Planet Nine: Neuentdeckter Zwergplanet stützt Vorhersage eines weiteren großen Planeten im Sonnensystem

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Künstlerische Darstellung von „Planet Nine“ (Illu.).

Copyright: Tomruen; Hntgr.: ESO

Ann Arbour (USA) – Im äußeren Sonnensystem haben Astronomen einen Himmelskörper ausfindig gemacht, der wahrscheinlich groß genug ist, um als Zwergplanet eingestuft zu werden. Seine Umlaufbahn um die Sonne ist dabei genauso merkwürdig, dass er eine der wichtigsten Vorhersagen der Theorie für die Anwesenheit eines weiteren großen Planeten im äußeren Sonnensystem erfüllt, der spätestens seit 2016 unter der Bezeichnung „Planet Nine“ aufgrund übereinstimmender Bahnabweichungen großer Objekte jenseits der Neptunbahn theoretisch vorhergesagt wurde und seither fieberhaft gesucht wird.

Wie das Team um die Astronomin Juliette C. Becker und Porf. David Gerdes von der University of Michigan vorab via ArXiv.org berichtet, haben sie das Objekt in den Daten der „Dark Energy Survey“ (DES) entdeckt – einer Himmelsdurchmusterung, die sich auf eine Region deutlich oberhalb der sonstigen Planetenebene des Sonnensystems konzentriert.

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Auf diese Weise ist es eigentlich unwahrscheinlich, dass Objekte des Sonnensystems entdeckt werden – es sei denn, deren Umlaufbahn führt sie nicht nur weit genug hinaus, sondern liegt auch auffallend stark gegen die Ebene der sonstigen Planeten und Körper im Sonnensystem geneigt. Im aktuellen Fall des als „2015 BP519“ bezeichneten Objekts ist dessen Bahn sogar um 54 Grad zur Planetenebene geneigt.


Orbitaldiagramm des Objekts „2015 BP519“ im Verhältnis zur Planetenebene des sonstigen Sonnensystems (Illu.).

Copyright/Quelle Becker, Gerdes et al.

Erste Hinweise auf „2015 BP519“ wurden von der DES bereits Ende 2014 entdeckt. Seither haben die Astronomen um Gerdes das Objekt verfolgt und seine Umlaufbahn und damit auch seine Herkunft studiert. Trotz zahlreicher Simulationen des Objekts im bekannten Sonnensystem während der vergangenen 4,5 Milliarden Jahre, fanden die Wissenschaftler bislang keine Erklärung für die stark geneigte Umlaufbahn. Doch sobald die Astronomen „Planet Nine“ in die Simulationen eingefügt hatten, nahm auch „2015 BP519“ seine jetzt ermittelte Position ein.

Hintergrund: Panet Nine
Einige Astronomen, vornehmlich Prof. Mike Brown und Konstantin Batygin von der University of California, vermuten anhand von übereinstimmenden ungewöhnlich Bahnabweichungen zahlreicher Objekte im Kuipergürtel die Existenz eines bislang noch unbekannten und ebenfalls noch nicht entdeckten weiteren großen Planeten weit außerhalb der Neptunbahn im äußeren Sonnensystem.


Bahndiagramme von 9 transneptunischen Objekten, deren Bahn von Planet Nine beeinflusst sein könnte.

Copyright: Tomruen (via WikimediaCommons) CC BY-SA 4.0

Laut den bisherigen Berechnungen der Astronomen müsste der als „Planet Nine“ bezeichnete Himmelskörper die etwa 10-fache Erdmasse besitzen und die Sonne 20 mal weiter entfernt umkreisen als Neptun (…GreWi berichtete, siehe Links u.). Zwar glauben Brown und Batygin die aktuelle Position des von ihnen postulierten Planeten schon relativ genau zu kennen, doch schlechte Beobachtungsbedingungen verzögerten erst kürzlich die Suche nach „P9“ durch das Astronomenduo mit dem Subaru Telescope auf dem  Vulkan Mauna Kea auf Hawaii (…GreWi berichtete exklusiv).

Während die Astronomen um Gerdes und Becker also eine solche Entdeckung zunächst nicht erwartet hatten, wurde genau diese jedoch von Michael Brown und Konstantin Batygin vom California Institut of Technology (Caltech), die als erste die Parameter für die Existenz von „Planet Neun“ konkret beschrieben und diese auch in Modelle unsres Sonnensystems übertragen hatten, genauso vorhergesagt: Durch die Schwerkraftwirkung sollte „P9“, dessen Masse die Astronomen auf das rund 10-fache der Erdmasse schätzen, die Umlaufbahnen große Objekt aus dem Kuipergürtel am Rande des Sonnensystems stark zur Planetenebene neigen.

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„Das neue Objekt passt so perfekt in das Modell von ‚Planet Nine‘, dass es fasst schon so wirkt, als stamme es aus den dazugehörigen Simulationen“, fügt Batygin erläuternd hinzu. „Eine gute Theorie reproduziert Daten“, so der Astronom stolz, „eine großartige Theorie sagt neue (sich dann bewahrheitende) Daten vorher.“

Zwar sei auch das jetzt beschriebene neue Objekt noch kein eindeutiger Beweis für die Existenz von „Planet Nine“, allerdings stütze es jedoch die Argumentation zu dessen Gunsten, so die Forscher. Tatsächlich, so erklärt Brown gegenüber „QuantaMagazine.org“, „gibt es eigentlich keine andere Erklärung für ein Objekt mit einer derartigen Umlaufbahn, als die, wie sie durch ‚Planet Nine‘ vorhergesagt wird. (…) Wir kennen bislang keinen anderen Mechanismus, der Objekte aus dem Kuipergürtel hinaus auf eine derart stark geneigte Bahn führen könnte“, fügt Batygin hinzu: „Ich denke, die Argumente für die Existenz von Planet Nine sind spätestens jetzt wirklich exzellent.“

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