SETI-Studie fordert gezielte Suche nach außerirdischen Artefakten und Beobachtungs-Sonden im Sonnensystem
Teneriffa (Spanien) – Im Auftrag der NASA hat ein Expertenteam neue Wege bei der Suche nach außerirdischer Intelligenz erarbeitet. Diese soll sich auf die Suche nach sogenannten Technologie-Signaturen, also Hinweise auf außerirdische Technologien, konzentrieren. Neben der astronomischen Fernsuche nach Hitze- und Spektralsignaturen außerirdischer Industrie und Energienutzung und -gewinnung schlagen die Autoren ganz gezielt auch die Suche nach auf Körpern des inneren Sonnensystems abgestürzter außerirdischer Technologie und auf dem Mond oder Asteroiden geparkten Beobachtungssonden vor.
Wie Hector Socas-Navarro vom Instituto de Astrofısica de Canarias, Jacob Haqq-Misra vom Blue Marble Space Institute of Science in Seattle, Jason T. Wright vom Department of Astronomy&Astrophysics an der Pennsylvania State University, Ravi Kopparapu vom Goddard Space Flight Center der NASA, James Benford vpn Microwave Sciences und Ross Davis von der Indiana University gemeinsam mit den Teilnehmern des TechnoClimes 2020-Workshops vorab via ArXiv.org und aktuell im Fachjournal „Acta Astronautica“ (DOI: 10.1016/j.actaastro.2021.02.029) berichten, ist es das Ziel des Dossiers, Vorschläge für Missionskonzepte und Projektbeschreibungen für die Suche nach Technosignaturen zu machen, wie sie schon mit heutiger oder der Technologie oder von Instrumenten der anstehenden nächsten Generation erfolgreich durchgeführt werden könnte.
Neben der Suche nach Signalen in bereits vorhanden Datensammlungen, also den Daten von Himmelsbeobachtungs– und Durchmusterungskampagnen etwa nach Radio- und Lasersignalen oder ungewöhnlichen Wärme- und Hitzesignaturen ferner Zivilisationen, schlagen die Autoren auch eine neue Erkundung erdnaher Objekte, also von Himmelskörpern im inneren Sonnensystem bis hinein in den Asteroidengürtel vor.
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„Sterne verhaften nicht an festen Positionen. Zusätzlich zu der Orbitalbewegung um die Galaxie passieren uns immer wieder nahe gelegene Sterne“, erläutert die Studie. „Das Sonnensystem unterliegt (nach kosmischen Maßstäben) relativ häufig engen Sternbegegnungen. Typischerweise dringt alle 100.000 Jahre ein Stern in unsere Oortsche Wolke ein und kommt so bis auf innerhalb eines Lichtjahres an unsere Sonne heran. Dies bedeutet, dass es seit Beginn des Lebens auf der Erde Zehntausende solcher dichten Begegnungen mit anderen Sternen und ihren potenziellen Systemen gegeben hat. Eine außerirdische Zivilisation, die in solcher Nähe vorbeizieht, könnte bemerkt haben, dass es auf der Erde ein Ökosystem gibt, da die Chemie der Atmosphäre nicht im Gleichgewicht ist.“
Vor dem Hintergrund, dass wir selbst derzeit an Konzepten für die Erforschung unseres nächstgelegenen Nachbarsystems (Proxima Centauri / Alpha Centauri ) arbeiten (…GreWi berichtete), so sei es “nicht unangemessen zu glauben, dass andere Spezies möglicherweise während einer oder mehreren dieser engen Begegnungen Sonden zur Erforschung unseres Sonnensystems ausgesandt haben könnten.“ Zwar sei die Idee als solche nicht neu, doch seien bislang nur wenige Suchen nach solchen Objekten durchgeführt worden.
