Klimawandel lässt antarktische Meteoriten schwinden
Zürich (Schweiz) – Während er immer noch von nicht Wenigen geleugnet wird, hat der Klimawandel auch jenseits von Wetter und Umwelt auch Auswirkungen auf die Möglichkeiten der Wissenschaft. Eine aktuelle Studie zeigt auf, wie selbst kleinste Temperaturschwankungen dazu führen, dass Meteoriten in der Antarktis, die Forschenden wichtige Einblicke in die Zusammensetzung ferner Welten, das Sonnensystem, darüber hinaus und vielleicht sogar über das irdische und mögliches außerirdisches Leben liefern könnten, verloren gehen.
Tatsächlich stellt die Antarktis den größten und bislang relativ leicht nutzbaren Schatz für außerirdische Gesteine dar – nicht zuletzt, weil diese sich auf dem hellweißen Untergrund der endloserscheinenden Schnee- und Eisflächen besonders gut abzeichnen. Wie das Team um Harry Zekollari und Prof. Daniel Farinotti von der ETH Zürich gemeinsam mit Veronica Tollenaar von der Université Libre de Bruxelles aktuell im Fachjournal „Nature Climate Change“ (DOI: 10.1038/s41558-024-01954-y) berichtet, verschwinden die wertvollen Gesteine aufgrund der globalen Erderwärmung rasant von der Eisoberfläche.
Hintergrund
Meteoriten sind Gesteinsfragmente aus dem Weltraum, die einzigartige Informationen über unser Sonnensystem enthalten. Auf der Erde stößt man vor allem in der Antarktis auf sie, wo bisher rund 60 Prozent aller je gefundenen Meteoriten an der Oberfläche des Eisschilds geborgen wurden. Durch die Strömung des Eisschilds sammeln sich die Meteoriten in sogenannten Meteoriten-Strandungszonen, wo sie durch ihre dunkle Schmelzkruste leicht auffallen.
„Jedes Mal, wenn sich die globale Lufttemperatur um ein Zehntelgrad erhöht, verschwinden knapp 9’000 Meteoriten von der Oberfläche des antarktischen Eisschilds“, so die Forschenden und belegen ihre Erkenntnis mit von KI ausgewerteten Satellitenaufnahmen und Klimamodellprojektionen. „Der Verlust zieht massive Konsequenzen nach sich: Schließlich handelt es sich bei Meteoriten um einzigartige außerirdische Gesteinsproben, die Einblicke in die Ursprünge des Lebens auf der Erde und die Entstehung des Mondes gewähren.“
Rasanter Verlust
Bis 2050 dürften auf diese Weise rund ein Viertel der geschätzt 300.000 bis 800.000 Meteoriten in der Antarktis ins Eis eingeschmolzen und damit verloren sein. Bis zum Ende des Jahrhunderts wird sich diese Zahl – bei einem starken Temperaturanstieg – vermutlich auf bis zu Dreiviertel der Vorkommen erhöhen. Weiter stellt die Untersuchung fest, dass die kontinuierliche Erderwärmung jährlich rund 5.000 Meteoriten versinken lässt. Das sei fünfmal schneller als sie geborgen werden können.
www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ HIER können Sie den täglichen kostenlosen GreWi-Newsletter bestellen +
Die Forscher und Forscherinnen drängen deshalb auf massive internationale Anstrengungen, um die Gesteine von höchstem wissenschaftlichen Wert zu sichern: „Wir müssen die Bergung der Meteoriten in der Antarktis intensivieren und beschleunigen. Ihr Informationsgehalt ist mit dem von Daten aus Eisbohrkernen von abschmelzenden Gletschern gleichzusetzen – und ihr Verlust ebenso dramatisch. Mit ihnen verschwindet so manches Geheimnis des Universums.“
WEITERE MELDUNGEN ZUM THEMA
Stammt alles Leben aus dem All? Sämtliche „Bausteine des Lebens“ im Innern von Meteoriten nachgewiesen 27. April 2022
ALH 84001: Marsmeteorit beinhaltet 4 Mrd. Jahre alte organische Moleküle 3. Mai 2020
Rechercherquelle: ETH Zürich
© grenzwissenschaft-aktuell.de