Internationale Studie: Globalisierung ist viel älter als bislang angenommen
Kiel (Deutschland) – Die Ergebnisse einer aktuellen Studie von 255 internationalen Archäologinnen und Archäologen verändert das Bild von der menschlichen Umgestaltung der Welt grundsätzlich: Nicht erst in der Neuzeit, sondern bereits vor 4.000 Jahren waren praktisch alle Gebiete der Erde durch menschliche Landnutzung extrem verändert worden.
Wie das Wissenschaftlerteam, an dem auch Forscher des Exzellenzclusters „ROOTS – Konnektivität von Gesellschaft, Umwelt und Kultur in vergangenen Welten“ an der Christian-Kieler Albrechts-Universität und des Sonderforschungsbereiches 1266 „TransformationsDimensionen – Mensch-Umwelt-Wechselwirkungen in Prähistorischen und Archaischen Gesellschaften“ beteiligt waren, aktuell im Fachjournal „Science“ (DOI: science.aax1192a) berichten, hatten Überjagung durch Wildbeuter, nomadisierende Viehhaltung, frühe Landwirtschaft und erste städtische Entwicklungen zu diesem Zeitpunkt bereits fast alle Areale der Welt erfasst.
Die bislang einmalige Studie zeigt, wie diese frühe Landnutzung und Siedlungsformen ab der Zeit von 10.000 v.Chr. die Erde umgestalten und ab spätestens etwa 1.000 v.Chr. globalisiert die Umwelt beeinflussen: „Bereits zu diesem Zeitpunkt beginnt die Ausrottung von Arten und die Zerstörung von Böden. Die Wurzeln des ‚Global Change‘ sind somit entgegen bisheriger Annahmen viel älter als bislang angenommen.“
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Laut den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern werde dies die Modellierung gegenwärtiger und zukünftiger Veränderungen stark beeinflussen: „Die Ergebnisse unserer Arbeit zwingen uns dazu, den Einfluss des Menschen auf die Umwelt und die Art, wie wir bisher ‘natürliche Lebensräume’ definiert haben, völlig neu zu denken. Gleichzeitig erhalten wir wichtige Anregungen für zukünftige Forschungsfragen und für die Verarbeitung globaler Datensätze”, beschreibt Studienleiter Lucas Stephens von der University of Maryland die Bedeutung der Forschungsergebnisse.
Wie die Pressemittelung der Universität Kiel erläutert, erlaube der jetzt erfolgte Nachweis eines sehr viel älteren Einflusses des Menschen auf die Umwelt künftig bessere Prognosen und präzisere Szenarien globaler Klimaveränderungen und ihrer negativen Effekte auf Böden oder die Vegetation als bisher. Mehr noch: „Es ist Zeit, das derzeit gültige Paradigma eines Anthropozän, also das Zeitalter, in dem der Mensch irreversibel die Umwelt prägt, hinter sich zu lassen und anzuerkennen, dass wir unseren Planeten schon sehr viel länger gravierend verändert haben und dass dabei soziale, landwirtschaftliche und urbane Strukturen entstanden sind, die den heute sichtbaren Globalen Wandel bereits in sich trugen und ihn mit vorbereitet haben“, kommentiert Mitautor Erle Ellis von der University of Maryland abschließend.
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Quelle: Christian-Albrechts-Universität
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