Schimpansen-Gesten folgen Regeln menschlicher Sprache
London (Großbritannien) – Ein internationales Forscherteam hat herausgefunden, dass die Gestik, mit der Schimpansen untereinander kommunizieren, den gleichen linguistischen Regeln folgt wie die menschliche Sprache.
Wie das Team um Raphaela Heesen von vom Centre for Research in Evolutionary, Social and Interdisciplinary Anthropology and der University of Roehampton aktuell im Fachjournal „Proceedings of the Royal Society B“ (DOI: 10.1098/rspb.2018.2900) berichtet, haben sie die Kommunikation von Schimpansen in freier Wildbahn beobachtet, analysiert und diese dann mit den Regeln menschlicher Kommunikation verglichen.
Nach Jahren der Analyse haben Sprachwissenschaftler herausgefunden, dass – unabhängig davon, welche Sprache gesprochen wird – jede Form der menschlichen Sprache spezifischen Regeln folgt. Zu diesen Regeln gehört unter anderem das „Zipfsche Gesetz“, das die Häufigkeit von Wörtern in einem Text zur Rangfolge in Beziehung setzt und laut dem Wörter u.a. umso kürzer sind, je öfter sie in einer Sprache verwendet werden. Ein anderes linguistisches Gesetz ist das „Menzerathsche Gesetz“, laut dem die Komplexität der direkten Bestandteile einer sprachlichen Einheit, also etwa die Silben eines Wortes, abhängig von der Komplexität der Einheit selbst ist.
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Bei ihren Beobachtungen stellten sich die Sprachwissenschaftler um Heesen nun die Frage, ob ähnliche Gesetze auch auf die Gestensprache von Schimpansen anwendbar sind. Da Schimpansen nicht sprechen können, kommunizieren sie miteinander mittels Handgesten, Körperhaltungen, Gesichtsausdrücken und Vokalgeräuschen. Anhand von umfangreichen Videoaufnahmen wildlebender Schimpansen im Budongo Forest Reserve in Uganda gelang es den Forschern nun, etwa 2.000 Beispiele für 58 einzigartige und damit spezifische Gesten der Schimpansenkommunikation zu identifizieren.
Wie die Wissenschaftler feststellten, lassen sich die Regeln menschlicher Sprache auch auf die Verwendung von Gesten unter den Schimpansen anwenden, wenn etwa die meistgebrauchten Gesten eher kurz sind und längere Gesten meist von kürzeren Gesten unterbrochen werden.
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Die Beobachtung legt nahe, dass trotz der doch großen Unterschiede in der Art und Weise der Kommunikation zwischen Schimpansen und Mensch, beide Kommunikationssysteme dennoch gemeinsamen mathematischen Prinzipien folgen.
Erst im vergangenen Jahr hatten Forscher herausgefunden, dass menschliche Kleinkinder und Schimpansen ähnliche Kommunikationssysteme nutzen. Jetzt planen die Forscher ihre Untersuchungen auch auf anderer Arten auszuweiten, da beispielsweis Bonobos eine Vielzahl von Gesten nutzen, die auch Schimpansen zur Kommunikation verwenden.
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