New Haven (USA) – Laut einer neuen Studie von Yale-Archäologen ist die berühmte Inka-Stätte Machu Picchu aus dem 15. Jahrhundert im Süden Perus bis zu mehrere Jahrzehnte älter als bisher angenommen.
Wie das Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mehrerer US-Institutionen um den Archäologen Richard Burger aktuell im Fachjournal „Antiquity“ (DOI: 10.15184/aqy.2021.99) berichtet, haben sie mittels sog. Beschleuniger-Massenspektrometrie (AMS) und damit einer fortschrittlichen Form der Radiokarbon-Datierung für menschliche Überreste, Proben untersucht, die im frühen 20. Jahrhundert vor Ort entdeckt wurden.
Hintergrund
Die AMS-Technik kann Knochen und Zähne datieren, die selbst nur geringe Mengen an organischem Material enthalten, und erweitert so den Fundus an Überresten, die für die wissenschaftliche Analyse geeignet sind.
Die Ergebnisse zeigen, dass Machu Picchu von etwa 1420 n. Chr. bis 1530 n. Chr. genutzt wurde, und damit ungefähr zur Zeit der spanischen Eroberung endete. Damit wäre die Anlage gut 20 Jahre älter als die bislang historisch akzeptierten Datierungen.
Historische Quellen aus der spanischen Invasion des Inka-Reiches weisen darauf hin, dass der Herrscher Pachacuti 1438 n. Chr. die Macht übernahm und anschließend das untere Urubamba-Tal eroberte, in dem sich Machu Picchu befindet. Basierend auf diesen Aufzeichnungen vermuteten Wissenschaftler bislang, dass die Stätte nach 1440 n.u.Z. erbaut wurde, vielleicht sogar erst 1450 n.u.Z.
Zum Thema
Der AMS-Test zeige, dass die historische Zeitachse ungenau ist, so Burger: „Bisher basierten Schätzungen des Altes von Machu Picchu und der Dauer seiner Benutzung und Besetzung auf widersprüchlichen historischen Berichten, die von Spaniern in der Zeit nach der spanischen Eroberung verfasst wurden. Dies ist die erste, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Studie, die eine Schätzung über die Gründung von Machu Picchu und die Dauer seiner Besetzung liefert und uns ein klareres Bild von den Ursprüngen und der Geschichte des Ortes gibt.“
Der Befund legt nahe, dass Pachacuti, dessen Herrschaft die Inka auf den Weg brachte, das größte und mächtigste Imperium des präkolumbianischen Amerikas zu werden, die Macht erlangte und seine Eroberungen Jahrzehnte früher begann, als die Textquellen angeben. „Das wiederum hat Auswirkungen auf unser Verständnis der Inka-Geschichte, sagt Burger und führt dazu weiter aus: „Die Ergebnisse legen nahe, dass die Diskussion über die Entwicklung des Inka-Reiches, die hauptsächlich auf kolonialen Aufzeichnungen basiert, einer Revision bedarf. Moderne Radiokarbonmethoden bieten eine bessere Grundlage für das Verständnis der Inka-Chronologie als die historischen Aufzeichnungen.“
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Für diese Studie analysierten die Forscher menschliche Proben von 26 Personen, die 1912 bei Ausgrabungen unter der Leitung von Yale-Professor Hiram Bingham III. Die in der Analyse verwendeten Knochen und Zähne gehörten wahrscheinlich den Gefolgsleuten oder Dienern, die dem königlichen Besitz zugeteilt waren, heißt es in der Studie. Die Überreste zeigen kaum Hinweise auf schwere körperliche Arbeit wie Bauarbeiten, was bedeutet, dass sie wahrscheinlich aus der Zeit stammten, als die Stätte als Landpalast fungierte, und nicht aus der Zeit, als sie gebaut wurde.
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Machu Picchu: Inka erbauten Heiligtümer gezielt auf geologischen Verwerfungen 25. September 2019
Recherchequelle: Yale University
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