Ein auf der Datengrundlage der Dawn-Mission erstellter, simulierter Blick auf den Occator-Krater auf Ceres.
Copyright: DLR, CC-BY 3.0
Berlin (Deutschland) – Seit das Weltraumteleskop „Hubble“ 2003 Ceres erstmals ins Visier genommen hatte, rätseln Wissenschaftler über einen mysteriösen „hellen Fleck“ auf der Oberfläche des Zwergplaneten. Die Raumsonde „Dawn“ lieferte Anfang 2015 dann erstmals die Erkenntnis, dass es sich dabei um stark reflektives Material im Innern eines Ceres-Kraters handelt. Aus was genau die auch als „Ceres-Lichter“ bezeichneten Flecken jedoch bestanden und woher sie stammen, ist bis heute noch nicht ganz klar. Jetzt präsentieren an der „Dawn“-Mission beteiligte Forscher neue Erkenntnisse, eine auf den Daten der Sonde basierenden simulierten Überflug über den Krater und erstmals auch einen wissenschaftlichen Namen für die hellen Flecken.
Mit einem Durchmesser von 92 Kilometern ist der Occator-Krater größer als der Krater Tycho auf dem Mond – der selbst von der Erde aus mit dem bloßen Auge als heller Fleck zu erkennen ist. Seine Wände ragen mit bis zu 2000 Metern höher empor als die Eiger-Nordwand in den Berner Alpen. „Der Einschlag, der diesen Krater entstehen ließ, hat sehr wahrscheinlich eine Verbindung zum tieferen Untergrund geschaffen – und so konnte vermutlich ein Gemisch aus Eis, Schlamm und Salz durch Spalten in der Kruste nach oben steigen“, erläutert der Planetenforscher Prof. Ralf Jaumann vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und Mitglied im Kamera-Team der US-amerikanischen Dawn-Mission.
www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ HIER können Sie den täglichen GreWi-Newsletter bestellen +
Die Forscher sind sich sicher, dass die hellen Flecken aus kalkhaltigem Salz bestehen, das als Rückstand dieses kraterbildenden Prozesses zurückblieb: „Es hat also eine Art vulkanischer Tätigkeit stattgefunden – allerdings nicht mit geschmolzenem Gestein, sondern mit einem geschmolzenem Eis-Schlamm-Gemisch“, so die DLR-Forscher, die ihre detaillierten Ergebnisse, einen simulierten Überflug über Occator sowie weitere Bilder auf einer Pressekonferenz am 15. Dezember 2016 auf dem Jahrestreffen der American Geophysical Union (AGU) präsentieren.
„Grundlage des Video sind 548 Bilder der deutschen Kamera, mehr als 10.000 Stereokombinationen sowie 106 Millionen berechnete Punkte auf der Oberfläche, aus denen die DLR-Planetenforscher ein dreidimensionales Höhenmodell des Zwergplaneten erstellten. Bei einer Auflösung von 32 Metern pro Pixel und einer Aufnahmehöhe von nur 370 Kilometern entsteht so ein Überflug, der dem Betrachter eine ideale Sicht auf die ungewöhnliche Topographie von Occator und den hellen Ablagerungen in seinem Inneren ermöglicht.
Nachdem die hell reflektierenden Regionen in der Vergangenheit fälschlicherweise auch als „Ceres-Lichter“ bezeichnet wurden, haben die Strukturen mittlerweile auch einen wissenschaftlichen Eigennamen erhalten: Die besonders auffällige Region mit hellen Flecken und einer rissigen Aufwölbung im Zentrum von Occator wurde „Cerealia Facula“ genannt, die etwas weniger stark reflektierenden Flecken östlich davon „Vinalia Faculae“ (lat. facula = kleine Fackel).
Selbst für den Laien ist auffällig, dass nicht alle großen Krater auf dem Zwergplaneten Ceres diese hellen Salzablagerungen aufweisen, die in Occator bereits bei der Annäherung der Raumsonde Dawn an den Zwergplaneten Ceres gut erkennbar waren.
GreWi-Dossier
Ceres‘ mysteriöser heller Fleck
„Der Einschlag könnte daher an dieser Stelle im Untergrund Material erwischt haben, das bei anderen großen Kratern vermutlich nicht vorhanden ist“, vermutet Prof. Ralf Jaumann. An der Oberfläche wäre dann das aufgeschmolzene Eis unverzüglich in den gasförmigen Zustand übergegangen – während Schlamm und Salze auf der Oberfläche blieben.
Zeitlich datieren die Forscher diesen Vorgang in eine Zeit vor etwa 18 Millionen Jahren, geologisch betrachtet also in der jüngsten Vergangenheit des Zwergplaneten. Eine andere Theorie geht hingegen davon aus, dass Krustenmaterial durch die beim Einschlag entwickelte Wärme aufgeschmolzen wurde und es dadurch zu einer hydrothermalen Veränderung des Materials und zur Entstehung der Salze gekommen ist.
Während die Mission eigentlich am 30. Juni 2016 enden sollte, soll „Dawn“ den größten Himmelskörper im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter möglichst noch bis zum Sommer 2019 erkunden. „Der Treibstoff für die Ausrichtung der Sonde könnte knapp werden, aber wir hoffen, dass wir miterleben können, wie der Zwergplanet auf seiner Umlaufbahn den sonnennächsten Punkt erreicht und vielleicht Aktivität zeigt“, erläutert Jaumann.
Interessant sind diese Verlängerung sowie die dabei vorgesehenen Umlaufbahnen um Ceres auch für das Kamera-Team, in dem auch DLR-Planetenforscher beteiligt sind. Bisher konnten nahezu alle 2,8 Millionen Quadratkilometer Oberfläche von Ceres mit der deutschen Kamera an Bord erfasst werden. Das entspricht der Fläche von Frankreich, Deutschland, Italien, Norwegen, Spanien, Schweden und Großbritannien. „Allerdings fehlen noch kleine Bereiche an den Polen von Ceres, auf die wir nun in der Verlängerung der Mission aus größerer Höhe besser blicken können.“ Derzeit umfliegt Dawn den Zwergplaneten in einer elliptischen Bahn und untersucht ihn aus einer Entfernung von 7.500 bis 9.350 Kilometern.
asd
GreWi-Kurzgefasst
– Während die Natur und Herkunft der auffallend hellen Flecken im Innern des Occator-Krater auf dem Zwergplaneten Ceres immer noch umstritten sind, präsentieren Wissenschaftler der „Dawn“-Mission neuen Ergebnisse und eine simulierten Übeflug über und um den Krater.
– Das Team des Deutschen Zentrums für Luft- und Raufahrt vermutet einen Eisvulkan hinter den auch als „Ceres-Lichter“ bekannten Strukturen.
© grenzwissenschaft-aktuell.de