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Schnelle Evolution: Erbgut von Fischen ändert sich schon binnen einer Generation

3.000 Versuchstiere wurden in einen Fluss ohne Stichlinge entlassen und so der natürlichen Auslese ausgesetzt. Nach einem Jahr wurden die verbleibenden Fische eingefangen und genetisch untersucht. Copyright/Quelle: Universität Basel, Dario Moser
3.000 Versuchstiere wurden in einen Fluss ohne Stichlinge entlassen und so der natürlichen Auslese ausgesetzt. Nach einem Jahr wurden die verbleibenden Fische eingefangen und genetisch untersucht.
Copyright/Quelle: Universität Basel, Dario Moser

Basel (Schweiz) – Evolution wird für gewöhnlich als ein langsamer Prozess verstanden, bei dem Änderungen von Merkmalen erst über Tausende von Generationen auftreten. In den letzten Jahren haben sich jedoch Hinweise verstärkt, dass die Anpassung von bestimmten Merkmalen auch durchaus schneller gehen kann. Schweizer Wissenschaftler haben die genetischen Grundlagen ungewöhnlich schneller evolutionärer Anpassung am Beispiel einer heimischen Fischart identifiziert und damit den Nachweis für die schnelle Evolution innerhalb einer Generation erbracht.

Für Ihre aktuell im Fachjournal „Nature Communications“ (DOI: 10.1038/s41467-020-15657-3) veröffentlichten Studie haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Dr. Daniel Berner vom Departement Umweltwissenschaften der Universität Basel Dreichstachlige Stichlinge aus unterschiedlichen Lebensräumen der Bodenseeregion untersucht. Die Studie zeigt, dass die Auswahl von genetischen Varianten im Erbgut innerhalb einer einzigen Generation beobachtet werden kann.

„Im Bodenseegebiet ist der Stichling an ökologisch unterschiedliche Lebensräume angepasst: entweder im See oder Fluss“, erläutert die Pressemitteilung der Universität Basel und führt dazu weiter aus: „Um zu untersuchen, wie schnell sich die Anpassung im Erbgut niederschlägt, wurden die See- und die Flussfische zunächst über mehrere Generationen im Labor miteinander gekreuzt. Das Erbgut dieser beiden sogenannten Ökotypen wurde damit durchmischt, sodass eine genetisch diverse Versuchspopulation entstand.“

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In einem zweiten Schritt entließen die Wissenschaftler Tausende dieser Versuchsfische in einen natürlichen Flusslebensraum ohne Stichlinge. Die Fische wurden somit der natürlichen Selektion ausgesetzt. Nach einem Jahr wurden die verbleibenden Fische eingefangen und genetisch untersucht.

Im und um den Bodensee finden sich zwei Ökotypen des Dreistachligen Stichlings, die sich unter dem Einfluss ihres jeweiligen Lebensraums entwickelt haben: links der See-Stichling, rechts der Fluss-Stichling. Die beiden Ökotypen unterschieden sich in zahlreichen Merkmalen des Körperbaus und Verhaltens; am auffälligsten sind die Unterschiede in der Körpergröße und in der Brutfärbung der Männchen (untere Reihe). Copyright/Quelle: Universität Basel, Daniel Berner
Im und um den Bodensee finden sich zwei Ökotypen des Dreistachligen Stichlings, die sich unter dem Einfluss ihres jeweiligen Lebensraums entwickelt haben: links der See-Stichling, rechts der Fluss-Stichling. Die beiden Ökotypen unterschieden sich in zahlreichen Merkmalen des Körperbaus und Verhaltens; am auffälligsten sind die Unterschiede in der Körpergröße und in der Brutfärbung der Männchen (untere Reihe).
Copyright/Quelle: Universität Basel, Daniel Berner

„Die Hypothese des Experiments war, dass im Flusslebensraum, in welchem sich die Versuchstiere durchsetzen mussten, genetische Varianten der ursprünglichen Flusspopulation häufiger werden“, so Berner. „Allerdings war es noch völlig ungewiss, ob dies bereits innerhalb einer einzigen Generation messbar sein würde.“

Hintergrund
Um mögliche Änderungen im Erbgut zu erfassen, mussten die Forscher zunächst die DNA-Regionen finden, in denen die Selektion am ehesten stattfinden würde. Dafür verglichen sie die Ursprungspopulationen aus See und Fluss mittels DNA-Sequenzdaten. Dies förderte Hunderte von Regionen im Erbgut zutage, die für die Anpassung an die jeweiligen See- und Flussbedingungen wichtig sind. Darauf wurden die DNA-Sequenzdaten der Versuchspopulation von vor und nach dem Feldexperiment in genau diesen Regionen verglichen, um Veränderungen in der Häufigkeit von genetischen Varianten zu ermitteln.

Das Ergebnis stützte die Hypothese der Autoren: Im Durchschnitt erhöhte sich die Häufigkeit der Flussvarianten auf Kosten der Seevarianten um etwa 2,5 Prozent. „Dieser Unterschied mag im ersten Moment gering klingen, ist aber durchaus substanziell, wenn man diesen Faktor auf ein paar Dutzend Generationen hochrechnet“, so Berner. Das Experiment dokumentiere, dass Evolution sehr zügig und vor unseren Augen ablaufen kann – und das nicht nur bei Mikroorganismen. „Eine solche schnelle Evolution könnte auch anderen Lebewesen helfen, mit den gegenwärtigen, sehr schnellen und vom Menschen versursachten Umweltveränderungen klarzukommen“, so der Evolutionsbiologe abschließend.

WEITERE MELDUNGNE ZUM THEMA
Evolutionäre Anpassung muss nicht von Mutationen abhängen 6. Juni 2018
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Quelle: Universität Basel

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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