der Suche nach intelligenten Signalen von HD164595

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Das im Mai 2015 empfangene starke, potentielle SETI-Signal aus Richtung des sonnenähnlichen Sterns HD 164595.

Copyright: Bursov et al.

Saarbrücken (Deutschland) – Seit am vergangenen Wochenende bekannt wurde, dass russische Astronomen schon im Mai 2015 ein „potentiell interessantes“ SETI-Signal aus dem Sternbild Herkules aufgefangen hatten – aber erst jetzt davon berichteten –  überschlagen sich die Informationen und Nachrichtenmeldungen über die unmittelbar daraufhin angelaufene Suche anderer SETI-Astronomen und –Institutionen und deren bisherigen Ergebnisse. Auch die russische Seite hat zum „Signal“ bereits Stellung bezogen. Eine Zusammenfassung.

Die Meldung über das schon am 15. Mai 2015 aufgefangene Signal (…GreWi berichtete), traf sämtliche SETI-Astronomen außerhalb Russlands offenbar ebenso völlig unerwartet, wie das nur wenige Stunden nach Bekanntwerden einsetzende Mediengewitter aus Anfragen, Zitaten und voreiligen Schlussfolgerungen.

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Grundvoraussetzung für die Einstufung eines Signals als potentielle außerirdische Botschaft im Sinne der Suche nach außerirdischer Intelligenz (Search for Extraterrestrial Intelligence, kurz: SETI) ist dessen wiederholte Ortung durch mehrere voneinander unabhängige Observatorien und Beobachter. Auf diese Weise ließe sich nicht nur ein technischer Fehler einer einzelnen Anlage sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein Schwindel ausschließen. In einer nächsten Phase würde dann überprüft und untersucht, ob es für das Signal nicht auch natürliche bzw. irdisch-technologische oder astrophysikalische Erklärungen gibt – bevor man es als künstliches Signal aus dem All einstuft.

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Das RATAN-600 Radioteleskop.

Copyright: nat-geo.ru

Schon hier setzte die erste Fachkritik nach Bekanntwerden an. So erklärte etwa der SETI-Astronom Eric Korpela im Forum von SETI@home, dass auch er zu den zahlreichen Empfängern der Vorabinformationen des vom russischen RATAN-600 Radioteleskops entdeckten Signals gehöre – er sich aber den plötzlichen Hype rund um das Signal nicht erklären könne:

03225Eric Korpela
Copyright: E. Korpela

„Ich habe mir die Präsentation (zum Signal, die von dem italienischen Astronom Claudio Maccone vom International Academy of Astronautics Permanent SETI Committee via E-Mail versendet wurde) angesehen und war keineswegs beeindruckt. Nur einer von insgesamt 39 Scans, die den Stern (HD164595) passierten, zeigte dieses Signalprofil von etwa der 4,5-fachen Stärke des Hintergrundrauschens. Tatsächlich hat SETI@home aber schon Millionen solcher potentieller Signale mit ganz ähnlichen Eigenschaften, entdeckt. Aber es braucht eben doch deutlich mehr, damit daraus ein guter (SETI-)Kandidat wird. Mehrfache Detektionen sind das Mindestkriterium.

(…) Dieses Signal unterscheidet sich nun wirklich in nichts von natürlichen Radiosignalen (wie sie etwa von stellaren Flare, aktiven Galaxienkernen, Mikrolinsen oder Hintergrundquellen stammen können. Es gibt zudem nichts, dass dieses Signal von dem eines das Teleskopensichtfeld passierenden Satelliten unterscheidet. Alles in allem handelt es sich sogar aus SETI-Perspektive um ein eher uninteressantes Signal.“

Offenbar sahen das einige SETI-Kollegen Korpelas allerdings anders – oder aber, der mediale Druck war bereits zu groß geworden, um zu erklären, dass man das Signal trotz der russischen Einschätzung, es handele sich um ein „gutes SETI-Signal“, nicht weiter verfolge.

Wie auch immer insgesamt beteiligten sich in den Folgetagen- und Nächten drei der führenden SETI-Gruppen mit der Suche nach dem Signal – in der Hoffnung, es erneut orten und damit mehr über seine Hintergründe herausfinden zu können:

SETI Institute
Das „SETI Institute“ im nordkalifornischen Mountain View begab sich mit seiner Radioteleskop-Anlage, dem „Allen Telescope Array“ (ATA) auf die Suche nach Radiosignalen aus der Umgebung des rund 94 Lichtjahre von der Erde entfernten Sterns.

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Einige Antennen der Allen Telescope Array.

