KI entschlüsselt die emotionale Sprache der Tiere

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Kopenhagen (Dänemark) – Kann künstliche Intelligenz uns helfen zu verstehen, was Tiere fühlen? Eine wegweisende Studie legt dies nahe: Mithilfe von KI ist es Forschenden erstmals gelungen, Emotionen bei sieben Huftierarten zu entschlüsseln. Es ist die erste interspezifische Studie, die emotionale Valenz mithilfe von KI erkennt.
Wie das Team aus Forschenden des Fachbereichs Biologie der Universität Kopenhagen aktuell im Cell-Fachjournal „iScience“ (DOI: 10.1016/j.isci.2025.111834) berichtet, haben sie erfolgreich ein maschinelles Lernmodell derart trainiert, um positive und negative Emotionen bei sieben verschiedenen Huftierarten – darunter Kühe, Schweine und Wildschweine – zu unterscheiden: „Durch die Analyse der akustischen Muster ihrer Lautäußerungen erreichte das Modell eine beeindruckende Genauigkeit von 89,49 %“, so die Forschenden.
„Dieser Durchbruch liefert solide Beweise dafür, dass KI Emotionen über mehrere Arten hinweg anhand von Lautmustern entschlüsseln kann. Dies könnte das Tierwohl, das Management von Nutztieren und den Artenschutz revolutionieren, indem wir die Emotionen von Tieren in Echtzeit überwachen können“, sagt Élodie F. Briefer, außerordentliche Professorin am Fachbereich Biologie und Mitautorin der Studie.
KI als Universalübersetzer für Tieremotionen
Anhand einer Analyse von Tausenden Lautäußerungen von Huftieren in verschiedenen emotionalen Zuständen identifizierten die Forschenden zentrale akustische Indikatoren für emotionale Valenz: „Die wichtigsten Prädiktoren dafür, ob eine Emotion positiv oder negativ war, umfassten Veränderungen in der Dauer, der Energiedistribution, der Grundfrequenz und der Amplitudenmodulation.“ Wie die Forscherinnen und Forscher weiter berichten, war es zudem bemerkenswert, dass diese Muster über verschiedene Arten hinweg weitgehend konsistent waren. Dies deute darauf hin, dass grundlegende stimmliche Ausdrucksformen von Emotionen „evolutionär konserviert“ sind.
Eine Revolution für das Tierwohl und den Artenschutz
Für die Autorinnen und Autoren der Studie haben deren Ergebnisse weitreichende Auswirkungen und Konsequenzen: „Das KI-gestützte Klassifikationsmodell könnte genutzt werden, um automatisierte Werkzeuge zur Echtzeitüberwachung von Tieremotionen zu entwickeln und so das Management von Nutztieren, die tierärztliche Versorgung und den Artenschutz zu transformieren.“ Dazu erklärt Briefer weiter: „Das Verständnis dafür, wie Tiere Emotionen ausdrücken, kann uns helfen, ihr Wohlbefinden zu verbessern. Wenn wir Stress oder Unwohlsein frühzeitig erkennen, können wir eingreifen, bevor es eskaliert. Ebenso wichtig ist, dass wir positive Emotionen fördern können. Dies wäre ein echter Wendepunkt für das Tierwohl.“
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Auch wichtige, rein wissenschaftliche Erkenntnisse
Von besonderem Wert der Ergebnisse sind unter anderem die hohe Genauigkeit der ermittelten Werte: „Das KI-Modell klassifizierte emotionale Valenz mit einer Gesamtgenauigkeit von 89,49 % und zeigte damit eine starke Fähigkeit, zwischen positiven und negativen Zuständen zu unterscheiden.“ Zudem offenbaren sich laut den Forschenden universelle akustische Muster: „Die wichtigsten Prädiktoren für emotionale Valenz waren über verschiedene Arten hinweg konsistent, was auf ein evolutionär konserviertes System des emotionalen Ausdrucks hindeutet.“ Schlussendlich liefert die Studie auch neue Perspektiven auf emotionale Kommunikation: „Diese Forschung liefert Erkenntnisse über die evolutionären Ursprünge der menschlichen Sprache und könnte unser Verständnis von Tieremotionen grundlegend verändern.“
Nächste Schritte: Forschung ausweiten und Daten teilen
In nächsten Schritten haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Datenbank mit gekennzeichneten emotionalen Lautäußerungen der sieben Huftierarten nach dem Open-Access-Prinzip öffentlich zugänglich gemacht, um so die Forschung auf diesem Gebiet zu beschleunigen, wie KI uns helfen kann, Tiere besser zu verstehen und ihr Wohlbefinden zu verbessern“, so Élodie Briefer abschließend. „Diese Studie bringt uns einen Schritt näher an eine Zukunft, in der Technologie es uns ermöglicht, die Emotionen von Tieren zu verstehen und darauf zu reagieren – und eröffnet spannende neue Möglichkeiten für Wissenschaft, Tierwohl und Artenschutz.“
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Recherchequelle: Universität Kopenhagen
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