Paradigmenwechsel: Entstand der Mond doch ganz anders?

Symbolbild: Mond Copyright: A. Müller f. grewi.de
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Erie (USA) – Seit nunmehr 40 Jahren gilt das Modell, nachdem der Mond aus Trümmern einer Kollision der noch jungen Erde mit einem etwa marsgroßen Protoplaneten (Theia) entstanden sein soll, als wahrscheinlichste Theorie zur Entstehung unseres Trabanten. Allerdings lässt sie auch Fragen offen. Diese Fragen glaubt nun ein neuer Ansatz lösen zu können, der mit dem Paradigma bricht und glaubt, dass der Mond ein einst von der Erde eingefangener Kleinplanet sei könnte.

Analysen der während der bisherigen sechs Apollo-Mondmissionen von 1969 bis 1972 gesammelten mehr als 800 Pfund Mondgesteins- und Bodenproben offenbarte eine chemische und isotopische Ähnlichkeit mit der Erde: kalziumreich, basaltisch und etwa 60 Millionen Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems datiert.

Basierend auf diesen Daten kamen die Planetenwissenschaftler und -Wissenschaftlerinnen 1984 auf der Kona-Konferenz in Hawaii zu dem Konsens, dass der Mond aus Trümmern einer (des etwa marsgroßen Protoplaneten Theia) Kollision mit der jungen Erde entstanden ist.

Wie da Team um Prof. Darren Williams und Michael Zugger von der Pennsylvania State University aktuell im „The Planetary Science Journal“ (DOI: 10.3847/PSJ/ad5a9a) nun darlegt, könnte dieses Szenario nicht die wahre Entstehungsgeschichte des Mondes sein. Darin liefern die Wissenschaftler ein alternatives Modell, laut dem der Mond während einer engen Begegnung zwischen der jungen Erde und einem Binärsystem aus zwei erdartigen Kleinplaneten – bestehend aus dem Mond und einem weiteren felsigen Objekt – eingefangen.

40 Jahre altes Paradigma wackelt.

„Die Kona-Konferenz prägte die Erzählung für 40 Jahre“, so Williams. „Doch es blieben Fragen offen. Beispielsweise sollte ein Mond, der durch eine planetare Kollision entsteht und sich als zunächst als Trümmerring formiert, über dem Äquator des Planeten kreisen. Der Mond der Erde bewegt sich jedoch in einer anderen Ebene. Der Mond ist mehr mit der Sonne ausgerichtet als mit dem Äquator der Erde.“

Laut der neuen Theorie trennte zunächst die Schwerkraft der Erde das Zweikörper-S-Ksten und erfasste dann eines der Objekte – den Mond –, der so zu einem Satelliten wurde, der in seiner jetzigen Bahn die Erde umkreist.

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Tatsächlich gibt es sogar Hinweise darauf, dass dies auch anderswo im Sonnensystem passiert ist: Triton, der größten Mond des Neptuns. Hier besagt die bislang vorherrschende Entstehungshypothese, dass Triton als Objekt aus dem Kuiper-Gürtel in die Umlaufbahn des Planeten gezogen wurde. Astronomen vermuten, dass jedes zehnte Objekt im Kupier-Gürtel aus zwei aneinandergebundenen Körpern besteht, als ein Binärsystem darstellt. Triton umkreist Neptun in einer retrograden Umlaufbahn, also entgegen der Rotationsrichtung des Planeten. Seine Umlaufbahn ist ebenfalls signifikant, in einem Winkel von 67 Grad zum Äquator des Neptuns geneigt.

Neue Theorie passt zu Beobachtungen

Anhand von Simulationen zeigen Williams und Zugger zudem, dass die Erde auch einen Satelliten hätte einfangen konnte, der noch deutlich größer als unser Mond war, Einwa ein Objekt von der Größe des Merkur oder sogar des Mars. Allerdings wären die daraus resultierenden Umlaufbahnen vermutlich nicht stabil gewesen.

Auch die heute fast kreisrunde Umlaufbahn des Mondes passe zum nun vorgestellten Szenario: „Heute läuft die Gezeitenkraft der Erde dem Mond voraus. Die Flutwelle beschleunigt die Umlaufbahn und gibt ihr einen Impuls, einen kleinen Schub. Mit der Zeit driftet der Mond ein Stück weiter weg. Der Effekt kehrt sich um, wenn der Mond der Erde näher ist, wie es unmittelbar nach der Erfassung der Fall gewesen wäre.“ Durch die Berechnung der Gezeitenveränderungen sowie der Größe und Form der Umlaufbahn stellten die Forscher fest, dass die ursprüngliche elliptische Umlaufbahn des Mondes im Laufe von Jahrtausenden kleiner wurde. „Die Umlaufbahn wurde auch kreisförmiger und rundete ihre Bahn ab, bis die Rotation des Mondes in seine Umlaufbahn um die Erde ‚einschloss‘, so wie es heute der Fall ist. (…) Zu diesem Zeitpunkt kehrte sich die Gezeitenentwicklung wahrscheinlich um, und der Mond begann allmählich, sich weiter zu entfernen. Jedes Jahr entfernt sich der Mond um 3 Zentimeter von der Erde. In seiner aktuellen Entfernung von der Erde – 239.000 Meilen – spürt der Mond nun eine erhebliche Anziehungskraft von der Sonne. Der Mond ist jetzt so weit entfernt, dass sowohl die Sonne als auch die Erde um seine Aufmerksamkeit kämpfen. Beide ziehen an ihm.“ Die Berechnungen der Forscher zeigen, dass ein binär eingefangener Satellit sich mathematisch genau so verhalten könnte wie der Mond der Erde.

Prof. Darren Williams.Copyright: Penn State Behrend / Penn State. Creative Commons

Prof. Darren Williams.
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Allerdings: Ganz sicher, ob der Mond auch tatsächlich auf diese Weise entstanden ist, sind sich auch Williams und Zugger nicht: „Niemand weiß, wie der Mond entstanden ist. In den letzten vier Jahrzehnten wurde über die Kollision-Theorie hinaus kaum gedacht und diskutiert. Jetzt gibt es einen weiteren Ansatz und das eröffnet einen Schatz neuer Fragen und Möglichkeiten für weitere Studien.“

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Recherchequelle: Pennsylvania State University

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