Ist Violett das neue Grün? Lilafarbene Planetenoberflächen könnten auf Leben deuten
Ithaca (USA) – Denken wir an einen lebensfreundlichen Planeten, so assoziieren die meisten Menschen diesen wohl am ehesten mit der Farbe Grün. Nicht zuletzt gilt eine grüne Planetenoberfläche als Hinweis auf dortige Sauerstoff-fotosynthetisierende Wälder und Vegetation und damit auch eine für Tiere lebensfreundliche Umgebung. In einer neuen Studie kommen Astrobiologen nun jedoch zu dem Schluss, dass Planeten, die die häufigste Form von Sternen, sogenannte Rote Zwerge, umkreisen, als Zeichen von Leben eher in violette Farbtöne getaucht sein könnten.
Wie das Team um Lígia Fonseca Coelho, Postdoktorandin und Prof. Lisa Kaltenegger vom Carl Sagan Institute an der Cornell University aktuell im Fachjournal „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society: Letters“ (DOI: 10.1093/mnras/stae601) berichtet, sind auch erdartige bzw. erdähnliche Planeten um Rote Zwerge möglicherweise von Bakterien bedeckt, die ungleich weniger sichtbares Licht oder Sauerstoff erhalten wie Oberflächenorganismen auf der Erde. Stattdessen könnten diese die für uns unsichtbare Infrarotstrahlung zur dortigen Fotosynthese verwenden. „Anstatt also grün zu sein, enthalten viele solcher Bakterien auf der Erde violette Pigmente und violette Welten, auf denen sie dominant sind, würden einen charakteristischen ‚Lichtabdruck‘ erzeugen, der von Boden- und Weltraumteleskopen der nächsten Generation erkennbar wäre.“
Tatsächlich können lilafarbene Bakterien unter einer Vielzahl von Bedingungen gedeihen, was sie zu einem der Hauptkandidaten für Leben macht, das eine Vielzahl von Welten dominieren könnte. „Wir müssen eine Datenbank für Lebenszeichen erstellen, um sicherzustellen, dass unsere Teleskope Leben nicht übersehen, wenn es zufällig nicht genauso aussieht wie das, was wir jeden Tag um uns herum erleben“, erklärt Kaltenegger.
Hintergrund
Bis heute haben Astronomen mehr als 5.500 Exoplaneten bestätigt, darunter mehr als 30 potenziell erdähnliche Planeten. Geplante Observatorien wie das „Extremely Large Telescope“ (ELT) und das „Habitable Worlds Observatory“ sollen die chemische Zusammensetzung dieser Welten in den habitablen Zonen um ihre Sterne erforschen, also in jenen Abstandsregionen, innerhalb derer di Bedingungen für das Vorhandensein von flüssigem Wasser auf der Oberfläche günstig sind.
Unter Verwendung des Lebens auf der Erde als Leitfaden erstellt das multidisziplinäre Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ein Verzeichnis der Farben und chemischen Signaturen, die eine vielfältige Palette von Organismen und Mineralien im reflektierten Licht eines Exoplaneten aufweisen würden.
Was in der Studie allgemein zusammengefasst als violette Bakterien bezeichnet wird, deckt in Wirklichkeit eine ganze Bandbreite von Farben, darunter Gelb, Orange, Braun und Rot aufgrund von Pigmenten ab, die mit denen verwandt sind, die Tomaten rot und Karotten orange machen. Sie gedeihen bei energieschwachem rotem oder infrarotem Licht und verwenden einfachere Fotosynthesesysteme, die Formen von Chlorophyll verwenden, die Infrarot absorbieren und keinen Sauerstoff produzieren. Vermutlich waren diese Arten schon auf der frühen Erde verbreitet, bevor die heutige pflanzenartige Fotosynthese entstand, und könnten also besonders gut auf Planeten gedeihen, die um kühlere rote Zwergsterne kreisen.“
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Nachdem sie die Biopigmente und Lichtabdrücke der lilafarbenen Bakterien gemessen hatten, erstellten die Forschenden Modelle von erdähnlichen Planeten mit unterschiedlichen Bedingungen und Wolkenbedeckung. Über eine Reihe simulierter Umgebungen hinweg erzeugten sowohl feuchte als auch trockene violette Bakterien intensiv gefärbte Biosignaturen.
„Wenn lila Bakterien auf der Oberfläche einer gefrorenen Erde, einer Ozeanwelt, einer Schneeball-Erde oder einer modernen Erde, die einen kühleren Stern umkreist, gedeihen, dann haben wir jetzt die Werkzeuge, um nach ihnen zu suchen und sie als solche zu erkennen“, so Coelho.
Die Entdeckung eines „blassen lila Punktes“ (analog zur „Pale Blue Dot“-Aufnahme der Erde aus rund 6 Millionen Kilometern Distanz durch die Voyagwr-1-Sonde, s. Abb.) in einem anderen Sonnensystem würde intensive Beobachtungen des Planeten auslösen, um andere, nicht-biologische Farbquellen auszuschließen, wie zum Beispiel farbenfrohe Minerale, die die Forschenden ebenfalls katalogisiert haben. „Die Entdeckung von Leben mit der derzeitigen Technologie ist so schwierig, dass selbst wenn an einem Ort nur Einzeller gefunden werden, dies darauf hindeuten würde, dass Leben im Kosmos weit verbreitet sein muss“, so Lisa Kaltenegger abschließend. „Das würde unser Denken über die jahrhundertealte Frage revolutionieren: Sind wir allein im Universum? Wir öffnen gerade unsere Augen für diese faszinierenden Welten um uns herum. Violette Bakterien können unter einer Vielzahl von Bedingungen überleben und gedeihen, sodass es leicht vorstellbar ist, dass lila auf vielen verschiedenen Welten einfach das neue Grün ist.“
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Recherchequelle: Cornell University
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