Leben auf dem Mars? Mikroorganismen könnten Mars-Methan erklären

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Fließspuren an Kraterwänden auf dem Mars, sogenannte „Recurring Slope Lineae“ RSL. Copyright: NASA

Fließspuren an Kraterwänden auf dem Mars, sogenannte „Recurring Slope Lineae“ RSL.
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Berlin (Deutschland) – Woher stammt das immer wieder auch in Spitzen gemessene Methan auf dem Mars? Zumindest auf der Erde ist das meiste Methan in der Atmosphäre das Ergebnis biologischer Prozesse. Da das Gas aber auch auf nicht-biologischem Weg entstehen kann, rätseln Wissenschaftler weiterhin über den Ursprung des Mars-Methans. Eine neue Studie Berliner Astrobiologen zeigt nun, dass bestimmte Mikroben unter simulierten Mars-Bedingungen existieren und so für das Methan verantwortlich sein könnten.

Auch jüngste Messungen haben bestätigt, dass die Konzentrationen des Stoffwechselproduktes Methan über das Marsjahr hinweg schwanken. Ein weiterer Beleg für jahreszeitenbedingte biologische Aktivität? Weiterhin stellt sich aber die Frage, wer oder was produziert also sporadisch das Methan?

Wie eine Arbeitsgruppe um den Astrobiologen Prof. Dr. Dirk Schulze-Makuch vom Zentrum für Astronomie und Astrophysik an der TU Berlin jetzt erstmals im Experiment nachweisen konnte, können bestimmte Mikroben, sog. Archaeen, in marsähnlichen, salzhaltigen Böden nicht nur überleben, sondern auch Stoffwechsel betreiben. Hierzu benötigen sie lediglich Kohlendioxid und Wasserstoff als Energie- und Kraftstoffquellen und minimalste Wassermengen, wie sie auch auf dem Mars vom dort salzhaltigen Gestein aus der Atmosphäre entzogen werden.

Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aktuell im Fachjournal „Nature Scientific Reports“ (DOI: 10.1038/s41598-019-56267-4) berichten, könnte das Mars-Methan also von derartigen Mikroben stammen. Die Forscher sprechen von einer weiteren „wichtige Einsicht auf der Suche nach Leben auf dem Mars.

„Die niedrige Durchschnittstemperatur und Wasseraktivität an der Oberfläche des Mars machen es lebenden Organismen nicht leicht, in dieser Umgebung zu bestehen oder gar sich fortzupflanzen“, so Schulze-Makuch. „Doch die Ergebnisse jüngerer Marsmissionen zeigen, dass die Umweltbedingungen zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten des Roten Planeten durchaus die unteren Grenzen überschreiten, die Leben möglich machen.“

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Unter dem Projektnamen HOME (Habitability of Martian Environments) beschäftigt sich die Arbeitsgruppe des Astrobiologen und Geowissenschaftlers, der außerdem Adjunct Professor an der Arizona State sowie der Washington State University sowie Präsident der Deutschen Astrobiologischen Gesellschaft e. V. ist, bereits seit mehreren Jahren mit der Lebensfreundlichkeit potenzieller Lebensräume auf dem Mars. Schon 2018 konnte seine Arbeitsgruppe durch aufwendige Untersuchungen in der marsähnlichen Atacama-Wüste, einem der trockensten Orte der Erde, nachweisen, dass aktive Zellverbände in dieser lebensfeindlichen Umgebung so lange überleben können, bis sie durch minimale Wassermengen wieder aktiviert werden.

Zwar erlauben die Bedingungen an der Marsoberfläche kein dauerhaftes Vorhandensein von flüssigem Wasser, doch es sei möglich, so Schulze-Makuch, dass an einigen Stellen in Oberflächennähe hygroskopische Salze existieren, die der Umgebung Feuchtigkeit entziehen, zum Beispiel Morgenfröste, und dass sich das Salz von fest zu flüssig wandelt.

