Meeresmikroben produzieren Sauerstoff auch ohne Sonnenlicht

Symbolbild: Ozean Copyright: Pexels (via Pixabay.com) / Pixabay License
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Odense (Dänemark) – Mittels Fotosynthese erzeugen Pflanzen und Mikroben Sauerstoff. Ohne Licht kein Sauerstoff und damit kein Leben, wie wir es heute kennen auf der Erde. So zumindest dachte man bislang. Jetzt haben dänische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jedoch Mikroben entdeckt, die selbst in den dunklen Tiefen der Ozeane Sauerstoff auch ohne Sonnenlicht erzeugen können.

Sauerstoff ist die wichtigste Bedingung für das Leben auf der Erde, wo dieser hauptsächlich von Pflanzen, Algen und Cyanobakterien mittel Fotosynthese erzeugt wird“, erläutert die Biologin Beate Kraft von der Syddansk Universitet. „Von einigen Mikroben ist indes auch bekannt, dass sie Sauerstoff auch ohne Sonnenlicht erzeugen können. Bislang wurden solche Mikroben allerdings nur in sehr kleinen Mengen und nur in sehr speziellen Lebensräumen entdeckt.“

Wie das Team um Kraft aktuell im Fachjournal Science“ (DOI: 10.1126/science.abe6733) berichtet, haben sie sie in den Weltmeeren extrem häufig vorkommenden Mikrobenart Nitrosopumilus maritimus und mit diesen verwandte Archaeen, sogenannte Ammoniak oxidierende Archaeen (AOA) untersucht, die aufgrund ihres häufigen Vorkommens eine bedeutende Rolle für den irdischen Stickstoff-Kreislauf spielen. Hierzu benötigen sie allerdings Sauerstoff, weshalb es lange Zeit ein wissenschaftliches Rätsel war, warum und wie diese Mikroben auch in Meeresregionen und -Tiefen so häufig vorkommen, in denen es eigentlich aufgrund des Lichtmangels keinen Sauerstoff geben sollte. „Bislang dachten wir, dass sich diese Mikroben in diesen Teilen der Ozeane lediglich aufhalten ohne hier eine Funktion zu erfüllen. Wir haben uns gefragt, was sie da überhaupt suchen und tun.“

Hintergrund: Der Stickstoff-Kreislauf
Stickstoff wird aus Felsen ausgewaschen und gelangt so als Ammonium in die Meere. Nitrosopumilus maritimus und verwandte Mikroben oxidieren dieses nun zu Nitrit, während andere Mikroben Nitrit zu gasförmigem Stickstoff umwandeln und sich so der Kreislauf schließt.

„Tatsächlich sind besagte Mikroben derart häufig, dass jede fünfte Zelle in einem Eimer voll Meerwasser von diesen Mikroben stammt“, erläutert der Co-Autor der Studie Don Canfield. „Wir haben uns also gefragt, ob diese Mikroben auch in sauerstoffarmen Gewässern eine Rolle spielen können.“

Die Ergebnisse der Untersuchungen im Labor zeigen, dass die Mikroben auch ohne Sauerstoff überleben: „Wir konnten beobachten, wie die Mikroben zunächst die letzten Sauerstoffanteile im Wasser aufbrauchten, um dann etwas Überraschendes zu machen“ berichten Kraft und Canfield in der Pressemitteilung der Universität. „Zu unserer Überraschung stieg das Sauerstoffniveau im Wasser innerhalb von Minuten wieder an. Das war wirklich erstaunlich.“

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Wie sich zeigte, ist Nitrosopumilus maritimus in der Lage, Sauerstoff auch in absolut dunkler Umgebung zu erzeugen. „Es ist nicht viel – zu wenig sogar, um das irdische Sauerstofflevel zu beeinflussen. Aber es ist genug, damit sich die Mikroben selbst am Leben erhalten können. Wenn sie auch nur ein klein wenig mehr produzieren, als sie selbst benötigen, wird dieser Sauerstoff auch von anderen Organismen in ihrer Umgebung aufgenommen, genutzt und aufgebraucht, sodass dieser Sauerstoff die Ozeane nie verlässt.

Dass diese extrem zahlreichen und sauerstoffproduzierenden Mikroben den irdischen Stickstoffkreislauf in Gang halten, war bereits bekannt – die nun aufgezeigten, darüber hinausreichenden Fähigkeiten aber bislang nicht.

Nitrosopumilus maritimus verbindet die Sauerstoffproduktion mit der Produktion von gasförmigem Stickstoff. Auf diese Weise entfernen sie biologisch verfügbaren Stickstoff aus der Umgebung“, erläutern die Forschenden. „Sollte dieser Lebensstil in den Ozeanen weit verbreitet sein, so müssen wir unser bisheriges Bild vom marinen Stickstoffkreislauf grundsätzlich überdenken.“

In nächsten Schritten wollen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen das Phänomen auch anhand von weltweiten Wasserproben untersuchen. Bislang konzentrierten sich die Analysen lediglich auf Proben aus dem dänischen Mariager Fjord.

(Anm. GreWi: Die Beobachtung dürfte sicherlich auch aus astrobiologischer Sicht interessant sein, wenn es um die Frage nach möglichem Leben in den unter kilometerdicken Eisschichten verborgenen Ozeanen einiger Saturn- und Jupitermonde oder auf eisigen Welten im äußeren Sonnensystem geht.)




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Recherchequelle: SyddanskUniversitet

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