Doch keine Konstante? Lichtgeschwindigkeit könnte variabel sein

Lesezeit: ca. 3 Minuten

04396
Symbolbild: Lichtgeschwindigkeit

Copyright: Imperial College London

London (Großbritannien) – Mit fast 300.000 Kilometern pro Sekunde (im Vakuum) die Lichtgeschwindigkeit gilt nicht nur als absolutes kosmisches Tempolimit sondern auch als eine seit Anbeginn der Zeit gleich gebliebene physikalische Konstante und als solche auch als Grundpfeiler der modernen Physik, u.a. von Einsteins spezieller Relativitätstheorie. Dies könnte jedoch nicht immer so gewesen sein, erläutern zwei theoretische Physiker in einem aktuellen Fachartikel und präsentieren hierzu erstmals eine schon in naher Zukunft überprüfbare Vorhersage ihrer provokanten Theorie.

Wie Professor João Magueijo vom Imperial College London und Dr. Niayesh Afshordi von der kanadischen University of Waterloo aktuell im Fachjournal „Physical Review D“ (DOI: 10.1103/PhysRevD.94.101301) berichten, könnte sich das Licht in der frühen Phase unseres Universums schneller fortbewegt haben als heute.

In ihren Überlegungen widmeten sich die theoretischen Physiker der Frage, warum das Universum heute selbst auf große Distanzen hinweg so gleichmäßig derart gleichmäßig und temperiert erscheint, wie dies eigentlich nur dadurch erklärt werden kann, wenn das Licht nahezu gleichzeitig auch jeden noch so entferntesten Winkel erreicht hätte. Anderenfalls wäre zu erwarten, dass einige Regionen kälter und dichter wären als andere.

www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ HIER können Sie den täglichen GreWi-Newsletter bestellen +

Allerdings hätte selbst eine frühe Lichtgeschwindigkeit von einer Milliarde Kilometern pro Stunde nicht ausgereicht, um das Licht und die Temperaturen derart gleichmäßig im Universum zu verteilen.

Um dieses Problem zu erklären hat die Wissenschaft die Vorstellung von einem sich unmittelbar nach dem Urknall rasant ausdehnenden, also expandierenden Universum (Inflation) entwickelt. Laut dieser war das frühe Universum deutlich kleiner – wodurch sich die Temperaturen dann auch sehr viel gleichmäßiger hätten ausbreiten können. Erst später habe das Universum dann nach und nach seine heutige (und weiterhin expandierende) Ausdehnung erreicht.

Das Problem an dieser Theorie der sogenannten Inflation ist jedoch, das sie zum einen Bedingungen erfordert (beispielsweise das sog. Inflationsfeld), wie sie nur in einem jungen Universum existiert haben sollen und zum anderen, dass gerade dieser Aspekt nur schwerlich überprüft werden kann.

Schon in den frühen 1990er Jahren haben Magueijo und Afshordi deshalb ihre eigene Theorie vorgestellt, für die sie nun sogar eine überprüfbare Vorhersage präsentieren: „Sollten Beobachtungen in der nahen Zukunft zeigen, dass unsere Werte stimmt, so könnte dies zu einer Modifikation von Einsteins Gravitationstheorie führen“, so die Autoren.

„Alle Strukturen im Universum, etwa Galaxien, bildeten sich aus Schwankungen im frühen Universum – kleinsten Unterschieden in der Dichte einzelner Regionen“, erläutern die Wissenschaftler. „Eine Aufzeichnung dieser Fluktuationen ist in der sogenannten kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung erhalten geblieben, wie die das älteste Licht im Universum, in einer Art ’spektral Index‘ wiedergibt.“

Laut der Theorie von Magueijo und Afshordi unterlagen diese Fluktuationen nun einer selbst variierenden und deutlich höheren Lichtgeschwindigkeit im frühen Universum. In diesem Fall wäre schließlich das Licht schneller als die Gravitation gewesen, wodurch sich die Temperaturen regelmäßig verteilen hätten können, bevor die Gravitation die besagten Fluktuationen erzeugte. Erst später sei die Lichtgeschwindigkeit dann aufgrund der sich veränderten Dichte im Universum nach und nach auf den heutigen Wert abgesunken.

Nach Jahren der Arbeit an ihrer Theorie präsentieren die Wissenschaftler nun exakte Werte als Grundlage ihrer Theorie. Mit zunehmender Messgenauigkeit, so zeigen sich Magueijo und Afshordi zuversichtlich, sollte sich schon in absehbarer Zeit zeigen, ob der von ihnen vorhergesagte Wert des Spektralindex zur Temperaturverteilung der kosmischen Hintergrundstrahlung von „0,96478“ stimmt oder daneben liegt. Die bislang genaueste Messung dieses Wertes (durch den Planck-Weltraumteleskop) liegt (inkl. Fehlertoleranz) bei „0,968“.

„Sollte sich der Wert nicht bestätigen, wäre dies auf fabelhaft“, erklärt Magueijo abschließend, „denn dann bräuchte sich niemand mehr Gedanken über die Unbequeme Vorstellung einer variablen Lichtgeschwindigkeit zu machen.“

Grewi-Kurzgefaßt
– Zwei theoretische Physiker präsentieren nicht nur eine neue Theorie, wonach die Lichtgeschwindigkeit nicht immer gleich war…
– …sondern für diese erstmals auch eine überprüfbare Vorhersage.
– Sollten sie recht haben, würde dies eine Modifikation von Einsteins Gravitationstheorie erfordern.

© grenzwissenschaft-aktuell.de