Sonnennächster Exoplanet: Lebensfreundlichkeit von Proxima Centauri b doch eher fraglich

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Künstlerische Darstellung der Planetenoberfläche von Proxima Centauri b mit Blick auf seinen Stern.

Copyright: ESO

Greenbelt (USA) – Obwohl der erst im vergangenen Herbst entdeckte sonnennächste Exoplanet Proxima Centauri b seinen Stern Proxima Centauri innerhalb dessen klassischer habitabler, also lebensfreundlicher Zone umkreist, stehen die Chancen nicht gut, dass es auf der Oberfläche des Planeten tatsächlich auch Leben gibt. Schuld ist ein nun errechneter früher Verlust von Sauerstoffatmosphären innerhalb lebensfreundlicher Zonen um Rote Zwergsterne.

Gerade einmal 4,2 Lichtjahre von der Erde entfernt, hegen Planetenforscher große Hoffnungen darauf, dass „Proxima b“ nicht nur von einem globalen Ozean bedeckt sein, sondern darin auch Leben hervorgebracht haben könnte (…GreWi berichtete 1, 2, 3, 4).

Doch obwohl der Planet seinen Stern tatsächlich innerhalb dessen klassischer habitabler Zone umkreist, geht die aktuell im Fachjournal „The Astrophysical Journal Letters“ (DOI: xxx) veröffentlichte Studie von Forschern um Vladimir Airapetian und William Danchi vom Goddard Space Flight Center der NASA nun davon aus, dass die häufigen schweren Ausbrüche des Muttergestirns große Mengen an Strahlung in Richtung seines Planeten feuert und so eine eventuell vorhandene Sauerstoffatmosphäre schon innerhalb der ersten 100 Millionen Jahre zersetzt hätte.

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Bislang basierte die Bewertung der habitablen Zone hauptsächlich auf der Menge an Wärme, die ein Stern in sein Planetensystem abgibt um einen entsprechend umkreisenden Planeten warm genug zu halten, damit auf seiner Oberfläche Wasser in flüssiger Form – und damit die Grundlage zumindest des irdischen Lebens – existieren kann. Ein planet muss also einen massereichen Stern weiter entfernt umkreisen als einen kühleren Zwergstern.

„Gemeinsam mit Wärme und sichtbarem Licht strahlen Sterne aber auch Röntgen- und ultraviolette Strahlung ab und erzeugen stellare Eruptionen, wie Sonnenausbrüche und Masseauswürfe – kurz Weltraumwetter“, so die Forscher und führen weiter aus: „Ein möglicher Effekt dieser Strahlung ist sogenannte atmosphärische Erosion. Bei dieser reißen hochenergetische Partikel (des Weltraumwetters) atmosphärische Moleküle wie Wasserstoff und Sauerstoff – und damit die beiden Bausteine von Wasser – mit sich ins All.“

In Computermodellen haben Airapetian und sein Team diesen Effekt – angewandt auf potentiell lebensfreundliche Planeten im Umfeld Roter Zwerge – simuliert und analysiert.

Im Vergleich zu unserer Sonne erzeugen Rote Zwergsterne nahezu täglich Sonneneruptionen, die jene auf unserer Sonne um das 10-fache übertreffen können. Derartige Superflares ereignen sich auf unserer Sonne nur etwa einmal in hundert Jahren.

Die neuen Modelle legen nun nahe, dass diese Superflares genügend hochenergetische Strahlung erzeugen, um der Atmosphäre eines dortigen und potentiell lebensfreundlichen Planeten nicht nur den Sauer- sondern auch den Stickstoff rauben zu können – gleich zwei grundlegende molekulare Bausteine zumindest des irdischen Lebens.

Schon innerhalb von nur einigen wenigen dutzend bis hundert Millionen Jahren könnte ein Roter Zwerg also einem ihm nahen Planeten sämtlichen atmosphärischen Sauerstoff entreißen. In einem solchen Fall würde dem Planeten nach und nach also der Nachschub an Wasser schon ausgehen, noch bevor sich Leben – wie wir es von der Erde kennen – darauf überhaupt entwickelt haben könnte.

Das Ergebnis unserer Studie könnte also grundlegende Auswirkungen auf die atmosphärische Chemie solcher Welten haben“, kommentiert Shawn Domagal-Goldman, ebenfalls vom Goddard Space Flight Center die Studie. „Die Ergebnisse werden unsere zukünftigen Missionen für die Suche nach Hinweisen auf Leben auf der Grundlage der chemischen Zusammensetzung derartiger Atmosphären ganz sicher beeinflussen.“

Konkret bedeutet dies, dass „Proxima Centauri b“ aufgrund der starken Röntgen und extremen ultravioletten Strahlung der sich nahezu alle zwei Stunden auf seinem Stern ereignenden Superflares schon innerhalb der ersten 10 Millionen Jahre sämtlichen atmosphärischen Sauerstoff verloren haben könnte. Aus diesem Grund gehen die Autoren der Studie davon aus, dass Proxima b sehr wahrscheinlich nicht lebensfreundlich ist und erklären abschließend: „Unsere Ergebnisse sind sehr pessimistisch, was Leben auf Planeten um junge Rote Zwerge anbetrifft. Dafür wissen wir jetzt aber auch mehr darüber, welche Sterne gute Chancen aufweisen, lebensfreundliche Planeten hervorgebracht zu haben. Je mehr wir darüber lernen, was ein Muttergestirn benötigt, um lebensfreundliche Planeten hervorbringen zu können, umso mehr erkennen wir, dass unsere eigene Sonne hierfür geradezu perfekt zu sein scheint.“

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