Kalter Fleck im kosmischen Hintergrund bleibt rätselhaft
Batavia (USA) – Ein auffallend „kalter Fleck“ im Muster der kosmischen Hintergrundstrahlung sorgt seit seiner Entdeckung für Rätselraten und teils exotische Erklärungstheorien. Nun präsentiert eine neue Studie zwar eine mögliche Erklärung, doch auch diese kann das Rätsel nicht vollständig lösen.
Wie das internationale Team um András Kovács von der Dark Energy Survey Kollaboration aktuell im Fachjournal „Monthly Notices of the Astronomical Society“ (DOI: 10.1093/mnras/stab3309) berichtet, haben sie die Daten der „Dark Energy Survey“ (DES) ausgewertet und die Existenz einer sehr großen Blase leeren Raumes (Void) im Vordergrund des kalten Flecks bestätigt, den die Autoren der Studie als „Eridanus Supervoid“ bezeichnen. Zugleich berichten die Forschenden aber auch, dass diese Leere nur einen Teil der Anomalie in der aus der Zeit von rund 380.000 Jahren nach dem Urknall stammenden und das gesamte Weltall durchziehenden kosmischen Hintergrundstrahlung erklären könne. Zugleich werfe gerade die gewaltige Ausdehnung dieser „großen Leere“ Fragen auf, die in den bisherigen kosmischen Modellen nicht beantwortet werden.
Hintergrund
Die kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung (Cosmic Microwave Background; CMB) gilt allgemein als Überbleibsel des Urknalls – sozusagen als dessen Echo. Bei Temperaturen von minus 270,43 Grad Celsius, also nur wenige Grad über dem absoluten Nullpunkt, weist dieser Mikrowellenhintergrund verschiedene Anomalien auf – darunter auch den besagten „kalten Fleck“ (s. Abb. o.). Diese Region ist 0.00015 Grad kälter als ihre Umgebung und wurde schon zuvor mit einer viele Milliarden Lichtjahre durchmessenden nahezu leeren Blase im Universum zu erklären versucht, in der es nur sehr wenige Galaxien geben soll. Neben zahlreichen Hypothesen wie Messfehler, Störungen durch kosmischen Strukturen wurde der Kalte Fleck auch schon als Hinweis, sozusagen als Berührungspunkt mit einem Paralleluniversum gedeutet (…GreWi berichtete).
„Nur weil sich hier zwei tatsächlich sehr seltene kosmische Phänomene teilweise überlagern, bedeutet das noch keine Kausalität nach wissenschaftlichen Maßstäben“, erläutert Kovács.
www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ HIER können Sie den täglichen kostenlosen GreWi-Newsletter bestellen +
Vor diesem Hintergrund verfolgen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Kovács zwei gegensätzliche Ansätze: „Entweder sind die Vorhersagemodelle (wie etwa das Lambda-CDM-Modell) korrekt – dann liegen hier zufällig zwei extreme Anomalien übereinander, oder das Modell stimmt nicht.“ Im letzteren Fall könnte dies bedeuten, dass der sogenannte „Integrierte Sachs-Wolfe-Effekt“ (ISW) stärker ist als bislang angenommen und in den Modellen vorausgesetzt. Dieser Effekt entsteht, wenn Photonen auf ihrem Weg aus den Tiefen des Alls durch eine Zone geringerer oder erhöhter Materiedichte reisen.
Angewandt auf die Beobachtungen würde dies nahelegen, dass der Einfluss von Dunkler Energie auf das sonstige Universum und dessen Ausdehnung größer wäre als bislang gedacht. „Interessanterweise wird diese Möglichkeit durch Beobachtungen anderer, weit entfernterer Supervoids bestätigt.“ Zudem beobachteten die Forschenden der Dark Energy Survey, dass der Linseneffekt des Eridanus-Supervoids etwas geringerer ist, als angenommen. „Das Problem ist nun, dass typische Alternativmodelle diesen Unterschied nicht erklären können. Sollten also alle Werte stimmen, so würde das bedeuten, dass wir hier irgendetwas sehr grundlegendes zur dunklen Energie nicht richtig verstehen“, so Kovács abschließend.
WEITERE MELDUNGEN ZUM THEMA
Paralleluniversen? Studie deutet auf exotische Natur des kalten Flecks in der kosmischen Hintergrundstrahlung 26. April 2017
Recherchequelle: Fermilab
© grenzwissenschaft-aktuell.de