Kontroverse um vom Pentagon gegenüber der „The Sun“ freigegebenen 1.500 Seiten „UFO-Akten“

Titel und Beispielseiten aus den gegenüber der „The Sun“ (aber auch schon lange zuvor) freigegebenen Akten.
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Titel und Beispielseiten aus den gegenüber der „The Sun“ (aber auch schon lange zuvor) freigegebenen Akten.

Titel und Beispielseiten aus den gegenüber der „The Sun“ (aber auch schon lange zuvor) freigegebenen Akten.

London (Großbritannien) – Am gestrigen 5. April 2022 sorgte die britische Tageszeitung „The Sun“ mit einer Titelzeile international für Interesse, mit der man erklärte, das Pentagon habe gegenüber der Zeitung über 1.500 Seiten bislang klassifizierter UFO-Akten veröffentlicht. In diesen Akten soll es auch um Schäden und Verletzungen von UFO-Zeugen durch die Wechselwirkung mit den gesichteten Objekten und Phänomenen gehen. Was zunächst spektakulär klingt, ist allerdings zumindest teilweise alles andere als neu und auch. GreWi versucht eine erste Einordnung.

Hintergrund

Unmittelbar nach der Enthüllung des einst geheimen UFO-Forschungsprogramms des Pentagon mit der Bezeichnung „Advanced Aerospace Threat Identification Program“ (AATIP; …GreWi berichtete) hatte die britische Tageszeitung „The Sun“ unter Berufung auf das US-Informationsfreiheitsgesetz (FOIA) eine Anfrage nach „allen Akten, Dokumenten und Filmaufnahmen mit Bezug zu AATIP“ an US-Verteidigungsministerium gestellt. Jetzt – vier Jahre später – wurde dem Antrag vom militärischen Nachrichtendienst „Defense Intelligence Agency“ (DIA) entsprochen und 1.574 Seiten einst klassifizierter entsprechender Akten veröffentlicht und offenbar der „Sun“ übermittelt. Darin finden sich nun offenbar auch zahlreiche Akten des AATIP-Vorgängerprogramms „Advanced Aerospace Weapon System Applications“ (AAWSAP, dessen Hintergründe dessen einstige Leiter und der US-Journalist George Knapp in dem Buch „Skinwalker at the Pentagon“ zusammengetragen haben – siehe Buchtipp r.).

Wichtig vorweg: Die „Sun“ selbst hat bislang hauptsächlich nur ein stark zusammengefassten Hauptartikel zu den an die Zeitung übermittelten Datensätzen veröffentlicht. Eine vollständige Veröffentlichung von der „Sun“ erhaltenen Daten und Akten steht derweil noch aus.

Was zunächst sensationell klingt, ist aber alles andere als neu und wurde sogar bereits im 2019 gegenüber verschiedenen UFO-Forschern und Informationsfreiheitsaktivisten veröffentlicht. Darunter auch jener Bericht, der aktuell auch von der „The Sun“ besonders hervorgehoben, durch einen zweiten Artikel vertieft wird und auch der Online-Ausgabe der deutschen „Bild“-Zeitung aktuell unter der Schlagzeile „Ufos haben Menschen verletzt“ eine Meldung wert war.

Dieser Bericht der DIA mit dem Titel „Anomalous Acute and Subacute Field Effects on Human and Biological Tissues“ (anomale akute und subaktute Feldeffekte auf Menschen und biologisches Gewebe), datiert bereits auf März 2010 und beschriebt Verletzungen und Auswirkungen auf Menschen, die „anomale fortschrittliche Luftfahrtsysteme“ (anomalous advanced aerospace systems) beobachtet hatten, von denen einige eine „Bedrohung der Interessen der Vereinigten Staaten“ darstellen könnten.

Insgesamt, so berichtet die „Sun“ aktuell, beschreibe dieser Bericht 42 medizinische Fälle und 300 bislang unveröffentlichte Fälle, in denen Menschen nach Sichtungen unbekannter Flugobjekte Verletzungen und folgen davongetragen haben sollen. Beschrieben werden darin Verbrennungen oder Folgen, wie sie elektromagnetischen Strahlungsschäden glichen und von denen im Bericht einige auf „energetische Antriebssysteme“ der beobachteten Phänomene zurückgeführt werden. Darüber hinaus finden sich in dem Artikel Fälle von Hirn- und Nervenschäden, Herzrasen und Kopfschmerzen als angebliche Folge von UFO-Sichtungen. Zugleich gehe aus den Aufzeichnungen aber nicht hervor, ob überhaupt eigene Untersuchungen durchgeführt wurden – schließlich zitiert der DIA-Bericht angeblich biologische Auswirkungen auf UFO-Zeugen aus den Jahren 1873 bis 1994, die aus einer Fallsammlung der zivilen UFO-Forschungsorganisationen MUFON (Mutual UFO Network) entnommen wurden.

Was wiederum aus der „Sun“-Meldung nicht hervorgeht: Dieser und 32 weitere DIA-Sonderberichte zu Studien und Untersuchungen, auf denen sich die „Sun“-Meldung teilweise beruft, wurde bereits im Januar 2019 vom US-Verteidigungsgeheimdienst DIA gegenüber unterschiedlichen Journalisten, UFO-Forschern und Informationsfreiheitsaktivisten (wie etwa John Greenewald) veröffentlicht. Nur in einigen wenigen dieser Berichte ging es dabei allerdings um UFOs. Weitere dieser DIA-Reporte beziehen sich auf Weltraumforschung und fortschrittliche Antriebs-Systeme und vergleichsweise allgemeine Fragen und Gedankenspiele über außerirdisches Leben. Hierüber hatte auch Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi) damals schon ausführlich berichtet.

Da die „Sun“ die an Sie überspielten, mehr als 1.500 Seiten der DIA-Akten bislang noch nicht in Gänze veröffentlicht hat, ist es derzeit noch spekulativ, was davon bislang neu, also noch nicht bekannt und unveröffentlicht ist.

Auf GreWi-Anfrage kommentiert der Informationsfreiheitsaktivist John Greenewald Jr. von TheBlackVault.com, dass „zwar ein großer Teil des Materials ‚neu‘ (sei), dass die Sun es aber so darstellt, als gehe es um mehr als 1.500 Seiten UFO-Material. Dies ist aber gar nicht der Fall.“ Er selbst, so Greenewald weiter, arbeite derzeit an einem Überblick und einer Bewertung der aktuell tatsächlich etwas unübersichtlichen Situation rund um diese Akten und die Frage, was davon neu, was bereits bekannt ist und was davon überhaupt etwas mit UFOs oder grenzwissenschaftlichen Themen zu tun habe.

…GreWi wird weiterhin berichten.

– Eine Übersicht über alle bislang bekannten veröffentlichten Akten zu den Untersuchungen von AAWSAP finden Sie auf TheBlackVault.com




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Recherchequelle: TheBlackVault.com, TheSun.com, eigenen Recherchen grenzwissenschaft-aktuell.de

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