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Neue Studien beleuchten Vermischung von Neandertalern und modernen Menschen

Künstlerische Darstellung der Gruppe aus Zlatý kůň/Ranis. Vor etwa 45.000 Jahren zogen Menschen aus Ranis in Thüringen und aus Zlatý kůň in Tschechien vermutlich gemeinsam durch die offenen Steppenlandschaften Europas.Copyright/Quelle: Tom Björklund für Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie
Künstlerische Darstellung der Gruppe aus Zlatý kůň/Ranis. Vor etwa 45.000 Jahren zogen Menschen aus Ranis in Thüringen und aus Zlatý kůň in Tschechien vermutlich gemeinsam durch die offenen Steppenlandschaften Europas.
Copyright/Quelle: Tom Björklund für Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie

Leipzig (Deutschland) – Zwei neue Studien liefern faszinierende Einblicke in die frühesten modernen Menschen Europas und die zeitliche Einordnung ihrer genetischen Vermischung mit Neandertalern. Die Forschung offenbart neue Details über die Ankunft des modernen Menschen in Eurasien und zeigt, wie die genetischen Spuren der Neandertaler unser Erbgut beeinflussten.

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Älteste Genome moderner Menschen entschlüsselt

Ein internationales Team um Arev Pelin Sümer vom Leipziger Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie konnte die bislang ältesten Genome moderner Menschen sequenzieren. Die analysierten DNA-Proben stammen von Menschen, die vor etwa 42.000 bis 49.000 Jahren lebten und in den Fundstätten Zlatý kůň (Tschechische Republik) und Ranis (Thüringen) entdeckt wurden.

Wie die Forschenden aktuell im Fachjournal „Nature“ (DOI: 10.1038/s41586-024-08420-x), berichten, gehörten diese Menschen zu einer kleinen, isolierten Population, die kurz nach der Abspaltung von afrikanischen Vorfahren entstand, als diese den Kontinent verließen und die nicht zu heutigen Populationen beitrug.

Besonders aufschlussreich war die genetische Verwandtschaft zwischen einer aus Zlatý kůň und Individuen aus Ranis. Laut der Studienerstautorin Arev Pelin Sümer handelt es sich um Verwandte fünften oder sechsten Grades, was nahelegt, dass diese Population Werkzeuge der sogenannten Lincombian-Ranisian-Jerzmanovician-(LRJ)-Kultur herstellte. Erstmals konnte auch ein qualitativ hochwertiges Genom eines männlichen Individuums aus Ranis erstellt werden. Interessanterweise trugen die untersuchten Individuen genetische Merkmale wie dunkle Haut, Haare und braune Augen, was ihren jüngeren afrikanischen Ursprung widerspiegelt.

Künstlerische Darstellung der Frau aus Zlatý kůň, die zur gleichen Population gehörte wie die Individuen von Ranis.Copyright/Quelle: Tom Björklund für Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie
Künstlerische Darstellung der Frau aus Zlatý kůň, die zur gleichen Population gehörte wie die Individuen von Ranis.
Copyright/Quelle: Tom Björklund für Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie

Die Forscher schätzen, dass die Population von Zlatý kůň und Ranis nur einige Hundert Individuen umfasste, die über mehrere Generationen hinweg existierten. Trotz der zeitlichen Überschneidung mit den Neandertalern fanden sie in dieser Gruppe keine Hinweise auf eine Vermischung. Stattdessen gehen die Neandertaler-DNA-Anteile auf ein einziges, früheres Ereignis zurück, das vor etwa 45.000 bis 49.000 Jahren stattfand. Mitautor Kay Prüfer vermutet, dass der Lebensraum dieser Population weniger mit dem der Neandertaler überlappte.

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Neuer zeitlicher Rahmen für die Neandertaler-Vermischung

Parallel dazu untersuchte ein weiteres Forschungsteam um Leonardo Iasi und Dr. Benjamin Peter, ebenfalls vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen um Dr. Priya Moorjani der University of California, Berkeley, die Genome von rund 300 frühen und heutigen Menschen. Die im Fachjournal „Science“ (DOI: 10.1126/science.adq3010 https://www.science.org/doi/10.1126/science.adq3010) veröffentlichten Ergebnisse, zeigen, dass die Vermischung zwischen Neandertalern und modernen Menschen vor etwa 47.000 Jahren begann und rund 7.000 Jahre andauerte. Diese Zeitachse deckt sich mit archäologischen Funden, die auf eine zeitliche Überschneidung der beiden Spezies hinweisen.

Demnach war die genetische Diversifizierung der modernen Menschen außerhalb Afrikas bereits während oder kurz nach dem Genfluss in vollem Gange. Ein früherer Zeitpunkt der Ausbreitung nach Eurasien, bereits vor etwa 43.500 Jahren, erscheine also plausibel.

Die Forschenden identifizierten Genabschnitte mit Neandertaler-Abstammung bei mehr als 300 Individuen. Sie ermittelten gemeinsame Abschnitte, schlossen auf Genfluss, untersuchten Variationen und identifizierten Kandidaten für positive und negative Selektion.Copyright/Quelle: Leonardo Iasi et al., Science (2024)
Die Forschenden identifizierten Genabschnitte mit Neandertaler-Abstammung bei mehr als 300 Individuen. Sie ermittelten gemeinsame Abschnitte, schlossen auf Genfluss, untersuchten Variationen und identifizierten Kandidaten für positive und negative Selektion.
Copyright/Quelle: Leonardo Iasi et al., Science (2024)

Die Forschenden identifizierten zudem Neandertaler-Genvarianten, die dem frühen modernen Menschen bei der Anpassung an neue Lebensräume geholfen haben könnten. Hierzu zählen Gene, die mit der Immunfunktion, Hautpigmentierung und dem Stoffwechsel in Verbindung stehen. Auffällig ist jedoch, dass bestimmte, möglicherweise schädliche Neandertaler-Varianten durch evolutionäre Prozesse schnell eliminiert wurden. Solche Genom-Bereiche fehlen auch in den ältesten Genomen moderner Menschen, die zwischen 30.000 und 45.000 Jahre alt sind.

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Neue Erkenntnisse zur frühen Menschheitsgeschichte

Beide Studien liefern wertvolle Erkenntnisse über die erste Besiedlung Europas durch moderne Menschen und die genetische Prägung durch Neandertaler. Laut Johannes Krause vom Max-Planck-Institut zeigt die Forschung, dass alle heute lebenden Menschen außerhalb Afrikas von einer gemeinsamen Vorfahrenpopulation abstammen, die sich vor etwa 45.000 bis 49.000 Jahren mit Neandertalern vermischte. Die untersuchten Individuen aus Zlatý kůň und Ranis, die zur frühesten Abspaltung gehörten, stehen hingegen genetisch isoliert.

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Die Ergebnisse verdeutlichen, wie alte Genome dazu beitragen, entscheidende Fragen zur frühen Menschheitsgeschichte zu klären und die komplexen Interaktionen zwischen modernen Menschen und Neandertalern besser zu verstehen. Weitere Analysen könnten in Zukunft neue Details über die frühe Ausbreitung des modernen Menschen in Eurasien und anderen Regionen liefern.

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Recherchequelle: Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie

© grenzwissenschaft-aktuell.de

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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