Archiv: Illustration eines Kugelblitzes im Innern eines Raumes aus dem 19. Jahrhundert.
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Zhejiang (China) – Der sogenannte Kugelblitz galt Wissenschaftlern lange Zeit als Märchen und Hirngespinst und gilt selbst heute noch als eines der letzten großen Rätsel der modernen Meteorologie. Immer wieder versuchen Forscher das Phänomen der buchstäblichen Energiekugeln zu erklären. Einen neuen Ansatz für die immer wieder beschriebenen sonderbaren Eigenschaften und das Verhalten von Kugelblitzen liefert jetzt ein chinesischer Wissenschaftler.
In seinem im Nature-Fachjournal „Scientific Reports“ (DOI: 10.1038/srep28263) veröffentlichten Artikel erklärt H.-C. Wu von der Zhejiang-Universität dieses Verhalten und die beschriebenen Eigenschaften durch die von ihm postulierte Eigenschaft von Kugelblitzen als sogenannte „Mikrowellen-Blasen“, die durch Strahlung gebildet werden, wie sie von und während Gewitterstürmen erzeugt werden.
Abbildung „(a)“ zeigt Wus Mikrowellen-Blasen-Modell. „(b)“ illustriert die Entstehung beschleunigter relatvistischer Elektronenbündel. Grafik „(c)“ zeigt die Übergangsstrahlung des Elektronenbündels (CTR) bein Einschlag in die Erde oder beim Durchdringen einer Flugzeughaut (γ entspricht hier dem relativistischen Faktor von Elektronen).
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Laut Wu entstehen die hierzu notwendigen Mikrowellen durch Elektronen, die unmittelbar vor dem eigentlich sichtbaren Lichtblitz auf annähernde Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden, wenn ein Blitz stufenweise von der Wolke in die Erde einschlägt. „An der Spitze des Blitzes kann auf diese Weise ein relativistisches Elektronenbündel entstehen, dass selbst unmittelbar intensive Mikrowellenstrahlung abgibt.“ Seine Theorie hat Wu durch eine Reihe von Partikelsimulationen gestützt.
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Unabhängig von ihrer Quelle, erzeugen atmosphärische Mikrowellen Plasma durch die Aufladung der sie umgebenden Luft. Diese Strahlung übe dann genügend Druck aus, um das Plasma nach außen zu drücken und zu einer Blase zu formen – die wir dann als Kugelblitz sehen, so der Forscher und führt weiter aus: „Mikrowellen, die im Innern einer solchen Blase gefangen sind, erzeugen weiterhin Plasma und sind so in der Lage, die Blase für eine gewisse, kurze Zeit aufrecht zu erhalten.
Der Kugelblitz löst sich dann wieder auf, wenn sich die in dieser Blase gehaltene Strahlung abschwächt. Bricht die Blase auf, können Mikrowellen entweichen und dazu führen, dass sich der Kugelblitz in einer Explosion auflöst.“
Laut Wu könnte das Vorhandensein von Mikrowellen und Plasma als Komponenten eines Kugelblitzes zahlreiche der von Zeugen beschriebenen Eigenschaften erklären: So können Mikrowellen tatsächlich Glasscheiben durchdringen. Mikrowellen sind zudem dafür bekannt, hörbare Geräusche zu erzeugen, wenn sie auf das menschliche Innenohr treffen und das von ihnen erzeugte Plasma ist wiederum dafür bekannt, mittels atmosphärischem Sauerstoff einen beißenden Ozongeruch zu erzeugen.
Auch der Umstand, dass Kugelblitze schon im Innern von Räumen und sogar Flugzeugen beobachtet wurden, wird durch Wus Theorie erstmals ansatzweise nachvollziehbar erklärt: „Da Elektronen im Vergleich zu Atomen relativ klein sind, können sie auch durch die Metallwände von Flugzeugen dringen, nachdem sie zuvor außerhalb des Flugzeugs auf die beschriebene Weise beschleunigt wurden. Die Mikrowellen, die dann abgegeben werden können auch hier dann eine Kugel formen.
Die Partikelsimulation zeigt, wie die „gefangenen“ Mikrowellen eine Blase bilden.
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Der Elektronen-Mikrowelen-Plasma-Theorie erklärt schlussendlich auch die Größe von Kugelblitzen, da die Länge des von Wu beschriebenen, beschleunigten Elektronenbündels mit dem typischerweise von Zeugen beschriebenen Durchmesser von 20 bis 50 Zentimetern und so auch der Größe der in Wus Simulationen erzeugten Mikrowellenblasen übereinstimmen.
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