Tiefseeschlot.
Copyright: NOAA
Düsseldorf (Deutschland) – Das Leben auf der Erde begann einst im Umfeld einer eisenreichen heißen Tiefseequelle. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie von Düsseldorfer Evolutionsbiologen, die durch genetische Vergleiche heute lebender Zellen die Eigenschaften von dem als „LUCA“ bezeichneten, gemeinsamen Vorfahren allen irdischen Lebens beschrieben haben. Die Studie hat auch faszinierende Konsequenzen für die Suche nach außerirdischem Leben im Sonnensystem und darüber hinaus.
Wie das Team um Prof. Dr. William Martin vom Institut für Molekulare Evolution der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) aktuell im Fachjournal „Nature Microbiology“ (DOI: 10.1038/nmicrobiol.2016.116) berichtet, lebte der gemeinsame Vorfahr allen Lebens (engl. „Last Universal Common Ancestor“, kurz: LUCA) vor rund 3,8 Milliarden Jahren an einer heißen Tiefseehydrothermalquelle – einem sogenannten Schwarzen Raucher.
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„Er benötigte keinen Sauerstoff und ernährte sich von Wasserstoff und Kohlendioxid: Gase, die an Tiefseequellen stets reichlich vorhanden sind“, so die Forscher und führen beschreibend weiter aus: „Er konnte Stickstoff fixieren, sein Stoffwechsel benötigte als Katalysatoren Metalle. LUCA stellt das Bindeglied zwischen dem chemischen Ursprung des Lebens und den ersten freilebenden Zellen dar, die Entschlüsselung seiner Eigenschaften ist ein bedeutender Schritt im Studium der frühen Evolution.“
Grundlage dieser Erkenntnis war die Analyse der Gene moderner Organismen auf deren Grundlage die Forscher Rückschlüsse darauf ziehen können, wie und wo sich die ersten Zellen auf der frühen Erde entwickelt und gelebt und wovon sie sich ernährt haben. Hierzu analysierten die Wissenschaftler die Sequenzinformation in 6,1 Millionen proteinkodierenden Genen von rund 2.000 Prokaryoten – also den einfachsten Einzellern, zu denen Bakterien und Archaeen gehören – und wollten dabei alle Gene finden, deren Spuren in der Stammesgeschichte des Lebens bis hin zu LUCA zurückverfolgt werden können.
Stammbaum des Lebens, ausgehend von LUCA, dem letzten gemeinsamen Vorfahren von Bakterien und Archaeen.
Quelle: uni-duesseldorf.de
Anhand der jetzt beschriebenen 355 Gene, die LUCA demnach besaß, gehen die Forscher davon aus, dass LUCA ein sogenannter Anaerobier war: „Er benötigte also noch keinen Sauerstoff zum Leben. Er gedieh bei Temperaturen um die 100 Grad Celsius. Seinen Stoffwechsel betrieb er mithilfe von Kohlendioxid, Wasserstoff und Stickstoff und seinen Energiebedarf deckte er aus einfachen chemischen Reaktionen und noch ohne Hilfe von Licht.“
Zudem entdeckten die Forscher in LUCAs Stoffwechsel Hinweise auf eine wichtige Rolle von Übergangsmetallen wie Eisen, Nickel und Molybdän, sowie anderer Elemente wie Schwefel und Selen. Damit hatte er Ähnlichkeiten mit dem einiger heute noch lebender Organismengruppen, vor allem mit den sog. acetatbildenden Clostridien (bei den Bakterien) und den methanbildenden Methanogenen (bei den Archeen).
Das irdische Leben scheint also in und rund um Tiefseehydrothermalquellen entstanden zu sein und die ersten dort lebenden Organismen waren Autotrophe und damit Organismen, die alle ihre essentiellen Nährstoffe wie Aminosäuren und Vitamine aus Kohlendioxid selbst synthetisieren.
„Wir haben nicht nur eine Reihe ursprünglicher Gene entdeckt, wir haben auch die Organismen identifiziert, in denen diese Gene heute vorkommen.“ Diese Gruppen besiedeln heute noch die Habitate (Tiefseequellen und karge Erdkruste), die die Forscher für LUCA gefunden haben. „Alles spricht dafür“, so Prof. Martin weiter, „dass sie die ökologische Nische, in der das Leben vor rund vier Milliarden Jahren entstand, nie verlassen haben. Somit können die Mikrobengemeinschaften an heutigen Tiefseequellen direkte Einblicke in das Leben der ersten Mikroben gewähren – als hätte eine Zeitmaschine das Urhabitat der ersten Zellen bis in die Gegenwart befördert.“
Neben den neuen und faszinierenden Erkenntnissen über den letzten universellen gemeinsamen Vorfahren liefert die Studie aber nicht nur auch Erkenntnisse über die Lebensweise der Organismen, die vor rund vier Milliarden Jahren gelebt haben, bevor es zur Ur-Spaltung der Prokaryoten Bakterien und Archeen kam, sondern haben auch Konsequenzen für die Suche nach außerirdischem Leben.
Der Saturnmond Enceladus.
Copyright: NASA/JPL/Space Science Institute
„Wenn unsere zellulären Vorfahren an Hydrothermalquellen entstanden sind, so hat die Sonne beim Ursprung des Lebens keine essentielle Rolle gespielt“, bemerken die Forscher um Martin abschließend. „Das Leben wäre aus rein geochemischer Energie hervorgegangen. Auf Enceladus, einem der Saturnmonde, gibt es Hinweise für die Existenz von solcher geochemischer Energie in Form von hydrothermaler Aktivität. „Ob dort die Geochemie Schritte in Richtung Leben unternimmt, bleibt eine spannende Frage.“
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