Tucson (USA) – Vom Boden aus ist heute nicht mehr zu erkennen, dass das Plateau von Tabasco in Mexico etwas Ungewöhnliches verbirgt. Dies ändert sich, wenn man aus der Luft mit den Laseraugen des LiDAR-Systems sprichwörtlich unter die Vegetation und Oberfläche blickt. Mit dieser Methode und Radiokarbondatierungen haben Archäologen hier nun das größte und älteste Maya-Monument gefunden, das bislang entdeckt wurde. Der Fund wirft ein neues Licht auf die Geschichte, Entwicklung und Fähigkeiten (vielleicht nicht nur) der Maya.
Wie das Team um Takeshi Inomata und Daniela Triadan von der University of Arizona aktuell im Fachjournal „Nature“ (DOI: 10.1038/s41586-020-2343-4) berichtet, ist die nahe der nordwestlichen Grenze von Guatemala gelegene Anlage von Aguada Fénix 1400 Meter lang, 10-15 Meter hoch und umfasst neun breite Dammwege.
Entdeckt wurde die Anlage mit Hilfe der sogenannten LiDAR-Technologie, bei der Laserstrahlen ähnlich einem Radar eingesetzt werden, um Strukturen unter Vegetation und der Oberfläche zu entdecken.
Hintergrund
Mit der „Light Detection And Ranging“-Technologie (LiDAR) wird das zu vermessende Gebiet aus der Luft mit jeweils 25 bis 500 Laserpulsen pro Quadratmeter abgetastet. Aus den Daten kann dann der Bewuchs herausgerechnet werden, wodurch das Geländeprofil darunter hochauflösend in Form geodätischer Aufnahmen zum Vorschein kommt. Anhand dieser Bilder können dann neben geomorphischen Eigenschaften der Landschaft auch beispielsweise archäologische Strukturen herausgelesen werden.
Nachdem sich die Struktur anhand der LiDAR-Daten abzeichnete, grub das Team vor Ort und konnte so 69 gewonnene Proben von Holzkohle mittels des darin enthaltenen Radiokohlenstoffs (C-14) auf zwischen 1.000 und 800 v.Chr. datieren.
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Bis zu den aktuellen Funden galt die Maya-Stätte von Ceibal, die 950 v. Chr. erbaut wurde, das ältestes bestätigtes Kultzentrum der Maya. Hinzu erwies sich die monumentale Anlage von Aguada Fénix als das bislang größte bekannte Monument in der gesamten Maya-Geschichte – übertrifft es doch die Pyramiden und Paläste späterer Perioden bei weitem.
Die Entdeckung markiere eine Zeit großer Veränderungen in Mesoamerika und habe zahlreiche Konsequenzen, erläutert Inomata: „Zum einen glaubten Archäologen bislang, dass sich die Maya-Zivilisation allmählich entwickelte. Man glaubte auch, dass zwischen 1000 und 350 v.Chr. erst kleine Maya-Dörfer auftauchten, eine Periode, die als Mittlere Präklassik bezeichnet wird und von der der Verwendung von Keramik und Maisanbau geprägt wurde.
Zum anderen ähnelt der Ort dem älteren Olmeken-Zentrum von San Lorenzo im Westen im mexikanischen Bundesstaat Veracruz – aber das Fehlen von Steinskulpturen im Zusammenhang mit Herrschern und Eliten wie kolossalen Köpfen und Thronen deutet auf eine geringere soziale Ungleichheit als San Lorenzo hin und unterstreicht so die Bedeutung der kommunalen Arbeit in den frühesten Tagen der Maya.“
Zum Thema
Da es schon immer Debatten darüber gab, ob die Olmeken-Zivilisation zur Entwicklung der Maya-Zivilisation führte oder ob sich die Maya unabhängig entwickelten, konzentrierte sich die aktuelle Studie auf einen Schlüsselbereich zwischen beiden Zivilisationen: „Die Zeit, in der Aguada Fénix gebaut wurde, war eine Machtlücke – nach dem Niedergang von San Lorenzo und vor dem Aufstieg eines weiteren Olmekenzentrums, La Venta. Während dieser Zeit gab es einen Austausch neuer Ideen wie Bau- und Architekturstile zwischen verschiedenen Regionen Südmesoamerikas. Das weitläufige Plateau und die großen Dammwege deuten darauf hin, dass die Anlage für viele Menschen gebaut wurde“, erklärt Inomata.
„In späteren Perioden gab es mächtige Herrscher und Verwaltungssysteme, in denen die Menschen beauftragt wurden, die Arbeit zu erledigen. Diese Anlage ist aber viel älter und wir sehen keine Beweise für die Anwesenheit mächtiger Eliten. Wir denken, dass es mehr ist das Ergebnis der Gemeinschaftsarbeit „, so der Forscher weiter.
Die Tatsache, dass monumentale Gebäude früher existierten als gedacht und zu einer Zeit errichtet und genutzt wurden, als die Maya-Gesellschaft weniger soziale Ungleichheit hatte, lässt Archäologen also auch und gerade den Bauprozess überdenken: „Es ist war nicht nur eine hierarchische soziale Organisation der Elite, die solche Denkmäler ermöglichte. Das hat wichtige Auswirkungen für unser Verständnis der damaligen Fähigkeiten und das Potenzial gesellschaftlicher Gruppen. Möglicherweise benötigten die Menschen damals also doch nicht zwingend eine gut organisierte Regierung, um solche großen Projekte durchzuführen. Menschen konnten auch ohne diese zusammenarbeiten, um erstaunliche Ergebnisse zu erzielen.“
Inomata und sein Team werden auch weiterhin bei Aguada Fénix arbeiten und eine noch umfassendere LiDAR-Analyse des Gebiets durchführen. Dabei sollen zudem Informationen über die umliegenden Orte gesammelt werden, um zu verstehen, wie Olmeken und Maya interagiert haben. Dabei wollen sich die Archäologen auf die Wohngebiete rund um Aguada Fénix konzentrieren: „Wir haben umfangreiche Informationen über den zeremoniellen Aufbau“, sagte Inomata, „aber wir möchten untersuchen, wie die Menschen in dieser Zeit lebten und welche Veränderungen im Lebensstil um diese Zeit stattfanden.“
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Quelle: University of Arizona
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