Archäologen finden Hinweise für Glauben an Wiedergänger in England

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Ein Schädelknochen mit Brandspuren aus Wharram Percy.

Copyright: Historic England

Southampton (Großbritannien) – Bei Ausgrabungen in der mittelenglischen Grafschaft Yorkshire haben Archäologen erstmals Hinweise auf Praktiken gefunden, die offenbar verhindern sollten, dass Verstorbene aus ihren Gräbern auferstehen und die Lebenden heimsuchen.

„Offenbar waren einige Menschen derart von der Existenz sogenannter Wiedergänger überzeugt, dass sie die Körper und Skelette einiger Verstorbener zerstückelten und anschließend verbrannten, um so sicher zu gehen, dass diese in ihren Gräbern bleiben würden“, berichten die Archäologen der britischen Denkmalschutzbehörde Historic England und der University of Southampton.


Messerspuren an den Knochen aus Wharram Percy.

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Zu den untersuchten Knochen gehörte die von insgesamt 10 Personen zwischen 2 und 50 Jahren. Darunter von sieben Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern aus dem 11. Bis 14. Jahrhundert. An diesen fanden die Archäologen Zerstörungsspuren, wie sie etwa für Kannibalismus sind, der zu Zeiten von Hungersnöten immer wieder vorkam, oder Massakern an Fremden untypisch sind: „Die Schnittspuren an den Knochen finden sich für diese Praktiken an den falschen Stellen – zudem zeigen Isotopenanalysen der Knochen, dass diese einheimischen Dorfbewohnern gehörten.“

Der Fundort selbst, das schon mit 16. Jahrhundert verlassene Dorf Wharram Percy in North Yorkshire, offenbarte insgesamt 137 Teile gebrochener menschlicher Knochen.

Wie die Archäologen um Simon Mays und Alistair Pike im „Journal of Archaeological Science“ (DOI: 10.1016/j.jasrep.2017.02.023) berichten, sei die wahrscheinlichste Erklärung für die sonderbar zugerichteten Knochen, dass es sich um absichtlich nach dem Tod zugefügte Schnitte und Verbrennungen an Schädelknochen und Knochen des Oberkörpers handelt. Die Forscher sehen darin einen Hinweis auf Praktiken, die die Verstorbenen davon abhalten sollten, als Wiedergänger die Lebenden heimzusuchen.

Wie dieser deutsche Holzschnitt aus dem 15. Jahrhundert zeigt, waren Vorstellungen über die Lebenden heimsuchende Untote waren auch in Deutschland verbreitet.
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„Sollten wir mit unserer Theorie, die die gefundenen Spuren am besten erklärt, richtig liegen, so wären dies die ersten wirklich handfesten archäologischen beweise für derartige Praktiken in England“, kommentiert Mays den Fund. „Er zeigt uns die dunkle Seite des mittelalterlichen Glaubens und erinnert uns anschaulich daran, wie sehr sich das Mittelalter von unserer Zeit unterscheidet.“

Bislang gab es für die grausamen Praktiken nur mündliche und schriftliche Überliefrungen: Demnach gingen die Menschen des späten Mittelalters davon aus, dass Menschen, die noch zu Lebzeiten etwa mit einem bösen Fluch belegt wurden, noch im Tod den Lebenden nachstellen würden. Ein Mittel gegen derartige Wiedergänger war demnach das Ausgraben der Leichen schon kurz nach dem Begräbnis, das Köpfen Zerstückeln und Verbrennen der Knochen.

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