Copyright: seti.org

Doch schon zuvor zeigte sich Chefastronom Seth Shostak angesichts des „Signals“ kritisch. In einem ersten ausführlichen Kommentar erläuterte er mit den technischen Hintergründen des Signals auch die Gründe für seine Zweifel daran, dass es sich um ein intelligentes und artifizielles Signal handeln könnte:

„Die Ortung wurde mit einem Empfänger mit einer Bandbreite von 1 GHz gemacht. Das entspricht dem milliardenfachen jener Bandbreite, mit der SETI traditionell nach intelligenten Signalen aus dem All sucht und dem 200-fachen der Bandbreite eines TV-Signals. Mit 0,75 Janskys war das Signal zudem vergleichsweise schwach. Doch war das Signal so schwach, weil es bereits die große Distanz (von 94 Lichtjahren) hinter sich hat oder aufgrund der Abschwächung durch die sehr große Bandbreite des russischen Empfängers? (…)

03232Seth Shostak
Copyright: seti.org

Auf der Grundlage der Signalstärke können wir zurückrechnen und bestimmen, wie stark sein einstiges Sendesignal gewesen sein müsste, wenn es tatsächlich von HD 164595 kam. Hier stellen sich uns zwei interessante, mögliche Szenarien:

1) Es handelte sich um eine Sendung des Signals in alle Himmelsrichtungen: Hiefür wäre eine Sendestärke von 100 Milliarden Milliarden Watt notwendig. Das entspricht dem mehr als Hundertfachen jener Energiemenge, allen die Erde erreichenden Sonnenlichts und würde damit ganz offenbar eine Energiequelle benötigen, die sehr weit von allem entfernt ist, was wir zur Verfügung haben.

2) Es handelte sich um eine gezielt in Richtung Erde gesandte Übertragung: Damit würde sich die notwendige Sendeleistung zwar reduzieren, aber selbst mit einer Antenne wie der des Arecibo-Radioteleskops mit seinen 300 Metern Durchmesser, würde man immer noch mehr als eine Billion Watt benötigen. Das wiederum entspricht in etwa dem Energieverbrauch der gesamten Menschheit.

In beiden Fällen würde man also ein unvorstellbar Vielfaches jener Energie benötigen, wie sie uns derzeit überhaupt zur Verfügung steht – und es ist nur schwer vorstellbar, warum irgendjemand unser Sonnensystem mit einem derart starken Signal anvisieren sollte. Schließlich haben unsere TV- und Radiowellen das System HD164595 noch gar nicht erreicht – sie wüssten also noch gar nicht, dass es uns gibt.

Tatsächlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um ein Signal von Außerirdischen handelt, nicht wirklich vielversprechend hoch. (…) Dennoch sollte man alle Möglichkeiten überprüfen, da es hier ja wirklich um eine wichtige Sache geht.“

Hierzu wurde ATA denn auch am Abend des 28. und 29. August 2016 auf HD 164595 ausgerichtet und dabei schlussendlich die gesamte Bandbreite ausgeschöpft, mit der ein potentielles Signal gefunden werden könnte. Bislang jedoch ohne Erfolg. Sollte es zu einer Bestätigung des Signals kommen, würde natürlich umgehend die internationale SETI-Gemeinde darauf angesetzt, um weitere Folgebeobachtungen durchzuführen.

„Könnte es sich also um das Signal einer fernen Zivilisation handeln?“, fragt Shostak bislang abschließend und antwortet zugleich: „Natürlich wäre das möglich. Aber es gibt viele andere plausible Erklärungen für diese angebliche Übertragung. Dazu zählen auch irdische Interferenzen. Ohne eine weitere Bestätigung dieses Signals, kann es lediglich als ‚interessant‘ bezeichnet werden.

METI International

03231Das Logo von METI International

Mit dem „Boquete Optical SETI Observatory“ in Panama sucht „METI International“ (METI = Messaging ExtraTerrestrial Intelligence) nach optischen SETI-Signalen in Form von Licht- bzw. Laserpulsen von fernen Planetensystemen und hat sich, ebenso wie das SETI Institute, an der Suche nach Signalen von HD 164595 beteiligt.

Da optisches SETI (O-SETI) nur bei klarem Nachthimmel möglich ist, waren die Möglichkeiten am Boquete Observatory bislang hier und da eingeschränkt und METI Chef Douglas Vakoch hat sich bislang noch nicht abschließend zu den Beobachtungsergebnissen geäußert.

Breakthrough Initiative
Im Rahmen von „Breakthrough Listen“ startete die „Breakthrough Initiative“ im vergangenen Sommer die bislang umfangreichste Suche nach Signalen außerirdischer Zivilisationen und nutzt dabei die besten derzeit zur Verfügung stehenden Technologien. Zu diesen gehören lange Beobachtungszeiten an einigen der weltweit leistungsfähigsten Radioteleskopen, dem Green Bank Telescope in den USA und dem Parkes Telescope in Australien. Während sich diese Teleskope bislang nur mit einem bis zwei Tagen pro Jahr an SETI beteiligt hatten, stehen den Breakthrough-SETI-Astronomen von der University of California in Berkeley durch die Millionenförderung des Milliardärs Juri Milner nun insgesamt mehrere tausend Stunden Lauschzeit zur Verfügung (…GreWi berichtete).

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Das Robert C. Byrd Green Bank Radiotelescope

Copyright: NRAO/AUI

Und auch sie haben HD164595 ins Visier genommen: „Eine erste Analyse der Beobachtungen fand keine Signalquelle an der anvisierten Position und auch kein Signal bis zu einer Empfindlichkeit von 10 Millijansky. Diese Messungen schließen zwar nicht aus, dass RATAN ein künstliches Signal aufgefangen hat, aber wir haben nichts gefunden, das dies bestätigen könnte.