Deshalb schlagen die Experten nun auch vor, erdnahe Objekte (near-Earth objects = NEOs) gezielt nach dortigen Artefakten oder sogar sogenannten “Lurkers” (also gezielt auf einem Himmelskörper stationierten Beobachtungssonden) abzusuchen. Zwar seien schon viele NEOs aus der Ferne beobachtet, ihre Oberflächen aber nur sehr selten und im Sinne von SETI sogar noch nie gezielt untersucht worden. Die Chance, auf erdgerichtete „Lurkers“ zu stoßen, sehen die Autoren besonders auf dem Mond und Erdtrojanern – also Objekten, die die Sonne auf der gleichen Bahn wie unsere Erde umkreisen, unserem Planeten aber auf den Librations- oder Lagrange-Punkten mit einem mittleren Abstand von 60° auf dem Lagrange-Punkt L4 vorauseilen beziehungsweise nachfolgen (L5) – besonders hoch, sollten solche künstlichen Objekte tatsächlich wie angedacht existieren.
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Doch nicht nur für die Suche nach von einer außerirdischen Zivilisation platzierten Sonden seien die Oberflächen von Himmelskörpern im inneren Sonnensystem bis in den Asteroidengürtel von Interesse: „Folgt man dem Grundprinzip dichter Begegnungen mit anderen Sternen in Zeitskalen von 100.000 Jahren, wäre es interessant, ältere Oberflächen im inneren Sonnensystem auf technologische Artefakte zu untersuchen – unabhängig davon, ob diese absichtlich dorthin geschickt wurden oder nach einer abgeschlossenen Mission mit einem Planeten oder Mond kollidierten.“ Hierbei seien gerade Mond und Mars als mögliche Orte attraktiv, an denen solche Geräte gelandet sein könnten. Schließlich wirke hier nur eine geringe Oberflächenentwicklung, weshalb sich hier auch Hinweise auf solche Artefakte je nach den Bedingungen zwischen Millionen und Milliarden von Jahren erhalten haben könnten. Als weitere attraktive Körper nennt das Paper deshalb auch den innersten Planeten Merkur, Ceres oder große Asteroiden.
Speziell zum Erdenmond liefert der Fachartikel hierzu interessante Informationen: „Eine globale hochauflösende Kartierung des Mondes wird monatlich vom „Lunar Reconnaissance Orbiter“ (LRO) mit einer Auflösung von 100 m / Pixel erstellt. Bei dieser Auflösung werden möglicherweise zwar einige menschliche Artefakte wie Apollo-Landeplätze erkannt (s. Abb.), aber kleinere und / oder weniger offensichtliche Techno-Signaturen würden leicht übersehen.
Die LRO-Sonde hat zwar einen Modus mit deutlich höherer Auflösung von 0,5 m / Pixel, allerdings werden in diesem Modus nur spezielle Positionen abgebildet. Bei der Suche wäre eine ultrahohe Auflösung (ultra high resolution = UHR) der gesamten Oberfläche von ~10 cm pro Pixel wünschenswert, um so auch kleinere Artefakte zu entdecktem.“
Eine solche UHR sei schon heute technologisch machbar, allerdings würde das Zurücksenden derart enormer Datenmengen eine kolossale Telemetrie-Kapazität erfordern. Deshalb schlagen die Autoren eine spezielle Sonde vor, um die Mondoberfläche in UHR zu untersuchen: „Unter der Annahme einer Höhe ähnlich des LRO würde eine Auflösung von 10 cm / Pixel etwa 0,4 Bogensekunden entsprechen und könnte mit einem Teleskop mit einer Apertur von 40 cm ausgerüstet sein. (…) Anstatt die enormen Datenmengen zu speichern und zur Erde zurückzusenden, könnte eine integrierte künstliche Intelligenz (KI) schon an Bord eine Echtzeitanalyse durchführen, um die interessantesten Ziele auszuwählen. Die ausgewählten Bilder würden zur weiteren Analyse zusammen mit der Kontextabbildung, die von Kameras mit niedrigerer Auflösung und größerem Feld bereitgestellt wird, zur Erde zurückgesendet. (…)“ Ob und wie die Vorschläge der Expertengruppe schon mittelfristig umgesetzt werde, bleibt abzuwarten. GreWi wird berichten…
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Quelle: ArXiv.org
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