Ozean auf Pluto – Flüssiges Wasser selbst im äußeren Sonnensystem wahrscheinlich
Sapporo (Japan) – Der einstige neunte Planet Pluto umkreist die Sonne als Teil des Kuiper-Gürtels auf einer Distanz von rund sechs Milliarden Kilometern. Eigentlich sollte es hier viel zu kalt sein, als dass flüssiges Wasser selbst unterhalb gefrorenener Planetenoberflächen existieren könnte. In einer neuen Studie bestätigen japanische Wissenschaftler nun jedoch, dass eigentlich nur ein unter dem Eispanzer des Pluto verborgener flüssiger Wasserozean die Merkmale des Planeten und Messdaten der Pluto-Mission „New Horizons“ erklären kann. Auch einen Weg, wie das Wasser hier flüssig bleibt, beschrieben die Forscher.
Bislang waren Planetenwissenschaftler aufgrund des Alters von Pluto und seiner Position im Sonnensystem davon ausgegangen, dass die zum Aufrechterhalten eines flüssigen Ozeans notwendigen Temperaturen zu hoch seien, um ein vollständiges Zufrieren des Ozeans zu verhindern. Eigentlich, so die bisherigen Modelle, sollte Pluto also schon längst zugefroren sein.
Wie das Team um Shunichi Kamata von der Hokkaido University aktuell im Fachjournal „Nature Geoscience“ (DOI: 10.1038/s41561-019-0369-8) beschreibt, könnte allerdings eine isolierende Schicht aus Gashydraten – sog. Clathrate – unter der gefrorenen Oberfläche, einen darunter verborgenen Ozean warm genug und damit flüssig halten.
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Auf diese Weise und mittels des verborgenen Ozeans ließe sich zum einen die Gravitationsanomalie erklären, die die NASA-Sonde „New Horizons“ bei ihrem Vorbeiflug im Juli 2015 in Form der als „Sputnik Planitia“ bezeichneten Pluto-Region sowie dortige tektonische Merkmale erklären.
Hintergrund
Schon 2016 deuteten Simulationen von US-Wissenschaftlern daraufhin, dass der einst neunte und am weitesten von der Sonne entfernte Planet unseres Sonnensystems unter seiner eisigen Oberfläche einen rund 100 Kilometer tiefen Ozean stark salzhaltigen Wassers besitzt (…GreWi berichete).Und schon davor hatte ein Team der Brown University anhand von Modellberechnungen zur thermalen Evolution des Zwergplaneten auf der Grundlage der neusten New-Horizons-Daten berichtet, dass ein bereits vor Jahrmillionen eingefrorener Pluto-Ozean zu einer sichtbaren Schrumpfung des Planeten geführt hätte. Nur ein immer noch vorhandener flüssiger Ozean im Untergrund könnte den Umstand erklären, dass es keinerlei Anzeichen für eine globale Kontraktion auf der Pluto-Oberfläche gibt und sich Pluto stattdessen sogar ausgedehnt. (…GreWi berichtete).
„Um die Pluto-Ozeane flüssig zu halten, brauch es Wärme im Innern. Zur gleichen Zeit muss der Pluto aber auch kalt genug sein, um die Variationen in der Dicke seiner Kruste erklären zu können“, so die Wissenschaftler um Kamata. „Schon eine dünne Schicht der Clathrate unter dem Eis würde ausreichen, um beide Merkmale (Ozean und unterschiedlich dicke Eiskruste) zu erklären.“
Da die Theorie des isolierenden Hydratschicht nicht so ohne Weiteres vor Ort überprüft werden kann, haben Wissenschaftler zahlreiche Computersimulationen zur Entwicklung des Planeten durch seit der Entstehung des Sonnensystems vor rund 4,6 Milliarden Jahren durchgespielt – mit und ohne die angedachte Gashydratschicht zwischen Eis und dem vermuteten darunter verborgenen Ozean.
Anhand dieser Simulation auch der thermalen Entwicklung, berechneten die Forscher auch, wie lange es dauern würde, bis ein ursprünglich vorhandener verborgener Ozean vollständig einfrieren und eine uniforme Eisschicht bilden würde.
„Ohne die Gasschicht, würde ein angenommener Ozean schon vor 800 Millionen Jahren zugefroren sei“, schlussfolgern die Forscher anhand ihrer Berechnungen. Fügten die Wissenschaftler ihrer Simulation die Gashydratschicht hinzu, fror der angenommene Ozean tatsächlich nicht ein. Hinzu benötigte das vollständige Einfrieren rund 100 Millionen Jahre. Diese Zeitspanne dehnt die Hydratschicht diese Zeitspanne auf mehr als eine Milliarden Jahre aus.
Obwohl das Eis, dass Sputnik Planetia bedeckt, hauptsächlich aus Stickstoffeis besteht, so vermuten die Forscher selbst jedoch, dass die isolierenden Gasschicht aus Methan aus dem felsigen und heißen Kern des Pluto besteht.
„Die Clathrat-Hydrate wirken als Wärmeschutz und halten den Ozean so davon ab, gänzlich zuzufrieren, während die äußere Eisschicht kalt und unbeweglich bleibt“, so Kamata und Kollegen abschließend.
Die aktuellen Simulationen stützten also nicht nur die Beobachtungen der „New Horizons“-Sonde und die Vorstellung von einem flüssigen Ozean auf Pluto. Sie zeigen auch, wie flüssige Ozeane auch auf den eisigsten Körpern in unserem Sonnensystem existieren könnten. „Tatsächlich könnte das Universum ein viel feuchterer Ort sein, als wir dies bislang für möglich hielten.“
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Reste eines einstigen Ozeans bilden Oberfläche des Pluto-Mondes Charon 1. März 2019
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