Signaturen von Leben könnten sich auch in der Nähe der Eisoberfläche von Enceladus und Europa erhalten haben
Greenbelt (USA) – Aufgrund ihrer unter kilometerdicken Eiskrusten verborgenen flüssigen Wasserozeane gelten der Jupitermond Europa und der Saturnmond Enceladus als Favoriten für die Suche nach außerirdischem Leben im Sonnensystem. Gingen Wissenschaftler bislang davon aus, dass ein Nachweis von möglichem Leben in diesen Ozeanen nur durch aufwendige Bohr- und Tauchrobotermissionen erbracht werden können, die dafür direkt in diese Wasserwelten vordringen müssten, so weckt eine neue Studie Hoffnung darauf, dass sich Signaturen von Leben auch schon in wenigen Zentimetern Tiefe auf der Eisoberfläche der Monde halten könnten.
Wie das Team um Alexander Pavlov of NASA’s Goddard Space Flight Center aktuell im Fachjournal “Astrobiology” (DOI: 10.1089/ast.2023.012) berichtet, haben sie in Laborexeperimenten die Oberflächen der Eismonde simuliert. Eingebettet in das Eis, überdauerten organische Moleküle des Lebens, wie Amino– und Nukleinsäuren trotz des Einflusses der simulierten, auf die Eismonde einwirkenden starken Strahlung schon wenige Zentimeter unter der Eisoberfläche.
In ihren Radiolyse-Experimenten nutzten die NASA-Forschenden Aminosäuren als mögliche Vertreter von Biomolekülen auf den eisigen Monden. Aminosäuren können zwar sowohl durch Leben als auch durch nicht-biologische chemische Prozesse entstehen. Das Auffinden bestimmter Arten von Aminosäuren auf Europa oder Enceladus wäre jedoch ein potenzielles Lebenszeichen, da diese auch von irdischem Leben zum Aufbau von Proteinen verwendet werden. Proteine sind essenziell für das Leben, da sie zur Herstellung von Enzymen genutzt werden, die chemische Reaktionen beschleunigen oder regulieren. Aminosäuren und andere Verbindungen aus den unterirdischen Ozeanen könnten durch Geysiraktivität oder die langsame Bewegung der Eiskruste an die Oberfläche gelangen.
„Basierend auf unseren Experimenten beträgt die ‚sichere‘ Probentiefe für Aminosäuren in hohen Breiten der nachlaufenden Hemisphäre (die Hemisphäre, die entgegengesetzt zur Bewegungsrichtung Europas um Jupiter liegt) in dem Bereich, in dem die Oberfläche durch Meteoriten-Einschläge wenig gestört wurde, auf Europa etwa 20 Zentimeter“, erläutert Pavlov. „Eine Probennahme tief unter der Oberfläche ist für den Nachweis von Aminosäuren auf Enceladus nicht erforderlich – diese Moleküle überleben die Radiolyse (Zerfall durch Strahlung) an jeder Stelle auf der Oberfläche von Enceladus schon in einer Tiefe von weniger als einem zehntel Zoll (unter einigen Millimetern).“
Hintergrund
Die eisigen und ungeschützten Oberflächen der fast luftleeren Monde Enceladus und Europa sind wahrscheinlich aufgrund der Strahlung durch die Magnetfelder, ihre Mutterplaneten und mächtigen Ereignissen im tiefen Weltraum, wie explodierenden Sternen, unbewohnbar. Beide Monde besitzen allerdings Ozeane unter ihren gefrorenen Oberflächen, die durch die Gezeitenkräfte der Planeten und benachbarter Monde erwärmt werden. Diese verborgenen Ozeane könnten Leben beherbergen, wenn sie über weitere notwendige Bedingungen verfügen, wie etwa über eine Energiequelle sowie Elemente und chemische Verbindungen, die in biologischen Molekülen verwendet werden.
Auch eine weitere Erkenntnis der Experimente ist aus astrobiologischer Sicht besonders interessant: Aminosäuren wurden schneller abgebaut, wenn sie mit Staub vermischt waren, jedoch langsamer, wenn sie von Mikroorganismen stammten.
Diese langsamen Zerstörungsraten von Aminosäuren in biologischen Proben unter Bedingungen, die den Oberflächen von Europa und Enceladus ähneln, stärken die Argumente für zukünftige Lebensnachweis-Messungen durch Lander-Missionen auf Europa und Enceladus“, so Pavlov. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Abbauraten potenzieller organischer Biomoleküle in siliziumreichen Regionen auf Europa und Enceladus höher sind als in reinem Eis. Daher sollten mögliche zukünftige Missionen zu Europa und Enceladus vorsichtig sein, wenn sie siliziumreiche Bereiche auf beiden Eismonden beproben.“
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Als mögliche Erklärung dafür, warum Aminosäuren in Bakterien länger überlebten, sehen die Forschenden in der verschiedenen Art und Weise, wie ionisierende Strahlung Moleküle verändert: „Entweder direkt durch das Aufbrechen ihrer chemischen Bindungen oder indirekt durch die Erzeugung reaktiver Verbindungen in der Nähe, die dann das Molekül von Interesse verändern oder abbauen. Es ist möglich, dass das zelluläre Material der Bakterien die Aminosäuren vor den durch die Strahlung erzeugten reaktiven Verbindungen schützte.“
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Recherchequelle: NASA
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