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Rapa Nui: Archäologen finden neuen Hinweis auf Sinn und Zweck der Osterinsel-Statuen

Die beiden bei Ausgrabungen im Steinbruch Rano Raraku auf der Osterinsel entdeckten Moai. Copyright: Easter Island Statue Project
Die beiden bei Ausgrabungen im Steinbruch Rano Raraku auf der Osterinsel entdeckten Moai.
Copyright: Easter Island Statue Project

Los Angeles (USA) – Seit Jahrhunderten wachen die zu Ikonen vergangener Kulturrätsel gewordenen Moai über die Osterinsel Rapa Nui. Neue Analysen des Bodens rund um die Steinbrüche, in denen meisten der Monolithstatuen gehauen wurden, könnten nun einen neuen Hinweis auf den Sinn und Zweck der Moai auf der polynesischen Insel werfen.

Wie das Team um die Archäologin Jo Anne Van Tilburg und Geoarchäologin und Bodenspezialistin Sarah Sherwood von der University of California in Los Angeles aktuell im Fachjournal „Journal of Archaeological Science“ (DOI: 10.1016 / j.jas.2019.104994) berichten, deuten ihre Analysen der Böden rund um den Moai-Steinbruch Rano Raraku auf Rapa Nui daraufhin, dass diese im Auftrag der herrschenden Eliteklasse in dem Glauben hergestellt wurden, landwirtschaftliche Fruchtbarkeit und damit kritische Nahrungsmittel verleihen zu können.

Im Rahmen des „Easter Island Statue Project“ haben sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die Untersuchung zweier Moai konzentriert, die vor rund fünf Jahre im Steinbruch Rano Raraku auf der Ostseite der Insel entdeckt und ausgegraben wurden, aus dem 95 Prozent der mehr als 1.000 Moai der Insel stammen.

Rückenansicht des in Rano Raraku entdeckten mit Petroglyphen verzierten Moai Nummer 157. Copyright: Easter Island Statue Project
Rückenansicht des in Rano Raraku entdeckten mit Petroglyphen verzierten Moai Nummer 157. Copyright: Easter Island Statue Project

Ausgiebige Laboruntersuchungen von Bodenproben des Ortes ergaben Hinweise auf Lebensmittel wie Bananen, Wasserbrotwurzeln und Süßkartoffeln. Laut Van Tilburg war Rano Raraku also nicht nur ein Steinbruch und ein Ort, an dem die Statuen in ihre Form gebracht wurden, sondern auch eine produktive landwirtschaftliche Fläche.

„Unsere Ausgrabung erweitert unsere Sicht auf die Moai und zeigt uns einmal mehr, dass nicht alles – ganz gleich wie offensichtlich es erscheint – so ist, wie es scheint. Ich denke, unsere neue Analyse humanisiert den Produktionsprozess der Moai“, so Van Tilburg.

In Verbindung mit einer Süßwasserquelle im Steinbruch habe die Gewinnung von Wasser in der unmittelbaren Umgebung zu einer Steigerung der Bodenfruchtbarkeit und der Nahrungsmittelproduktion beigetragen. Die Böden im Steinbruch sind reich an Lehm, der durch die Verwitterung von Lapilli-Tuff (dem dortigen Grundgestein) entstanden ist, als die Arbeiter immer tiefer in den Felsen vordrangen und die Moai modellierten.

