Putzerfische mit Selbstwahrnehmung: Bestehen auch Fische den Spiegel-Test?

Osaka (Japan) – Der Spiegel-Test gilt als klassischer Test zur Selbstwahrnehmung und zum Ich-Bewusstsein. Nachdem dem Testobjekt ein Punkt im Gesicht platziert wurde, wird dieses mit ihrem Spiegelbild konfrontiert. Während Menschen ab etwa 18 Monaten damit beginnen, das Merkmal als Fremdkörper zu erkennen, bestehen selbst viele als kognitiv hochentwickelt geltende Tiere – etwa Hunde, Katzen und Schweine – diesen Test nicht. Kraken hingegen, einige Vogelarten (Krähen, Tauben oder Keas), sowie unter den Säugetieren etwa Großprimaten, Elefanten und einige Walarten bestehen den Test zum Ich-Bewusstsein. In Experimenten zeigen Forscher nun erstmals anhand von Putzerfischen, dass auch Fische den Spiegel-Test bestehen können.
Wie das internationale Team Masanori Kohda von der Osaka City University aktuell vorab via „bioRxiv“ (DOI: 10.1101/397067) berichten, haben Exemplare gewöhnlicher Putzerlippenfische (Labroides dimidiatus) in Experimenten den Spiegel-Test bestanden. Anhand der Beobachtungen schlussfolgern die Forscher, dass einige Teile des Gehirns der gerade einmal fingergroßen Fische dazu in der Lage sind, sich selbst und damit die eigene Existenz als solche wahrzunehmen.
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Allerdings sind die Grundanforderungen des Spiegel-Tests angewendet auf Fische nicht ganz einfach umzusetzen. Schließlich muss das Testobjekt zum einen zunächst einmal überhaupt in der Lage sein, die Markierung als solche visuell und diese dann auch als ungewöhnlich zu erkennen, als auch sozusagen auf das Merkmal hinzudeuten. Durch ihre gute Sicht und die Fähigkeit selbst kleinste Parasiten auf anderen Fischen zu erkennen und diese mit dem Mund aufzunehmen, stellten die Putzerfische hierfür die idealen Kandidaten dar.
In ihren Experimenten setzten die Wissenschaftler insgesamt 10 Putzerfische in individuelle Spiegel-Aquarien.
Das Ergebnis:
Zunächst reagierten die Fische auf die neue Umgebung und die vermeintliche Anwesenheit eines weiteres Exemplares (ihr eigenes Spiegelbild) wie die meisten Tiere und versuchten den Konkurrenten anzugreifen oder zu vertreiben.
Doch schon nach kurzer Zeit änderten die Fische ihr Verhalten und begannen nach und nach, schon nach wenigen Tagen vor dem Spiegel hin und her zu „tanzen“ – ein verhalten, das für die eigentlich als Einzelgänger lebenden Fische ungewöhnlich sei, so die Forscher.
In einem weiteren Schritt platzierten die Wissenschaftler dann einen farbigen Punkt derart auf den Köpfen von 8 der 10 getesteten Fischlein so, dass diese das Merkmal nur im Spiegel sehen konnten.
Mit Ausnahme eines der acht Fische verbrachten nun alle derart markierten Fische deutlich mehr Zeit in Positionen vor dem Spiegel, durch die sie in der Lage waren, die Markierung anhand ihres eigenen Spiegelbildes zu sehen. Einige der Fische begannen sogar damit, den markierten Kopfteil vermehrt an Objekten in ihrer Umgebung zu reiben.
Zusammengenommen sind die beschriebenen Verhaltensweisen für die Forscher ein deutlicher Beleg für das Bestehen des Spiegel-Tests.
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Gegenüber dem „New Scientist“ zeigen sich Kritiker allerdings noch nicht gänzlich von dieser Interpretation des beobachteten Verhaltens überzeugt und vermuten, die Fische könnten in der Markierung auch lediglich einen Parasiten auf einem vermeintlich anwesenden anderen Fisch und eben nicht auf dem eigenen Körper sehen.
Tatsächlich haben jedoch schon zuvor Experimente mit Ameisen oder Mantarochen ein auffälliges Verhalten der Tiere vor Spiegeln gezeigt, die ebenfalls ein Bestehen des Tests nahelegten, obwohl es sich bei diesen Tieren um Lebewesen mit einem vergleichsweise einfache Nervensystem wie das der Putzerfische handelt. Auch über die Aussagekraft des Spiegel-test streiten sich slebst Experten gerade dann, eigentlich kognitiv höherentwickelte Tiere wie Hunde und Katzen, den Test selbst nicht, aber Variationen davon bestehen (…GreWi berichtete).
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