Als mögliche Orte derartiger Prozesse haben die Wissenschaftler unter anderem die dunklen Streifen ausgemacht, die sporadisch an den steilen Kraterwänden auftreten (sog. Recurring Slope Lineae, RSL, siehe obige Titelabbildung) und die in auffallender Weise an Fließspuren erinnern. „Aus diesen Salzen könnten auch unterirdische, oberflächennah lebende Organismen ihren Wasserbedarf stillen“, so die Vermutung der Forscher.

Um derartige Hypothesen zu überprüfen, führt diese Forschung Wissenschaftler immer wieder in sehr abgelegene Regionen, deren Umweltbedingungen denen auf dem Mars sehr ähnlich sind, beispielsweise in die Atacama-Wüste in Chile, die McMurdo Dry Valleys in der Antarktis oder die Larsemann Hills im Osten der Antarktis. „Die Untersuchung dieser marsanalogen Umgebungen und der dort vorhandenen Mikrobiota helfen, die Bewohnbarkeit von marsianischen Umgebungen zu bewerten“, so Schulze-Makuch. „Diese Gebiete sind extrem trocken (arid), aber gleichzeitig salzhaltig. Sie sind von Mikrobengemeinschaften besiedelt, die sich ihrer Umgebung so angepasst haben, dass sie beginnen, Stoffwechsel zu betreiben, sobald sie durch Deliqueszenz befeuchtet werden. Deliqueszenz ist das spezifische Vermögen bestimmter Stoffe, meist Salze, die relative Feuchte ihrer Umgebung zu beeinflussen.“

Feldforschung in der Atacama-Wüste in Chile. Hier herrschen marsähnliche Bedingungen. Copyright: TU Berlin_Research Group Astrobiology

Feldforschung in der Atacama-Wüste in Chile. Hier herrschen marsähnliche Bedingungen.
Copyright: TU Berlin_Research Group Astrobiology

Um zu testen, ob die von „Curiosity“ auf dem Mars gemessenen schwankenden Methankonzentrationen von oberflächennah lebenden Mikroben stammen könnten, entwickelte das Team ein geschlossenes Deliqueszenz-System mit in diesen marsähnlichen Gegenden vorhandenen ausgetrockneten marsanalogen Substraten (Mars Regolith Analogues – MRA), hygroskopischen Salzen und drei methanogenen Archaeen (die Mikrobenstämme Methanosarcina mazei, M. barkeri und M. soligelidi). Anschließend konnten sie messen, unter welchen Bedingungen die verschiedenen Mikroben zu Stoffwechselaktivitäten angeregt wurden.

Das Ergebnis: Zwei von drei bakterienähnlichen Organismen haben reagiert, jeweils in verschiedenen Substraten und bei verschiedenen Temperaturen. „Das ließ die Fachwelt aufhorchen, denn bis heute wurden die Modellorganismen (inklusive methanproduzierende Mikroben) vor allem Stressfaktoren wie Austrocknung, Dürre, Hunger, Gefrier- und Auftauzyklen, hohem Salzgehalt, niedrigem Atmosphärendruck und erhöhten Strahlendosen ausgesetzt, um die Bewohnbarkeit des Mars zu bewerten“, erläutert die Pressemitteilung der TU Berlin. „Nach unserer Kenntnis gibt es jedoch keine Studie, die belegt, dass methanogene Archaeen in einer oberflächennahen Umgebung existieren können, in der Wasser nur durch Deliqueszenz verfügbar gemacht werden kann“, so Schulze-Makuch und führt abschließend weiter aus: „Wir konnten hier zum ersten Mal zeigen, dass allein das durch die Deliqueszenz bereitgestellte Wasser ausreicht, um methanogene Archaeen unter diesen extremen Bedingungen erneut zu hydrieren, quasi wieder zum Leben zu erwecken, und deren Stoffwechsel in einer Umgebung zu reaktivieren, wie sie nahe unter der Oberfläche des Mars existiert.“

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Quelle: TU Berlin

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