Leben um nahen Stern? Astronomen entdecken drei Planeten nur 73 Lichtjahre entfernt
Cambridge (USA) – Mit Hilfe des Kepler-Nachfolgers, dem NASA-Weltraumteleskop “TESS”, haben Astronomen gleich drei Planeten entdeckt, die den nur 73 Lichtjahre entfernten Stern TOI-270 umkreisen. Auch wenn keiner der Planeten die Bedingungen für Leben, wie wir es von der Erde kennen, zu erfüllen scheinen, hat das vergleichsweise nahe System doch großes Potential für dortiges Leben.
Bei dem Stern handelt es sich um einen ungewöhnlich inaktiven, also ruhigen Roten Zwergstern. Umkreist wird er von mindestens drei Planeten, die nun mit dem TESS-Teleskop entdeckt wurden: Ein Felsplanet (TOI-270b), der gerade einmal etwas größer ist als unsere Erde, und zwei sog. Sub-Neptune bzw. Super-Erden (TOI-270c und TOI-270d) von der etwa zweifachen Größe unseres Planeten.
Während keiner der Planeten den Stern innerhalb dessen klassischer sog. habitablen Zone umkreist, innerhalb derer aufgrund milder Temperaturen Wasser in flüssiger Form und damit die Grundlage des uns bekannten Lebens, existieren kann, zeigen sich die Entdecker des Planetentrios von dem bislang bekannten System um TOI-270 und dessen Potential für lebensfreundliche Welten begeistert.
Wie das Team um Maximilian Günther vom Kavli Institute for Astrophysics and Space Research am Massachusetts Institute of Technology (MIT) aktuell im Fachjournal „Nature Astronomy“ (DOI: 10.1038/s41550-019-0845-5) berichtet, ist der innerste Felsplanet (TOI-270b) 1,25 mal so große wie unsere Erde und benötigt für eine Umrundung seines Sterns 3,4 Tage. Doch auch wenn der Stern selbst deutlich kleiner und kühler ist als unsere Sonne, ist die Distanz noch immer zu gering, als das Wasser auf seiner Oberfläche fließen könnte. Die beiden Sub-Neptune sind 2,42 und 2,13 mal so große wie die Erde und umkreisen den Stern in 5,7 und 11,4 Tagen. Auf diese Weise könnte zwar die äußere Atmosphäre des kleineren der beiden Planeten lebensfreundliche Temperaturen aufweisen, der Planet selbst ist jedoch wahrscheinlich in eine extrem dichte Atmosphäre, von einem Treibhauseffekt aufgeheizten Atmosphäre gehüllt und gleicht damit wohl eher unserer Venus. Zugleich vermuten die Astronomen um Günther, dass alle drei Planeten an ihren Stern rotationsgebunden sind – diesem also (ähnlich wie der Erdenmond der Erde) immer die gleiche Seite zuweisen. Auch dieser Umstand erschwert die klassische Lebensfreundlichkeit.
Aus astrobiologischer Sicht ist das System aber dennoch weiterhin spannend.
Zunächst handelt es sich bei TOI-270 um einen bereits älteren Roten Zwerg, der wesentlich inaktiver ist als viele andere nahe Rote Zwerge und somit deutlich weniger Sonnenausbrüche als diese produziert, wie sie durch ihre schädliche Strahlung mögliches davor ungeschütztes Leben auf umgebenden Planeten beeinträchtigen oder gar ganz verhindern könnten.
Zugleich ist der Stern aber nur 73 Lichtjahre von uns entfernt, damit vergleichsweise hell und kann so leicht zu beobachtet und analysiert werden.
Da alle drei Planeten den Stern auf einer Blickebene zur Erde umkreisen und bei jeder Passage dessen Licht minimal abschatten, können Astronomen die Atmosphären analysieren, wenn das Sternenlicht bei solchen sogenannten Transits durch sie hindurchscheint. Auf diese Weise hoffen die Forscher mehr über jene Prozesse zu erfahren, durch die die unterschiedlichen Planetentypen entstehen und die Frage beantworten zu können, warum einige Planeten klein und felsig sind und andere groß und gasförmig. Eine solche Studie ist anhand der Planeten in unserem eigenen Sonnensystem nicht möglich, weil hier die Planetenklasse der Sub-Neptune (Super-Erden) und damit ein Bindeglied zwischen Fels- und Gasplaneten bislang gänzlich fehlt.
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Zudem umkreisen alle drei Planeten ihren Stern in einer sogenannten Bahnresonanz – ihre Umlaufbahnen zeichnen also sozusagen ein gravitationsbedingtes Resonanzmuster: Immer dann, wenn der innerste Planet (TOI-270b) seinen Stern fünf Mal umrundet hat, hat der mittlere Planet (TOI-270c) den Stern drei Mal umkreist – es liegt also ein Resonanzverhältnis von 5:3 zwischen den beiden Planeten vor. Ähnlich verhält es sich mit dem mittleren und dem äußersten Planeten (TOI-270d), die in einem Verhältnis von 2:1 ihren Stern umkreisen.
Auf diese Weise können die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nicht nur die Dynamik der Planeten zueinander studieren, die vorhandenen Resonanzmuster können die Astronomen auch den Weg zu möglicherweise weiteren Planeten weisen, die den Stern in größerer Entfernung umkreisen, bislang jedoch (aufgrund längerer Umlaufzeiten oder anders geneigter Bahnebenen) noch nicht entdeckt wurden.
Und auch hier wird es für die Suche nach möglichem Leben in dem System um TOI-270 wieder spannend, denn dessen habitable Zone dehnt sich über die Bahnen der bislang bekannten Planeten hinaus aus. Planeten die also „dort draußen“ ihren Stern umkreisen, könnten dies innerhalb dieser lebensfreundlichen Zone tun.
Und obwohl der äußerste Planet (TOI-270d) selbst zwar nicht lebensfreundlich ist, könnte er dennoch Monde besitzen, auf denen Leben möglich sein könnte.
“Dieses System ist wirklich sehr aufregend und für uns Wissenschaftler geradezu wie eine Art Labor, in dem man so viel tun kann“, so Günther abschließend. „Es gibt hier jetzt viele kleine Teile, die zu einem Gesamtbild zusammengesetzt werden können.“
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