Die Entdeckung der auffälligen Bodenqualität gelang Sherwood dabei fast schon zufällig – suchte sie ursprünglich doch gar nicht nach der Bodenfruchtbarkeit an diesem Ort. Lediglich aus Neugier und Forschungsgewohnheit führte sie einige Detailuntersuchungen von Proben durch, die aus dem Steinbruch zurückgebracht wurden: „Als wir die Ergebnisse der chemischen Zusammensetzung der Böden erhielten, habe ich diese sofort nochmals überprüft. Es gab wirklich große Mengen an Zutaten, von denen ich nie gedacht hätte, dass sie an diesem Ort vorhanden wären, wie etwa Kalzium und Phosphor. Die Bodenchemie zeigte große Mengen an Elementen, die für das Pflanzenwachstum von entscheidender Bedeutung und für hohe Erträge unerlässlich sind – ganz anders als an den meisten Orten der restlichen Insel, an denen der Boden schnell abgenutzt, erodierte und von Elementen befreit wurde, die die Pflanzen ernähren können. Im Steinbruch gibt es hingegen ein perfektes Kreislaufsystem aus Wasser und natürlichem Dünger und Nährstoffe.“

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Laut den Wissenschaftlerinnen sieht es ganz so aus, als ob die Ureinwohner von Rapa Nui sehr intuitiv über den Anbau nachgedacht hätten: „Sie pflanzten hier mehrere Pflanzen auf derselben Fläche, was zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit beitragen kann.“

Grafische Darstellung der komplexen Petroglyphen auf der Rückseite des in Rano Raraku entdeckten, zweiten Moai Nummer 156. Die gestrichelte rote Linie markiert den vermuteten einstigen Bodenverlauf, oberhalb derer der Moai einst aus dem Boden herausragte. Die grüne Linie markiert den Bodenverlauf zum Zeitpunkt der Entdeckung des zugeschütteten Moai (Illu.). Klicken Sie auf die Bildmitte, um zu einer vergrößerten Darstellung zu gelangen. Copyright: Easter Island Statue Project
Darstellung der Petroglyphen auf der Rückseite des in Rano Raraku entdeckten Moai 156. Die gestrichelte rote Linie markiert den vermuteten einstigen Bodenverlauf. Die grüne Linie markiert den Bodenverlauf bei Entdeckung (Illu.). Klicken Sie auf die Bildmitte, um zu einer vergrößerten Darstellung zu gelangen.
Copyright: Easter Island Statue Project

Die von Van Tilburgs Team ausgegrabenen Moai wurden aufrecht entdeckt, einer auf einem Sockel und der andere in einem tiefen Loch, was darauf hinweist, dass sie dort bleiben sollten.

„Unsere Studie ändert die bisherige Vorstellung davon grundlegend, dass alle stehenden Statuen in Rano Raraku nur auf den Transport aus dem Steinbruch gewartet haben“, so Van Tilburg. „Das heißt, diese und wahrscheinlich andere aufrechte Moai in Rano Raraku wurden für diesen Ort erschaffen, um die Heiligkeit des Steinbruchs selbst zu gewährleisten. Die Moai standen im Mittelpunkt der Idee der Fruchtbarkeit, und auf Rapa Nui glaubten sie, dass ihre Anwesenheit hier die landwirtschaftliche Nahrungsmittelproduktion stimuliere.“

Van Tilburg und ihr Team schätzen, dass die Statuen aus dem inneren Steinbruch von oder vor 1510 bis 1645 gehauen wurden. Die Aktivitäten in diesem Teil des Steinbruchs begannen höchstwahrscheinlich in 1455. Der größte Teil der Produktion von Moai wurde dann Anfang des 18. Jahrhunderts aufgrund westlicher Kontakte eingestellt.

Damit handelt es sich bei der aktuellen Untersuchung um die erste Studie, die den Steinbruch selbst als komplexe Landschaft enthüllt und eine konkrete Aussage darüber macht, wie sie die Bodenfruchtbarkeit, Landwirtschaft, Gewinnung von Steinen und die Heiligkeit der Moai verbindet.

Derzeit arbeiten Van Tilburg und ihr Team arbeiten an einer weiteren Studie, in der sie die Felszeichnungen analysieren, die nur auf drei Moai existieren.

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Quelle: University of California Los Angeles

© grenzwissenschaft-aktuell.de

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Andreas Müller
Autor und Publizist
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(Kornkreisforscher)

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