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Indigene Paläontologie: Felszeichnung bestätigt ausgestorbenes „Ungeheuer“

Johannesburg (Südafrika) – Die Entdeckung einer Felszeichnung in der südafrikanischen Provinz La Belle France bestätigt die realen Wurzeln eines lange als Fantasie geltenden Mythos des Volks der San. Ein faszinierendes Beispiel für indigene Paläontologie, die ihre Gegenstücke auch in der Historie der westlichen Wissenschaft vom Urzeit-Leben hat.

Zeichnerische Abbildung des Felsenbildes eines mythologischen Fabelwesens der San auf dem „Horned Sperpent“-Panel in der südafrikanischen La Belle France-Region (Illu.)Copyright/Quelle: J. Benoit / PLoS One, 2025
Zeichnerische Abbildung des Felsenbildes eines mythologischen Fabelwesens der San auf dem „Horned Serpent“-Panel in der südafrikanischen La Belle France-Region (Illu.)
Copyright/Quelle: J. Benoit / PLoS One, 2025
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Ein merkwürdiges Wesen

Die San, ein indigenes Volk im südlichen Afrika, sind bekannt für ihre Felsmalereien, die Tiere, Menschen und mythische Wesen darstellen. Eine dieser Malereien, das sogenannte „Horned Serpent“-Panel in der südafrikanischen Region La Belle France, zeigt neben anderen großen Tieren der Region wie Elefanten und Nilpferden auch ein sonderbares langgestrecktes Tier. Seine Merkmale passen jedoch zu keinem heute lebenden Tier, insbesondere die charakteristisch nach unten gebogenen Stoßzähne.

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Allerdings entsprechen gerade diese nach unten gebogenen Stoßzähne den in der Nähe des In der Nähe der Felsbilder, im sogenannten Karoo-Becken gefundenen zahlreichen Fossilien von Dicynodonten – pflanzenfressende, säugetierähnliche Reptilien aus dem Perm-Zeitalter.

Das Felsenbild (o.l.) mit grafischer Rekonstruktion der Kopfpartie (o.r.) und Dicynodont-Fossilien aus der nahen Karoo.Copyright/Quelle: J. Benoit / PLoS One, 2025
Das Felsenbild (o.l.) mit grafischer Rekonstruktion der Kopfpartie (o.r.) und Dicynodont-Fossilien aus der nahen Karoo (u.).
Copyright/Quelle: J. Benoit / PLoS One, 2025

Wie Julien Benoit von der University of the Witwatersrand im Fachjournal „PLoS One“ (DOI: 10.1371/journal.pone.0309908) ausführt, legen diese Ähnlichkeiten zwischen der gepunkteten Haut und der Kopfpartie des Fabelwesens und Fossilfunden von Dicynodonten (Dicynodon lacerticeps) nahe, dass die San vermutlich durch solche Funde zur mythologisch inspirierten Rekonstruktion des Wesens inspiriert wurden. In der Folge haben die San diese in ihre kulturellen Vorstellungen und künstlerischen Darstellungen integriert. Umso spannender wird diese Deutung durch den Umstand, dass die Malerei zwischen 1821 und 1835 angefertigt wurde, also mindestens ein Jahrzehnt vor der wissenschaftlichen Beschreibung des ersten Dicynodonten (Dicynodon lacerticeps) im Jahr 1845.

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Mythologische Integration wirklicher Funde

Tatsächlich verfügen gerade die San über viele Mythen von großen, heute ausgestorbenen Tieren. Die dargestellte Kreatur könnte – so vermutet der Forscher – ein „Regen-Tier“ sein, ein mythisches Wesen, das in der San-Kultur mit Regenmacherritualen in Verbindung gebracht wird.

Skelettrekonstruktion eines Dicynodonten.Copyright/Quelle: Christopher Holden (via WikimediaCommons) / CC BY-SA 2.0
Skelettrekonstruktion eines Dicynodonten.
Copyright/Quelle: Christopher Holden (via WikimediaCommons) / CC BY-SA 2.0

Sollte Benoit recht haben, so wäre ein anschauliches Beispiel für „indigene Paläontologie“, bei der prähistorische Funde in das kulturelle Wissen einer Kultur eingebettet werden. Die Malerei wäre somit nicht nur ein künstlerisches, sondern auch ein paläontologisches Dokument, das zeigt, wie frühere Kulturen mit fossilen Funden umgingen.

Künstlerische Darstellung eines mit fellartigen sog Protofedern bedeckten Tyrannosaurus (Illu.).Copyright: grewi.de (mit KI erstellt)
Künstlerische Darstellung eines mit fellartigen sog Protofedern bedeckten Tyrannosaurus (Illu.).
Copyright: grewi.de (mit KI erstellt)

Hintergrund
Einen ähnlichen mythologisierenden Umgang mit Fossilfunden finden wir aber nicht nur in indigenen Kulturen. Auch anhand europäischer Sagen und Legenden, etwa von Drachen oder Einhörnern, sehen einige Forscher eine Folge der zeitgenössischen – und hier und da fantasievollen Ausschmückung – von Deutungen von Reptilienfunden. Bis heute unterliegt selbst die wissenschaftliche Vorstellung etwa vom Aussehen der Dinosaurier, einem stetigen Wandel: Galten Gattungen wie der Tyrannosaurus noch bis in die 1990-er Jahre als furchterregende nackte Monsterechsen, so dominierten einige Jahre lang Vorstellungen vom protogefiederten Plüsch-T-Rex (s. Abb.) nicht nur die populär-wissenschaftliche Literatur – eine Vermutung, die mittlerweile wieder der Vorstellung von einem mit krokodilähnlichen Schuppen bedeckten Echse gewichen ist.

Betrachtet man sich alleine das Skelett oder die meist auf dieses reduzierten (und oft nur in Fragmenten erhaltenen) Fossilienfunde einer Tierart, so ist es leicht, zu verstehen, wie schwer es ist, auf dessen tatsächlich eist lebendiges Äußeres korrekt zu schlussfolgern.

Die Untersuchung des „Horned Serpent“-Panels bietet wertvolle Einblicke in die Verbindung zwischen prähistorischer Kunst und Paläontologie. Sie zeigt, dass die San möglicherweise fossile Funde in ihre Mythologie und Kunst integriert haben, lange bevor diese wissenschaftlich beschrieben wurden. Einmal mehr unterstreicht auch diese Studie damit, die Bedeutung indigener Perspektiven in der Geschichte der Naturwissenschaften.

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Recherchequelle: PLoS One

© grenzwissenschaft-altkuell.de

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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