Neuer Wasserkreislauf auf dem Mars entdeckt
Moskau (Russland) – Während der Mars einst – vergleichbar mit unserer Erde – ein wasserreicher Planet war, ist er heute oberflächlich betrachtet trocken. Wie der Mars seine einst reichen Wasservorräte verloren haben könnte beschreiben russische und deutsche Planetenwissenschaftler nun anhand ihrer Entdeckung eines einzigartigen Wasserkreislaufs auf dem Roten Planeten.
„Etwa alle zwei Erdenjahre, wenn auf der Südhalbkugel des Mars Sommer herrscht, öffnet sich eine Art Fenster“, beschreiben die Forscher um Dmitry Shaposhnikov vom Moskauer Instituts für Physik und Technologie gemeinsam mit Kollegen um Paul Hartogh vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung im Fachjournal „Geophysical Research Letters“ (DOI: 10.1029/2019GL082839) und erläutern dazu weiter: „Nur dort und nur zu dieser Jahreszeit kann Wasserdampf effizient aus der unteren Atmosphäre in die obere aufsteigen. Dort tragen Winde das seltene Gas bis zum Nordpol. Während ein Teil des Wasserdampfes zerfällt und ins All entweicht, sinkt der Rest in Polnähe zurück nach unten.“
In Computersimulationen zeigen die Planetenwissenschaftler, wie Wasserdampf die Barriere aus kalter Luft in der mittleren Atmosphäre des Mars überwindet und höhere Luftschichten erreicht. Zugleich könnten die Modelle helfen zu verstehen, warum der einst wasserreiche Mars – anders als die Erde – den Großteil seines Wassers verloren hat.
Hintergrund
Vor Milliarden von Jahren war der Mars ein wasserreicher Planet, auf dem es Flüsse und sogar einen Ozean gab. Seitdem hat sich unser Nachbarplanet stark verändert: Heute existieren im Boden nur geringe Mengen gefrorenen Wassers; in der Atmosphäre kommt Wasserdampf nur in Spuren vor. Mindestens 80 Prozent seiner ursprünglichen Wasservorräte dürfte der Mars verloren haben. In der oberen Atmosphäre spaltete ultraviolette Strahlung von der Sonne Wassermoleküle in Wasserstoff (H) und Hydroxilradikale (OH) auf. Der Wasserstoff entwich von dort unwiederbringlich ins All.
Quelle: MPS
Messungen von Raumsonden und Weltraumteleskopen zeigen allerdings, dass noch immer Wasser auf diesem Wege verloren geht. Wie dies jedoch überhaupt möglich ist, darüber grübeln Wissenschaftler bis heute. Das Problem: Die mittlere Atmosphärenschicht des Mars müsste – ebenso wie die Tropopause der Erde – das aufsteigende Gas eigentlich aufhalten. Schließlich ist diese Region in der Regel so kalt, dass dort Wasserdampf gefrieren müsste. Wie erreicht der Wasserdampf dennoch die oberen Luftschichten?
In ihren aktuellen Simulationen fanden die russischen und deutschen Forscher einen bisher unbekannten Mechanismus, der an eine Art Pumpe erinnere: „Das Modell beschreibt umfassend die Strömungen in der gesamten Gashülle, die den Mars umgibt: von der Oberfläche bis zu einer Höhe von 160 Kilometern. Die Rechnungen zeigen, dass die normalerweise eiskalte mittlere Atmosphäre zweimal am Tag durchlässig wird für Wasserdampf – aber nur an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Jahreszeit.“
Eine entscheidende Rolle spiele dabei die Umlaufbahn des Mars: „Sein etwa zwei Erdenjahre währender Weg um die Sonne ist deutlich elliptischer als der unseres Planeten. Am sonnennächsten Punkt (der in etwa mit dem Sommer der Südhalbkugel zusammenfällt) trennen den Mars etwa 42 Millionen Kilometer weniger von der Sonne als im sonnenfernsten. Der Sommer auf der Südhalbkugel ist deshalb merklich wärmer als jener auf der nördlichen Hemisphäre.“
Herrscht auf der Südhalbkugel also Sommer, kann dort lokal Wasserdampf zu bestimmten Tageszeiten mit wärmeren Luftmassen aufsteigen und die obere Atmosphäre erreichen. In den oberen Atmosphärenschichten tragen Luftströme danndas Gas entlang der Längengrade zum Nordpol, wo es abkühlt und wieder hinabsinkt. Ein Teil des Wasserdampfes entkommt diesem Kreislauf jedoch, wenn unter dem Einfluss der Sonnenstrahlung die Wassermoleküle zerfallen und Wasserstoff ins All.
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Eine weitere marsianische Besonderheit kann den ungewöhnlichen Wasserkreislauf zudem auch noch verstärken: gewaltige, den gesamten Planeten umspannende Staubstürme, die den Mars im Abstand mehrerer Jahre immer wieder heimsuchen. Die letzten Stürme dieser Art ereigneten sich 2018 (in dessen Folge der NASA-Mars-Rover XXX seinen Dienst einstellte, …GreWi berichtete) und 2007 und wurden von Raumsonden in einer Marsumlaufbahn umfassend dokumentiert. „Die Staubmengen, die während eines solchen Sturms durch die Atmosphäre wirbeln, erleichtern den Transport von Wasserdampf in hohe Luftschichten.“
Copyright: NASA
„Die Marsatmosphäre ist offenbar durchlässiger für Wasserdampf als die der Erde“, schlussfolgern die Wissenschaftler abschließend. „Der neue gefundene saisonale Wasserkreislauf trägt massiv dazu bei, dass der Planet weiterhin Wasser verliert.“
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