Neuentdeckte Erdwerke und Geoglyphen zeigen: Amazonas war auch abseits der Flüsse vor Columbus besiedelt

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Luftbild und LIDA-Geländemodell der geometrischen Erdwallanlagen von Jacó Sá und
Fonte Boa.
Copyright: Iriarte, de Souza et al. / University of Exeter

Exeter (Großbritannien) – Britische Archäologen haben im brasilianischen Amazonas-Urwald auch abseits der großen Flussläufe und Küsten hunderte bislang unbekannter Erdwerke und Geoglyphen, also Bodenbilder, entdeckt. Die Entdeckung zeigt, dass diese Gebiete, die bislang als zuvor unberührt galten, schon lange vor der Ankunft der Europäer besiedelt waren.

Wie das Team um Prof. José Iriarte und Dr. Jonas Gregorio de Souza von der University of Exeter aktuell im Fachjournal „Nature Communications“ (DOI: 10.1038/s41467-018-03510-7) berichtet, sind selbst heute noch große Teile des Amazonas unerforscht, besonders jene Gebiete, die abseits der großen Flüsse gelegen und deshalb auch nur schwer zu erreichen sind. Lange Zeit hatten Wissenschaftler deshalb auch vermutet, dass auch die frühen Gemeinschaften eher die flussnahen Gebiete für ihre Siedlungen, Dörfer und frühen Städte bevorzugt hatten. „Unsere neuen Ergebnisse zeigen nun, dass dies aber nicht der Fall war.“

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Laut den Forschern schließt die Entdeckung im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso eine große Lücke im Wissen um die Geschichte der menschlichen Besiedlung des Amazonas und liefert weitere Beweise dafür, dass der Regenwald in diesen Regionen, der lange Zeit als von menschlichen Siedlungen und Landwirtschaft unberührt galt – in Wirklichkeit sogar starkem Wandel und Beeinflussung durch die hier lebenden Menschen unterworfen war.

Während die Wissenschaftler selbst noch über den Zweck der oft geometrischen Anlagen rätseln und in einigen dieser Bauwerke auch keinerlei Hinweise dafür gefunden wurden, dass diese zweifellos menschengemachten Strukturen in irgendeiner Form auch „benutzt“ wurden, vermuten sie nicht zuletzt aus diesem Grund, dass die Bauwerke rein zeremoniell-rituelle Bedeutung hatten.

Zu den Entdeckungen gehört ein rund 1.800 Kilometer langer Streifen im südlichen Amazonas, der offenbar fortwährend von 1250 bis 1500 Menschen, die in befestigten Dörfern lebten, besiedelt wurde. Die Wissenschaftler schätzen, dass es insgesamt zwischen 1.000 und 1.500 derartig befestigter Dörfer in der Region gibt, die teilweise noch nicht entdeckt wurden. Auf einer Fläche von 400.000 Quadratkilometern vermuten die Wissenschaftler bis zu 1.300 Geoglyphen mit nahegelegenen Dörfern, die mit den Bodenbildern durch ein Netzwerk von Wegen und sogar komplex erbauten Straßen verbunden sind. Angelegt wurden die Strukturen vermutlich während der jahreszeitlich bedingten Dürren.


Weitere Ansichten der entdeckten, durch Wege und Straßen verbundenen Erdwerke.Copyright: Iriarte, de Souza et al. / University of Exeter / Google, DigitalGlobe

„Lange Zeit hielt sich das Bild vom Amazonas als unberührte Landschaft, die höchsten von einigen wenigen, verteilt lebenden nomadischen Gruppen bewohnt wurde. Diese Vorstellung ist aber falsch“, erklärt de Souza. „Wir haben entdeckt, dass einige dieser Populationen fernab der großen Flüsse lebten und deutlich größer waren, als bislang gedacht. Diese Menschen beeinflussten ihren Lebensraum durch Rodungen, Landwirtschaft und ihre Bauwerke, deren Spuren wir heute noch finden können.“

„Da der Amazonas eine Schlüsselfunktion für das Erdklima einnimmt, ist es besonders wichtig, seine Geschichte genau zu kennen, um zukünftige Entscheidungen richtig treffen zu können“, kommentiert Prof. Iriarte die Entdeckung abschließend. „Der Großteil des Amazonas ist bislang archäologisch. Noch nicht erschlossen, aber Studien wie diese zeigen, dass es noch eine Vielzahl von Entdeckungen zu machen gilt, die uns weitere Informationen über den größten Regenwald auf unserem Planeten liefern. (…) Wir müssen unser bisheriges Wissen über die Geschichte des Amazonas völlig revidieren. Diese Region wurde eben nicht nur entlang der Flüsse bewohnt und die Menschen haben schon immer ihre Umgebung und Umwelt durch die Veränderung der Landschaft beeinflusst. Alleine in den von uns aktuell untersuchten Gegenden lebten vermutlich mehrere zehntausend Menschen.“

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