Radioastronomen rätseln über neuentdeckte unbekannte Radiosignale
Sydney (Australien) – Zwei Radioastronomie-Teams berichten aktuell von neuen Entdeckungen ebenso rätselhafter wie bislang unbekannter Radiosignale aus dem All. Während eine Quelle alle 76 Sekunden Radioimpulse sendet fehlt für die andere Beobachtung bislang ein visuelles Gegenstück. Die Wissenschaftler und Wissenschaftler selbst vermuten dahinter allerdings astrophysikalische Phänomene wie einen extrem langsam rotierenden Neutronenstern.
Zunächst berichtet ein internationales Team um Dr. Manisha Caleb von der University of Sydney aktuell im Fachjournal „Natur Astronomy” (DOI: 10.1038/s41550-022-01688-x) von seiner Entdeckung der sich alle 76 Sekunden wiederholenden Radioimpulse mit der MeerKAT-Radioteleskopanlage in Südfarika. Die Forschenden gehen davon aus, dass es sich um einen ungewöhnlich langsam rotierenden Neutronenstern handelt, also das Endstadium in der Sternentwicklung eines massereichen Sterns, nachdem dieser in einer sogenannten Supernova explodiert ist. Allerdings befände sich dieser Neutronenstern in einem sogenannten “Neutronensternen-Friedhof”, einer Region, in der eigentlich keine Radioimpulse mehr erwartet wurden.
Bislang kennt die Astronomie rund 3.000 Neutronensterne in unserer Galaxie. Der nun neu entdeckte Neutronenstern wäre jedoch eine neue Kategorie dieser Sternenreste und bislang einzigartig. Die Forschenden selbst vermuten, dass es sich um ein Beispiel für bislang lediglich angedachte „ultra-langperiodische Magnetare“ handeln könnte. Das sind Sterne mit extrem starken Magnetfeldern. Da solche Sterne nur sehr schwer zu finden sind, vermuten die Astronominnen und Astronomen, dass es davon tatsächlich jedoch wesentlich mehr geben könnte.
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Die nun neu entdeckte Radioquelle wurde von den Forschenden auf die Bezeichnung „PSR J0901-4046“ getauft und hat bislang 7 unterschiedliche Arten von periodischen Impulsen von sich gegeben. „Die Signale zeigen Eigenschaften von Pulsaren, ultra-langperiodischen Magnetaren und sogar schnellen Radioausbrüchen (Fast Radio Bursts, FRBs)“, erläutert Caleb.
Ebenfalls eine bislang noch unbekannte Quelle von Radioimpulsen hat ein Team um Joel Balzan von der Western Sydney University entdeckt und seine Beobachtungen vorab via ArXiv.org veröffentlicht.
Die hier beschriebene extrem helle und kompakte Radioquelle befindet sich demnach in der Spiralgalaxie „NGC 2082“ und wird von den Astronomen und Astronominnen als „J054149.24–641813.7“ bezeichnet. „Der Ursprung und die Natur dieser Quelle sind noch unbekannte und erfordern weitere Untersuchungen“, schreibt das Team.
Grundsätzlich gibt es auch zu diesen Beobachtungen zunächst eine Reihe von bekannten astrophysikalischen Objekten, die die Signale erklären könnten: etwa Pulsare (also schnell rotierende Neutronensterne, planetare Nebel, Quasare (aktive Kerne von Galaxien) und sogenannte Radiogalaxien (Galaxienkerne, die besonders im Radiobereich aktiv sind).
Die nun von Balzan, Kollegen und Kolleginnen mit dem „Australian Square Kilometer Array Pathfinder“ (ASKAP), der „Australia Telescope Compact Array“ (ATCA) und dem Parkes Radioteleskop entdeckte stark definierte Radioquelle, befindet sich 20 Bogensekunden vom Zentrum des Zentrums von NCG 2082 entfernt, bei der es sich um eine Spiralgalaxie der Kategorie G handelt. Die Galaxie befindet sich rund 60 Millionen Lichtjahre von der Sonne entfernt im Sternbild Schwertfisch und hat einen Durchmesser von 33.000 Lichtjahren.
Anhand der Eigenschaften der Radiosignale bei 888 MHz glauben die Forschenden, die Reste einer Supernova, also Pulsare, als Erklärung ausschließen zu können. Zwar finden sich einige Signalmerkmale, die auch hier in Richtung schneller Radioausbrüche (FRBs) deuten, doch seien die Impulse hier vermutlich nicht hell genug, um in diese Signalkategorie zu fallen.
Die Astronomen und Astronominnen selbst vermuten, dass es sich bei „J054149.24–641813.7“ um entweder um eine extragalaktische Hintergrundquelle handelt – ein sogenanntes quasi-stellares Objekt (QSO, Quasar), oder um einen aktiven Galaxienkern (active galactic nucleus, AGN) handelt. Allerdings gebe es bislang noch keine Detektion hochaufgelöste Absorptionsbeobachtung von atomarem Wasserstoff (HI), die eine solche Deutung stützen könnte.
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Recherchequellen: University of Sydney, Nature Astronomy, ArXiv.org
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