Neue Rezepte für den Ursprung des Lebens könnten den Weg zu fernen, bewohnten Planeten aufzeigen

Symbolbild: Sternenwiege in der Kleinen Magellanschen Wolke Copyright: NASA, ESA, and the Hubble Heritage Team (STScI/AURA) - ESA/Hubble Collaboration
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Symbolbild: Sternenwiege in der Kleinen Magellanschen WolkeCopyright: NASA, ESA, and the Hubble Heritage Team (STScI/AURA) - ESA/Hubble Collaboration

Symbolbild: Sternenwiege in der Kleinen Magellanschen Wolke
Copyright: NASA, ESA, and the Hubble Heritage Team (STScI/AURA) – ESA/Hubble Collaboration

Madison (USA) – Leben auf anderen Planeten könnte ganz anders aussehen und Funktionieren als das uns bekannte Leben auf der Erde. Sollte es sich aber um Leben nach der uns bekannten chemischen Definition handeln, so gibt nur eine bestimmte Anzahl chemischer Zutaten des Universums und ebenfalls nur eine bestimmte Anzahl von Möglichkeiten, sie zu den Zutaten des Lebens zu mischen. Eine neue Studie hat nun die unterschiedlichen möglichen Arten solcher Reaktionen und Bedingungen, wie sie für eine selbsttragende Wiederholung chemischer Reaktionen erforderlich sind – sogenannte Autokatalyse – beschrieben und damit eingegrenzt. Die Erkenntnisse könnten bei der Suche nach Leben auf anderen Planeten helfen.

Wie das Team um die Astrobiologie-Professorin Betül Kaçar und Zhen Peng von der University of Wisconsin-Madison aktuell im Fachjournal „American Chemical Society“ (DOI: 10.1021/jacs.3c07041) berichtet, haben sie die chemischen Grenzen genutzt, um sozusagen ein „Kochbuch“ mit Hunderten von chemischen Rezepten zu erstellen, die das Potenzial haben, Leben entstehen zu lassen.

Die dazugehörigen „Zutatenliste“ könnte die Suche nach Leben im Universum lenken, indem sie die wahrscheinlichsten Bedingungen – planetarische Versionen von Mischtechniken, Backofentemperaturen und Backzeiten – für das Zusammenkommen dieser „Rezepte“ aufzeigt.

Der Prozess, von grundlegenden chemischen Zutaten zu den komplexen Zyklen des Zellstoffwechsels und der Fortpflanzung, die das Leben definieren, erfordert nicht nur einen einfachen Anfang, sondern auch stetige Wiederholung, erläutern die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen: „Der Ursprung des Lebens ist wirklich ein Prozess des Etwas-aus-dem-Nichts“, sagt Kaçar. „Aber das kann nicht nur einmal passieren. Das Leben kommt auf die Chemie und Bedingungen an, die ein selbstreproduzierendes Muster von Reaktionen erzeugen können.“

In ihrer Studie haben Peng, Kaçar und Kollegen 270 Kombinationen von Molekülen zusammengestellt – unter Beteiligung von Atomen aus allen Gruppen und Serien des Periodensystems – mit dem Potenzial für nachhaltige Autokatalyse. „Zuvor wurde angenommen, dass solche Reaktionen sehr selten sind“, sagt Kaçar. „Wir zeigen, dass sie eigentlich alles andere als selten sind. Man muß nur am richtigen Ort suchen.“

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Die Forschenden konzentrierten ihre Suche auf sogenannte Comproportionationsreaktionen. In diesen Reaktionen kombinieren sich zwei Verbindungen, die dasselbe Element mit unterschiedlicher Anzahl von Elektronen oder reaktiven Zuständen enthalten, um eine neue Verbindung zu erzeugen, in der sich das Element in der Mitte der ursprünglichen reaktiven Zustände befindet.

Um autokatalytisch zu sein, muss das Ergebnis der Reaktion auch Ausgangsmaterial für die erneute Durchführung der Reaktion liefern, so dass der Output zu einem neuen Input wird, sagt Zach Adam, Mitautor der Studie und Geowissenschaftler der UW-Madison, der die Ursprünge des Lebens auf der Erde untersucht. Comproportionationsreaktionen führen zu mehrfachen Kopien einiger der beteiligten Moleküle, die Material für die nächsten Schritte in der Autokatalyse liefern.

„Wenn diese Bedingungen stimmen, können Sie mit relativ wenigen dieser Ausgaben beginnen“, sagt Adam. „Jedes Mal, wenn Sie eine Runde im Zyklus drehen, spucken Sie mindestens eine zusätzliche Ausgabe aus, die die Reaktion beschleunigt und sie noch schneller geschehen lässt.“

Die Autokatalyse ist wie eine wachsende Population von Kaninchen. Paare von Kaninchen kommen zusammen, produzieren Würfe neuer Kaninchen, und dann wachsen die neuen Kaninchen auf, um sich selbst zu paaren und noch mehr Kaninchen zu machen. Es braucht nicht viele Kaninchen, um bald sehr viel mehr Kaninchen zu haben.

„Bei der Suche nach außerirdischem Leben ist es aber wahrscheinlich keine zielführende Strategie, nach hängenden Kaninchenohren und flauschigen Pummelschwänzchen im Universum zu suchen“, kommentiert die Professorin. Stattdessen hofft das Team, dass Chemiker Ideen aus der Rezeptliste der neuen Studie ziehen und sie in Töpfen und Pfannen testen, die extraterrestrische Küchen simulieren. „Wir werden nie definitiv wissen, was genau auf diesem Planeten passiert ist, um Leben zu erzeugen. Wir haben keine Zeitmaschine. Aber im Reagenzglas können wir mehrere planetare Bedingungen schaffen, um zu verstehen, wie die Dynamik zur Aufrechterhaltung des Lebens überhaupt entstehen kann.“

Kaçar leitet ein von der NASA unterstütztes Konsortium namens „MUSE“ (Metal Utilization & Selection Across Eons). Ihr Labor wird sich auf Reaktionen mit den Elementen Molybdän und Eisen konzentrieren, und sie ist gespannt darauf, zu sehen, was andere aus den exotischsten und ungewöhnlichsten Teilen des neuen „Kochbuchs des Lebens“ zubereiten.




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Recherchequelle: University of of Wisconsin-Madison

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