Astronomen wollen Lichtsegler um ferne Sterne suchen
Künstlerische Darstellung des Konzepts eines mit einem Lichtsegel angetriebenen Raumschiffs (Illu.).
Copyright: The Planetary Society
Cambridge (USA) – Der Antrieb von Raumschiffen durch Lichtsegel ist ein schon heute von Raumfahrtvisionären angedachtes effektives Mittel zur interplanetaren Erforschung von Sonnensystemen. Wie eine aktuelle Studie zeigt, sollten diese Raumschiffe schon heute von der Erde aus entdeckt werden können, sofern ferne Zivilisationen tatsächlich Lichtsegel benutzen, um ihre Systeme durch die Schubkraft ihres Sonnenlichts zu erforschen. Es gibt allerdings auch Einschränkungen.
Statt wie die klassische Suche nach direkten Signalen außerirdischer Zivilisationen (SETI, Search for Extraterrestrial Intelligence), gibt es immer wieder auch Vorschläge zur Suche nach alternativen Beweisen für die Aktivitäten technologisch entwickelter außerirdischer Zivilisationen um ferne Sterne. Zur Suche nach möglichen Industrieemissionen (…GreWi berichtete) oder gewaltigen Weltraumkraftwerken in Form von sogenannten Dysons-Sphären (…GreWi berichtete) haben die Astrophysiker James Guillochon und Abraham Loeb von der Harvard University in einem vorab auf „ArXiv.org“ veröffentlichten Artikel nun vorgeschlagen, in Planetensystemen um ferne Sterne nach Lichtsignalen zu suchen, die von Lichtsegeln entsprechend angetriebener Raumschiffe unvermeidbar abgegeben werden. Die Autoren selbst beschreiben ihren Ansatz als eine „wichtige neue Strategie für die Suche nach außerirdischer Intelligenz“.
Statt mittels chemisch angetriebener Raketenantriebssysteme könnte eine fortgeschrittene Zivilisation zur Erkundung ihrer interplanetaren Umgebung auch das Prinzip der Sonnen- bzw. Lichtsegel nutzen.
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Während der Druck, der alleine von den Photonen des Sonnenlichts erzeugt werden kann, im Vergleich zu herkömmlichen Raketenantrieben sehr gering ist, könnten entsprechend ausgerüstete Raumschiffe auch durch Mikrowellenstrahlen angetrieben werden, die von der Erde aus auf die Lichtsegel gerichtet werden. Auf diese Weise würde ein solches Raumschiff selbst keinerlei Treibstoffe an Bord benötigen und könnte – bei einem Eigengewicht von einer Tonne – auf 60 Kilometer pro Sekunde beschleunigt werden. Auf diese Weise könnte eine Reise zum Mars auf ein Drittel der bislang mittels konventioneller Antriebe notwendigen Reisedauer reduziert werden.
Während ein solche System mit Konstruktionskosten von 30 Milliarden US-Dollar zunächst sehr kostspielig wäre, wäre der Betrieb mit Missionskosten von jeweils 40 Millionen Dollar vergleichsweise günstig. Zum Vergleich: Die Missionskosten der aktuellen Mars-Mission „Mars Science Laboratory“ (MSL) mit dem Rover „Curiosity“ liegen bei über 2,5 Milliarden US-Dollar.
Sollten also auch fremde Zivilisationen die ökonomischen Vorteile eines solchen Antriebssystems erkannt haben und ihre interplanetare Umgebung mit derartigen „Lichtseglern“ erforschen, müssten – so die Argumentation der Autoren – die energetischen Signaturen dieses Systems von der Erde aus zu identifizieren sein.
Der Grund: Während der vom Planeten aus ausgesendete Mikrowellenstrahl zu Beginn der Reise noch auf das Lichtsegel fokussiert ist, kommt es mit zunehmendem Abstand des Raumschiffs an den Rändern des Lichtsegels zu einem regelrechten Überschwappen der Energie in den Weltraum. Diese überschwappende Energie, so die Forscher weiter, wäre sehr intensiv und würde eine eindeutige Signatur erzeugen, die auch von fernen Planetensystem aus als solche erkennbar wäre (s. Diagramm).
Diagramm des Energieüberflusses eines zum Antrieb eines Lichtsegler genutzten Mikrowellenstrahls am Beispiel der Reise eines solchen Raumschiffs von de Erde zum Mars.
Copyright/Quelle: Guillochon u. Loeb / ArXiv.org
Auch auf die Frage, ob und wie wir derartige Energiesignaturen von der Erde aus entdecken könnten, liefern Guillochon und Loeb ein Antwort: Da der zum Antrieb der Lichtsegler benutzte Strahl relativ schmal wäre, würde er derart konzentriert, dass an Helligkeit das Einemillionenfache der Radioemissionen unserer Sonne erreichen. „Ein solches Antriebssystem um einen fernen Stern sollte also auch von der Erde aus sehr deutlich sichtbar sein.“
Das Problem dieses SETI-Ansatzes liegt allerdings in dem Umstand, dass der beschriebene Strahlungsüberschuss als solcher nur dann von der Erde aus zu beobachten wäre, wenn der Strahl auch direkt Richtung Erde gerichtet wäre – sich der Lichtsegler also genau auf einer Linie zwischen seiner der planetaren Strahlenstation und der Erde befinden müsste. Die Bewegung des Raumschiffes selbst würde zudem eine solche Situation voraussichtlich nur wenige Sekunden lang entstehen lassen.
Da ein solches Signal aufgrund der Tatsache, dass das Segel selbst den zentralen Teil des Strahls auffangen würde und nur der Überfluss an den Rändern markant sichtbar werden würde, jedoch eine sehr charakteristische Signatur besitzen wurde, könnte es wiederum sehr leicht als solches erkannt werden.
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche außerirdische Technologie mittels der heute schon zur Verfügung stehenden Radioteleskope entdeckt werden könnte, beziffern die Wissenschaftler auf 1:100 während einer fünfjährigen Suche pro fernem Sonnensystem.
Während Guillochon und Loeb also für ihre Ausführungen sehr spezifische technische Bedingungen voraussetzen – was wiederum die Wahrscheinlichkeit, dass eine fremde Zivilisation auch genau ein solches System zum Antrieb ihrer Raumschiffe nutzt, deutlich einschränkt – zeigt ihre Studie doch zumindest erneut eine interessante Alternative zur klassischen SETI auf und öffnet neue Denkansätze darüber, wie ferne Intelligenzen – und vielleicht auch wir Menschen selbst – unsere Existenz im Kosmos verraten könnten.
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