Künstlerische Interpretation außerirdischer Lebensformen in der Atmosphäre eines sog. Braunen Zwergs (Illu.).
Copyright: Mark Garlick/Science Source
Edinburgh (Großbritannien) – Alleine in unserer Heimatgalaxie der Milchstraße gibt es schätzungsweise eine Milliarde sogenannte kalte Braune Zwerge – Himmelskörper also, die vielfach größer sind als Jupiter, allerdings immer noch nicht groß genug, um durch ihre eigene Masse das Sternenfeuer, die Fusion, zu entzünden und zu einem Stern zu werden. Laut der Studie schottischer Planetenwissenschaftler gleichen die Druckverhältnisse und Temperaturen in den oberen Atmosphärenschichten solcher Brauner Zwergsterne denen unserer Erde – und könnten so Lebewesen beheimaten.
Wie das Team um Jack Yates von der University of Edinburgh in einer kommenden Ausgabe des „Astrophysical Journal“ berichten wird, „weitet das Ergebnis ihrer Arbeit das Konzept der sogenannten habitablen Zone auf eine gewaltige Population von Welten aus, die bei der Suche nach potentiellem Lebensraum bislang gänzlich übersehen wurde: „Es braucht keinen erdartigen Planeten mit einer Oberfläche, um Leben zu ermöglichen und atmosphärisches Leben beschränkt sich nicht nur auf Vögel „, so Yates.
Tatsächlich ist schon seit Jahrzehnten bekannt, dass Mikroben mit Winden in Höhen hoch oberhalb der Erdoberfläche transportiert werden und hier prächtig gedeihen können. Und schon 1976 spekulierte Carl Sagan über Ökosysteme in den oberen Atmosphärenschichten jupiterartiger Planeten, deren Lebensformen vom Sonnenlicht versorgt werden. Selbst einen Namen wurde dem „Himmelsplankton“ schon verliehen: „Sinkers“. Zudem waren für Sagan ballonartige Lebensformen, sog. „Floater“ vorstellbar, die sich durch die Veränderung des inneren Körperdrucks innerhalb der Atmosphären fortbewegen könnten (s. Abb.). Auf diese Weise wurde nicht nur schon Leben in der Jupiteratmosphäre visioniert, sondern auch in jener unseres Nachbarplaneten Venus.
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Das Team um Yates hat Sagans Visionen nun auf eine Gruppe von Himmelskörpern übertragen, die 1976 noch gänzlich unbekannt waren: kalte Braune Zwerge, deren Oberflächen Raumtemperaturen oder kälter aufweisen, in höheren Atmosphärenschichten allerdings gerade komfortable Temperaturen aufweisen.
Ein Beispiel für einen solchen Braunen Zwerg ist der 2013 entdeckte „WISE 0855-0714“. Der gerade einmal sieben Lichtjahre von der Erde entfernte Braune Zwerg scheint sogar Wasserdampfwolken in seiner Atmosphäre zu besitzen.
Auf der Grundlage von Sagans Überlegungen haben Yates und Kollegen nun berechnet, welche Größen, Dichten und (Über-)Lebensstrategien Mikroben haben müssten, um sich nicht nur in den lebensfreundlichen Regionen der vorwiegend aus Wasserstoff bestehenden Atmosphäre von „WISE 0855-0714“ auf lebensfreundlichen Höhen zu halten, sondern auch darin zu gedeihen.
Ähnlich wie möglicherweise auch das irdische Leben könnte auch Leben in den Atmosphären kalter Brauner Zwerge zunächst sozusagen huckepack mit Asteroiden auf diese Welten gelangt sein.
Wie die Forscher berichten, hänge vieles vom Wetter innerhalb der besagten Atmosphärenschichten ab: Sollten aufsteigende Winde wie jene vorherrschen, die etwa für die markanten Wolkenbänder der Gasriesen Jupiter und Saturn verantwortlich sind, so wären auch schwerere Lebewesen vorstellbar. Im ständigen Schatten der dichten Wolken könnten sich diese Wesen statt vom Licht ihres Sterns auch auf der Grundlage von chemischen Nährstoffen ernähren. Tatsächlich zeigen bisherige Analysen der Atmosphären einiger Brauner Zwerge, dass sich darin ein Großteil der Nährstoffe des irdischen Lebens wie Kohlen-, Wasser- und Sauerstoff – wenn auch nur selten Phosphor – finden.
Bislang wurden nur einige wenige Dutzend kalter Brauner Zwerge entdeckt, doch die Statistik legt nahe, dass sich alleine innerhalb eines Radius von 30 Lichtjahren um unser eigenes Sonnensystem mindesten rund 10 dieser Welten finden lassen sollten. Schon mit dem für 2018 geplanten Hubble-Nachfolger, dem „James Webb Space Telescope“ (JWST) könnten deren Atmosphären genauer analysiert werden.
Besonders intensive Spektralsignaturen könnten sogar Hinweise auf Nebenprodukte mikrobischer Aktivität – wie etwa Methan oder Sauerstoff – innerhalb dieser Atmosphären zulassen, die dann noch auf ihre biologische oder rein chemische Herkunft untersucht werden müssten.
GreWi-Kurzgefaßt
– Nicht nur auf Felsplaneten – auch in den oberen Atmosphären von Gasplaneten haben Astrobiologen schon über dortoges Leben spekuliert. Jetzt haben zwei Forscher diese Vorstellung auch auf die Atmosphären gescheiterter Sterne, sogenannter kalter Brauner Riesen ausgeweitet.
– Damit weiten die Wissenschaftler das bisherige Konzept der lebensfreundlichen Zonen auf eine gewaltige Population von Welten aus, die bei der Suche nach potentiellem Lebensraum bislang gänzlich übersehen wurde.
– Alleine in einem Radius von 30 Lichtjahren um unser Sonnensystem dürfte es mindestens 10 dolcher kalten braunen Zwergsterne geben.
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