Ansichten des zahnverzierten Langschädels der „Dame von Tlailotlacan“.
Copyright/Quelle: Aldo Díaz Avelar / INAH
Tlailotlacan (Mexiko) – Bei Ausgrabungen rund um die mittelamerikanischen prähistorischen Stadt Teotihuacan haben Archäologen den Schädel einer Frau entdeckt, der sich nicht nur wegen seiner langgestreckten Form sondern auch aufgrund der mit Steinen verzierten Zähne von anderen Schädelfunden vor Ort unterscheidet.
Anm.GreWi-Red.: In der ursprünglichen Version dieser Meldung konnte der EIndruck entstehen, dass es sich bei Teotihuacan um eine Stadt der Maya handelt. Da dies so nicht korrekt ist, wurden entsprechende Passagen korrigiert.
Wie Jorge Velasco Archer, Veronica Ortega und Dr. Emiliano Melgar vom mexikanischen National Anthropology and History Institute (INAH) berichten, wurde die Frau im rund drei Kilometer vom Zentrum Teotihuacans entfernten Distrikt Barrio Oaxaqueño beerdigt, der von 150 bis 600 bewohnt war und in der Maya-Sprache als Tlailotlacan, also als „Menschen aus fernen Landen“ bezeichnet wurde.
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Blick von der Mondpyramide aus entlang der „Straße der Toten“ auf die Sonnenpyramide von Teotihuacan.
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Das Grab entdeckten die INAH-Archäologen unter dem Boden eines Raumes. Neben dem Skelett befanden sich in dem rechteckigen Grab 19 Keramikgefäße, die darauf schließen lassen, dass die „Dame von Tlailotlacan“ zwischen 350-400 im Alter von 35-40 Jahren verstarb.
Ein auffallendes Merkmal des Schädels sind die oberen Schneidezähne, die mit runden Pyritsteinen verziert wurden. Hierzu wurden in den Zahnschmelz runde Löcher gebohrt und mit den passend zugeschnittenen Steinen gefüllt – eine Technik, die bereits aus verschiedenen Maya-Städten auf Yucatan, Guatemala und Belize bekannt ist. Ein unterer Schneidezahn wurde zudem gänzlich durch ein Implantat aus grünem Serpentin ersetzt. Dieser Zahn, so berichten die Archäologen weiter, wurde nicht vor Ort gefertigt und – darauf deuten Zahnsteinablagerungen hin – von der Frau viele Jahre vor ihrem Tod getragen. Derzeit untersuchen die Wissenschaftler den künstlichen Zahn, um genauer herauszufinden, wie dieser im Kiefer befestigt wurde.
Detailansichten der Zahnimplantate der „Dame von Tlailotlacan“.
Copyright/Quelle: Aldo Díaz Avelar / INAH
Neben den aufwändig verzierten Schneidezähnen weist der Schädel noch ein weiteres besonderes Merkmal auf: In Folge absichtlich herbeigeführten mechanischen Drucks durch Bretter und Binden schon in Kleinkindtagen, wurde ihr Schädel zu einem sogenannten Lang- bzw. Turmschädel gepresst.
Aufgrund der Zähne und des Schädels zählt der Skelettfund zu den am meisten modifizierten Körpern, die bislang im Zusammenhang mit Teotihuacan gefunden wurden.
Gesamtansicht des Grabes.
Copyright/Quelle: Aldo Díaz Avelar / INAH
Für die Forscher bestätigt der Fund darüber hinaus, dass die Bewohner von Tlailotlacan nicht nur „einfacher Handwerker und Arbeiter“ waren, die sich in der nahen Stadt verdingten, sondern dass hier auch wohlhabende und hochrangige Personen lebten. Anhand ihrer Körpermodifikationen zählen die Forscher die „Dame von Tlailotlacan“ zur einstigen Elite der Maya.
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