Schmelzwasser könnte Spuren fließenden Wassers auch auf einem frühen kalten Mars erzeugt haben
Die Nanedi Valles.
Copyright: ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum)
Providence (USA) – Es sind weitflächige Talnetzwerke, die sich durch die südlichen Hochländer der Mars ziehen und nahe legen, dass der Rote Planet einst warmer und feuchter war als heute. Klimamodelle sprechen jedoch eine andere Sprache. Eine neue Studie liefert nun eine Antwort auf das bisherige Paradoxon zeigt nun, wie auch auf einem frühen, kalten und eisigen Mars genügend Wasser geflossen sein könnte, um die heute noch deutlichen Spuren einst fließender Gewässer erklären zu können.
„Der Mars selbst gibt uns unterschiedliche Signale darüber, wie er einst ausgesehen haben könnte“, berichten die Autoren der Studie um Dr. Ashley Palumbo und Prof. Jim Head von der Brown University aktuell im Fachjournal „Icarus“ (DOI: 10.1016/j.icarus.2017.09.007). „Von Wasser gegrabene Täler, Fluss-und Seebetten lassen kaum Zweifel daran, dass hier einst Wasser über die Oberfläche geflossen ist. Aber Klimamodelle des frühen Mars legen durchschnittliche Temperaturen deutlich unterhalb des Gefrierpunkts rund um den Globus nahe.“
In ihrer Studie präsentieren die Wissenschaftler um Palumbo eine mögliche Brücke zwischen der Vorstellung vom vor rund vier Milliarden Jahren „warmen und feuchten“ Mars, wie sie von der heute noch sichtbaren Marsgeologie gezeichnet wird und der „kalten und eisigen“ Vergangenheit der Klimamodelle.
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„Selbst wenn der Mars grundsätzlich zugefroren war, könnten die Höchsttemperaturen während der Mars-Sommer auch leicht über den Gefrierpunkt gelegen haben. Damit wäre es warm genug gewesen, dass Marsgletscher an ihren Rändern schmolzen. Dieses Schmelzwasser könnte dann selbst in kleineren Mengen, dafür aber über die Jahre hinweg immer wieder kontinuierlich freigesetzt, die heute noch sichtbaren Merkmale auf dem Mars gegraben haben.“
Inspiriert wurde die Studie von geologischen Beobachtungen auf der Erde: So sind beispielsweise die Temperaturschwankungen in den antarktischen Trockentälern groß genug, um Seen entstehen zu lassen, selbst wenn die jährliche Durchschnittstemperatur deutlich unter Null liegt. „Wir wollten sehen, ob ähnliches auch auf dem urzeitlichen Mars möglich gewesen sein könnte“, so Palumbo.
In Computermodellen haben die Wissenschaftler verschiedene Szenarien des Mars vor vier Milliarden Jahren auf unterschiedlich beeinflussten Umlaufbahnen und mit verschieden starken Achsenneigungen des Planeten durchgespielt, um so zu testen, wie sie die Sonneneinstrahlung die oberen und niedrigeren Breitengrade ebenso unterschiedlich beeinflussen kann und wie die Ausprägung der Jahreszeiten von einer unterschiedlich starken Exzentrizität der Umlaufbahn angetrieben werden könnten.
Das Ergebnis offenbarte den Forschern dann Szenarien, unter denen die betroffenen Regionen, in denen die Tälernetzwerke zu finden sind, von Gletschern bedeckt gewesen sein könnten. Tatsächlich zeigten die Modelle auch mögliche Szenarien, in denen trotz frostiger Durchschnittstemperaturen in den Sommern die südlichen Hochländer Temperaturen oberhalb des Gefrierpunkts erlebt haben könnten.
Damit die so simulierten Mechanismen aber auch die Marstäler erklären können, müssen sie natürlich auch genügend Wasser freigesetzt haben, um diese Merkmale auch gegraben haben zu können.
Zuvor schon hatte Head gemeinsam mit seinem Studenten Eliot Rosenberg die Wassermenge errechnet, die notwendig war, um die größten Marstäler zu graben. Diese Daten nutzen die Forscher in ihrer aktuellen Studie nun als Grundlage für ihre Berechnungen der Wassermenge, die die südlichen Talnetzwerke erklären könnte. Besonders das Modell eines frühen Mars mit einer starken exzentrischen Umlaufbahn erfüllte die notwendigen Kriterien, liegt aber trotzdem innerhalb der möglichen Orbitalszenarien des Mars während der vergangenen vier Milliarden Jahren.
Ausgedehnte Talnetzwerke prägen Regionen in den südlichen Mars-Hochländern und wurden einst von fließendem Wasser gegraben.
Copyright: NASA/JPL-Caltech/Arizona State University
„Wir liefern damit eine plausible Hypothese zur Erklärung wie sich flüssiges Wasser auch auf einem kalten frühen Mars gebildet haben könnte und wie jahreszeitlich bedingtes Schmelzwasser Flüsse und Seen erzeugt haben könnte, die dann die heute noch sichtbaren Spuren auf dem Mars hinterlassen haben könnten“, so die Forscher abschließend. Zugleich erforschen sie aber derzeit auch mögliche Kandidaten für eine Erklärung einer Erwärmung des frühen Mars – darunter Vulkanismus und Einschläge, die ihrerseits zum Anschmelzen des damaligen Marseises beigetragen haben könnten.
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