Baltimore (USA) – Bei der Suche nach Leben auf Planeten um andere Sterne als unsere Sonne galt der Nachweis von Sauerstoff und organischen Stoffen in einer dortigen Atmosphäre bislang als sicherer Biomarker – also als Anzeichen für Leben. In einer neuen Studie zeigen US-Wissenschaftler, dass beide Stoffe auf einigen Exoplaneten aber auch ohne die Anwesenheit von Leben entstehen können.
Wie das Team um Chao He und Sarah Hörst von der Johns Hopkins University aktuell im Fachjournal „ACS Earth and Space Chemistry“ (DOI: 10.1021/acsearthspacechem.8b00133) berichtet, haben sie im Labor die Atmosphären unterschiedlicher Planetentypen außerhalb unseres Sonnensystems (sog. Exoplaneten) simuliert und dabei darin nicht nur erfolgreich organische Verbindungen, sondern auch Sauerstoff erzeugt, ohne dass es sich um Produkte von Organismen handelt: „In unseren Experimenten entstanden sowohl Sauerstoff als auch organische Moleküle, die im Labor als Bausteine des Lebens im Labor dienen könnten. Damit ist bewiesen, dass beide Stoffe kein definitiver Beleg für Leben sein müssen“, so He und führt dazu weiter aus: „Wir Wissenschaftler müssen also noch vorsichtiger sein, wenn es darum geht zu verstehen, wie diese Moleküle entstehen (können).“
Der Anteil von Sauerstoff in der Erdatmosphäre liegt bei rund 20 Prozent und gilt hier tatsächlich als das robusteste Biosignatur-Gas. Bei der Suche nach Leben auf Planeten außerhalb unseres eigenen Sonnensystems, können sich Astrobiologen bislang aber nur auf wenige wirklich bekannte Faktoren stützen und werden mit unterschiedlichsten möglichen Energiequellen und potentiell unterschiedlichen chemischen Reaktionen konfrontiert.
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Nachdem es schon zuvor unterschiedliche Versuche gab, mit photochemischen Computermodellen zu simulieren, was innerhalb der Atmosphären von Exoplaneten entstehen kann, wurden bislang keine dieser Simulationen auch tatsächlich in einem Labor durchgeführt.
Hierzu nutzten die Wissenschaftler nun eine speziell konzipierte Simulationskammer, die sog. „Planetary HAZE“-Kammer (PHAZER), um darin neun unterschiedliche Gasgemische zu untersuchen, die zuvor für die Atmosphären von sog. Super-Erden und Mini-Neptuns vorhergesagt wurden. Bei diesen beiden Planetentypen handelt es sich um die vermutlich häufigsten Planetenkategorien innerhalb der Milchstraße.
Jedes Gasgemisch bestand aus einer spezifischen Zusammensetzung von Gasen wie Kohlendioxid, Wasser, Ammoniak, und Methan, die dann auf unterschiedlichen Temperaturen von 26 bis 371 Grad Celsius erhitzt wurden. Dann wurden diese simulierten Atmosphären innerhalb der PHAZER-Kammer zwei Arten von Energie ausgesetzt, wie sie Energiequellen simulieren sollten, die dafür bekannt sind, chemische Reaktionen in Planetenatmosphären auslösen zu können: Zum einen Plasma, das atmosphärische elektrische Aktivitäten wie Blitze simulieren kann, und UV-Licht, das als Hauptauslöser chemischer Reaktionen in bekannten Atmosphären wie jenen der Erde, Saturn bis hin zu Pluto bekannt ist.
Nachdem die Experimente jeweils drei Tage lang liefen, analysierten die Wissenschaftler um He und Hörst die entstandenen Gase mit Hilfe eines Massenspektrometers. Hierbei entdeckten sie unterschiedliche Szenarios, unter denen sowohl Sauerstoff als auch organische Moleküle entstanden waren, aus denen in weiteren Schritten Zucker und Aminosäuren und damit sozusagen das Rohmaterialien für Leben wie Formaldehyde und Cyanwasserstoffe entstehen könnten.
„Bislang haben Wissenschaftler gedacht, dass der Nachweis der Anwesenheit von Sauerstoff und organischen Stoffen zusammen ein nahezu eindeutiger Hinweis für Leben wäre. In unseren Experimenten haben wir beide Stoffe nun aber gänzlich abiotisch erzeugt und das in gleich mehreren unterschiedlichen Szenarien“, so He abschließend. „Das legt nahe, dass selbst die Koexistenz dieser beiden bislang allgemein als Biosignaturen akzeptierten Stoffe, auch ein falsches Signal für Leben auf einem fernen Planeten sein könnte.“
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