Neuer SETI-Ansatz: Der Mond als Falle für außerirdisches Leben und dessen Artefakte

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Cambridge (USA) – Während Astronomen bei der “Suche nach außerirdischer Intelligenz” (SETI) hauptsächlich nach Radio- und Lichtsignalen aus dem fernen All Ausschau halten, könnten die Beweise nicht nur für außerirdisches Leben und Intelligenz, sondern auch für technologisch fortgeschrittene außerirdischer Zivilisationen uns sehr viel näher sein. Laut einem aktuellen Fachartikel zweier Astrophysiker stellt unser Erdenmond eine natürliche ideale Falle für Spuren außerirdischen Lebens und möglichen Artefakten dar.
Wie Prof. Abraham (Avi) Loeb und Manasvi Lingam von der Harvard University aktuell vorab via ArXiv.org berichten, könnten derartige Spuren und Artefakte dabei nicht nur aus unserem Sonnensystem, sondern auch aus gänzlich fernen Planetensystemen stammen.
Wie die Astronomen erläutern, könnte die Mondoberfläche wie ein Fischernetz, eine Falle, für interstellare Objekte wirken, die über die Jahrmillionen auf sie niedergegangen sein könnten und diese bis heute bewahrt haben.
„Der Mangel einer Atmosphäre garantiert, dass solche Objekte die Mondoberfläche erreichen, ohne zuvor schon zu verglühen“, erläutert Loeb in einem aktuellen Blog-Artikel für das „Scientific American“-Magazin und führt dazu weiter aus: „Zudem legt die geologische Inaktivität des Mondes nahe, dass derartige Objekte unmittelbar auf und in der Mondoberfläche erhalten bleiben, ohne in das tiefere Innere des Mondes transportiert zu werden. Der Mond könnte also als eine Art natürlicher Briefkasten für sämtliche Objekte fungieren, die in den vergangenen Jahrmillionen und -milliarden auf die Mondoberfläche gelangt sind.“
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Während die meisten dieser „Postsendungen“ aus unserem Sonnensystem selbst stammen, könnten aber auch Objekte von außerhalb des Sonnensystems auf den Mond gelangt sein – angefangen von Staubpartikeln bis hin zu größeren Objekten wie Asteroiden und Kometen. Der Nachweis von Objekten interstellarer Herkunft, die unser Sonnensystem durchfliegen 2017 und 2019 (…GreWi berichtete) zeigt, das solche Besucher sogar häufiger vorkommen als zuvor gedacht.
Sollten derartige Objekt auf dem Mond einschlagen und dann auch noch Bausteine außerirdischen Lebens mit sich geführt haben, so sollte es – eine Entdeckung dieses Materials vorausgesetzt – auch möglich sein, diese anhand von Biomarkern in Mondproben zu identifizieren, so die Autoren: „Wenn sich in Trümmern, die aus der lebensfreundlichen Zone eines fernen Sterns stammen, Biomarker fänden, so könnte uns dies eine ganze Menge über die Natur außerirdischen Lebens verraten. Allerdings stellt sich auch hier natürlich die grundlegende Frage, ob derart fremdes Leben auch den biochemischen Strukturen gleicht, die wir von der Erde kennen. Würden wir aber zumindest Ähnlichkeiten mit dem irdischen Leben vorfinden, so würde dies nahelegen, dass es eine Art einzigartigen Weg des Lebens überall im Universum gibt und, dass das Leben zwischen verschiedenen Planetensystemen ausgetauscht werden kann.“
Auf jeden Fall könnte eine umfangreiche Untersuchung der Mondoberfläche – so erfolgreich – extrem langwährende Raumfahrtmissionen in andere Sternensystemen auf der Suche nach dortigem Leben überflüssig machen. Immerhin bräuchte eine Mission mit bislang uns Menschen technologisch unmöglicher maximaler Geschwindigkeit, der Lichtgeschwindigkeit, selbst schon mindestens neun Jahre, um das uns am nächsten gelegene Sternensystem Alpha Centauri zu erreichen und Proben von dort wieder zurück zur Erde zu bringen. Mit Hilfe konventioneller Treibstoffraketen würde eine solche Mission rund 100.000 Jahre dauern. „Stattdessen wäre eine Suche auf der Mondoberfläche nach physischen Beweisen für außerirdisches Leben auf der Mondoberfläche sehr viel einfacher.“
Anhand jüngster Berechnungen über den potentiellen Zustrom interstellarer Objekte ins Sonnensystem und deren mögliche Ab- und Einlagerung auf der Mondoberfläche, wie sie Loeb gemeinsam mit seinem Studenten ebenfalls vorab via ArXiv.org veröffentlicht hat, gehen die Wissenschaftler sogar von 30 Anteilen interstellaren Materials pro einer Million Teile Mondoberflächenmaterial aus. Der Anteil extrasolaren organischen Materials könnte dementsprechend bei einigen wenigen Anteilen pro 10 Millionen liegen. Aminosäuren, die Bausteine zumindest des irdischen Lebens, könnten immerhin noch in wenigen Teilen pro 100 Milliarden Anteilen Mondboden vorkommen.
Um diese zu finden, könnte zunächst der Mondboden, sog. Regolith, mittels schon heute gängiger Spektroskopie analysiert, darin potentiell befindliche Teile als von extrasolarer Herkunft erkannt und dann weiterführend nach Biosignaturen untersucht werden. Tatsächlich könnte eine extrasolare Herkunft entsprechenden Materials anhand von Isotopenanalysen von Stickstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff mit heutigen Methoden bestimmt werden.
Als noch faszinierender wie der Nachweis von Biosignaturen vergangenen außerirdischen Lebens beschreibt Loeb zudem die Vorstellung der Entdeckung handfester Fossilien außerirdischen Lebens oder gar von Artefakten und technologischer Ausrüstung, die bereits vor Jahrmillionen auf die Mondoberfläche gelangten.
Natürlich gesteht auch Loeb ein, dass all dies bislang nur ein theoretisches Gedankenspiel sei, gibt zugleich aber abschließend zu bedenken, dass wir so lange nicht wissen, ob wir „interstellare Post“ erhalten haben, bis wir in unserem „Briefkasten“ nicht auch danach suchen: „Die Möglichkeit, auf dem Mond Spuren von außerirdischem Leben zu finden, liefert einen weiteren, neuen wissenschaftlichen Anreiz für eine dauerhafte Mondbasis. (…) Schon hier droben könnte auf uns die Antwort auf die Frage warten, ob es da draußen noch etwas oder jemand anderes auf uns wartet.“
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Quelle: Scientific American, ArXiv
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