Hokusais Vorbild? – Forscher rekonstruieren erstmals erfolgreich Riesenwelle
Oxford (Großbritannien) – Die von Seefahrern auch als „Kaventsmann“ bezeichneten Riesenwellen galten Wissenschaftlern lange Zeit als reinstes Seemannsgarn. Erst 1995 konnte eine solche Welle von 26 Metern Höhe von der Nordsee-Bohrinsel Draupner direkt gemessen und damit bestätigt werden. Jetzt ist es britischen Wissenschaftlern erstmals im Wellenlabor gelungen, die sog. Draupner-Welle zu rekonstruieren – mit einem erstaunlich künstlerischen Ergebnis.
Wie das Forscherteam um Dr. Mark McAllister und Dr. Sam Draycott von den der Universitäten Oxford und Edinburgh aktuell im „Journal of Fluid Mechanics“ (DOI: 10.1017 / jfm.2018.886) berichtet, haben sie die Welle unter Laborbedingungen nachempfunden, um so zu verstehen, wie derartig ungewöhnliche Welle im Ozean entstehen können, möglicherweise deren Entstehung vorhersagen und Schiffe davor warnen zu können.
Hintergrund
Die Draupner-Welle war eine der ersten bestätigten Beobachtungen einer ungewöhnlichen Welle im Ozean; Es wurde am 1. Januar 1995 in der Nordsee durch Messungen an der Draupner Oil Platform beobachtet. Freakwellen sind im Vergleich zu umgebenden Wellen unerwartet groß. Sie sind schwer vorhersagbar, erscheinen oft plötzlich ohne Vorwarnung und werden im Allgemeinen als wahrscheinliche Ursache für Seekatastrophen wie das Versinken großer Schiffe bezeichnet.
Die Rekonstruktion der sog. Freakwelle gelang den Forscher, indem sie die Welle mit zwei kleineren Wellengruppen erzeugte und den Kreuzungswinkel variierten – also jenen Winkel, in dem sich die beiden Wellengruppen bewegen.
„Die Messung der Draupner-Welle im Jahr 1995 war eine wegweisende Beobachtung, die viele Jahre der Erforschung der Physik Freakwellen initiierte und das extreme Phänomen von reiner Folklore zu einer glaubwürdigen Realität werden ließ“, kommentiert McAllister. „Durch die gezielte Rekonstruktion der Draupner-Welle im Labor sind wir dem Verständnis der möglichen Mechanismen dieses Phänomens einen guten Schritt näher gekommen. “
Zum Thema
Der Kreuzungswinkel zwischen den beiden kleineren Gruppen war für den erfolgreichen Wiederaufbau von entscheidender Bedeutung. So stellten die Forscher fest, dass die Freakwelle nur dann herbeigeführt werden konnte, wenn der Kreuzungswinkel zwischen den beiden Gruppen etwa 120 Grad betrug.
„Kreuzen sich die Wellen nicht, begrenzt der Wellenbruch die Höhe, die eine Welle überhaupt erreichen kann“, berichten die Forscher. „Wenn sich Wellen jedoch in großen Winkeln kreuzen, ändert sich das Wellenbrechungsverhalten und begrenzt nicht mehr die Höhe, die eine Welle auf dieselbe Weise erreichen kann.“
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Die Laborbeobachtungen geben Wellenforschern nun nicht nur Aufschluss darüber, wie die berühmte Draupner-Welle aufgetreten sein könnte, sie unterstreicht auch die Art und Bedeutung des Wellenbrechens für die Seefahrt.
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Zum Erstaunen der Forscher hatte die von ihnen erzeugte Welle eine unheimliche Ähnlichkeit mit „Die große Welle vor Kanagawa“ des Ukiyo-e-Meisters Katsushika Hokusai aus dem 19. Jahrhundert. Der Farbholzschnitt von Hokusai zeigt eine riesige Welle, die drei Fischerboote und Türme über dem Fuji bedroht, der im Hintergrund erscheint. Es wird angenommen, dass auch Hokusais Welle eine Freakwelle darstellt. Zudem gleicht die nun im Labor erzeugte Wekke auch starke Ähnlichkeiten mit Fotos von Monster- bzw. Freakwellen im Ozean auf.
Die Forscher hoffen nun, dass ihre Studie die Grundlage dafür legen wird, diese möglicherweise katastrophalen und extrem schädigenden Wellen, die ohne jegliche Vorwarnung auftreten, vorherzusagen zu können.
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