– Ein technisches Memo der SETI-Astronomen in Berkeley zum Signal finden Sie HIER

Schlussendlich meldeten sich auch russische Wissenschaftler und Astronomen zu Wort. Zunächst verursachte eine Pressemeldung der russischen Nachrichtenagentur TASS ein Missverständnis, das in der Folge von Medien und auch Wissenschaftlern im Westen (darunter auch Seth Shostak vom SETI-Institute) übernommen und kolportiert wurde.

In der Meldung zitiert die TASS den Direktor des Instituts für angewandte Astronomie an der Russischen Akademie der Wissenschaften, Alexander Ipatov, mit der Geschichte der Ortung eines ungewöhnlichen und zunächst potentiellen SETI-Signals zu Sowjetzeiten, das sich später als Signal eines geheimen Militärsatelliten herausstellte, der in keinem offiziellen Katalog von Himmelskörpern aufgeführt wurde. Da die Meldung mit der Beschreibung des 2015 entdeckten Signals fortfährt, kam es offenbar zu besagter Verwechselung, die sich seither leider in zahlreichen Nachrichtenmeldungen als vermeintlich finale Erklärung für das Signal von 2015 wiederfindet.

Korrekt ist hingegen, dass sich mittlerweile auch das der Russischen Akademie der Wissenschaften zugehörige und das Radioteleskop RATAN-600 betreibende „Special Astrophysical Observatory“ in einer offiziellen Stellungnahme zur aktuellen Diskussion um das Signal klar geäußert hat:

03234„Am 30. August 2016 (Anm.GreWi: und auch schon Tage zuvor) erschien eine Anzahl von Berichten in unterschiedlichen Massenmedien (…und nicht nur dort) über die mögliche Ortung eines Radiosignals mit dem RATAN-600, das in Verbindung mit den Aktivitäten einer außerirdischen Zivilisation gebracht wurde. Vor diesem Hintergrund sehen wir die Notwendigkeit, hierzu die folgenden offiziellen Kommentare abzugeben.

In den vergangenen Jahren haben Astronomen des „Skobeltsyn Institute of Nuclear Physics“ an der Lomonosov Moscow State University gemeinsam mit Kollegen des ‚Special Astrophysical Observatory‘ an der Russischen Akademie der Wissenschaften (SAO RAS) eine Untersuchung von astronomischen Objekten im Rahmen der Suche nach außerirdischer Intelligenz (SETI) durchgeführt. (…) Das Programm suchte nach Strahlungserscheinungen möglicherweise künstlichen Ursprungs. Die Studien wurden mit den RATAN-600 (Teleskop) durch Nutzung eines breiten Spektrums von Radiometern entlang einer Frenquenzbandbreite vn 1-22,7 GHz durchgeführt. Diese mit RATAN-600 durchgeführten Beobachtungen (…) erlauben die Suche nach extrem schwachen Signalen im Universum, zu denen auch SETI-Ziele gehören. Die in der Studie untersuchten Objekte waren sonnenartige Sterne mit bekannten Planeten und sonnenähnliche Sterne, die möglicherweise von – bislang noch unentdeckten – Planeten umkreist werden.

Im Rahmen dieser Beobachtungen wurde 2015 ein interessantes Radiosignal mit einer Wellenlänge von 2,7 Zentimetern aus der Richtung eines der angepeilten Objekte,das Sternsystem HD 164595 im Sternbild Herkules, geortet. Eine unmittelbar daraufhin durchgeführte Analyse dieses Signals offenbarte, dass es sich am wahrscheinlichsten um ein Signal irdischen Ursprungs handelte.

Was die anderen, innerhalb der RATAN-600-Studie anvisierten Objekte anbetrifft, so ist es derzeit noch zu früh, irgendwelche belastbaren wissenschaftlichen Ergebnisse in Anspruch zu nehmen. Anhand der durchgeführten Messungen können wir lediglich die obere Grenze der Ortungen in den untersuchten Regionen einschätzen. Es kann aber schon jetzt mit Überzeugung gesagt werden, dass bislang keines der gesuchten (künstlichen) Signale gefunden werden konnte.“

Kurz: Das derzeit so heiß diskutierte Signal stammt laut seinen Entdeckern wahrscheinlich aus einer irdischen Quelle. Was für eine Quelle dies konkret sein könnte, geht aus dem Statement des russischen Astronomen bislang nicht hervor. (Bis zum Redaktionsschluss dieser Meldung, lagen auch GreWi keine weiteren Informationen vor. GreWi wird aber natürlich erneut berichten, wenn es herzu neue Informationen gibt.) Auch die Suche an anderen Orten erbrachte demnach bislang keine der erhofft-gesuchten SETI-Signale.

…GreWi wird natürlich weiterhin berichten, sollte es neue Erkenntnisse und Entwicklungen geben!

© grenzwissenschaft-aktuell.de

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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