Simulation: Beherbergt die Oortsche Wolke weitere Planeten?
Bordeaux (Frankreich) – Schon seit einigen Jahren spekulieren einige Astronomen über einen weiteren, bislang unentdeckten großen Planeten im äußeren Sonnensystem. Eine neue Studie vermutet nun, dass es darüber hinaus noch weiteren Planeten geben könnte, die einst eigentlich aus dem frühen Sonnensystem herausgeschleudert oder von diesem eingefangen wurden und seither innerhalb der Oortschen Wolke die Sonne umkreist.
Während Astronomen wie Scott C. Sheppard, Mike Brown und Konstantin Batygin seit einigen Jahren anhand von gemeinsamen Bahnunregelmäßigkeiten von Objekten im Kuipergürtel nach einem bislang noch unbekannten Planeten mit fünf Erdenmassen und einer Umlaufbahnhalbachse von 400 Astronomischen Einheiten (AE = Abstand Erde-Sonne) suchen und diesen als „Planet Nine“ bezeichnen (…GreWi berichtete, siehe weiterführenden Links u.), spekuliert nun eine neue Studie über mindestens einen ebenfalls noch unbekannten und unentdeckten großen Planeten. Dieser könnte die Sonne noch sehr viel weiter entfernt im Innern der sogenannten Oortschen Wolke umkreisen. Bei diesem Planeten könnte es sich entweder um einen ursprünglich inneren Planeten handeln, der im Laufe der Zeit entweder aus dem frühen Sonnensystem oder einem anderen Planetensystem herauskatapultiert, dann aber in unserer Ortschen Wolke regelrecht gefangen wurde.
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Wie Sean N. Raymond von der Université de Bordeaux, Andre Izidoro von der Rice University und Nathan A. Kaib von der University of Oklahoma und dem Planetary Science Institute vorab via Arxiv.org berichten, haben sie die damals noch instabile Mechanik des frühen Sonnensystems simuliert. Anhand dieser Simulationen zeigt sich die Möglichkeit, dass die Oortsche Wolke ein oder sogar mehrere Körper von Planetengröße eingefangen haben könnte.
Hintergrund
Die Oortsche Wolke ist die am weitesten entfernte Region unseres Sonnensystems. Es wird angenommen, dass selbst die nächstgelegenen Objekte in der Oortschen Wolke um ein Vielfaches weiter von der Sonne entfernt sind als die äußeren Bereiche des Kuipergürtels.Im Gegensatz zu den Umlaufbahnen der Planeten und des Kuipergürtels, die größtenteils in derselben flachen Scheibe um die Sonne liegen, wird angenommen, dass die Oortsche Wolke eine riesige Kugelhülle ist, die den Rest des Sonnensystems umgibt. Es ist wie eine große, dickwandige Blase aus eisigen Bruchstücken von der Größe von Bergen und manchmal sogar noch größer. Die Oortsche Wolke könnte Milliarden oder sogar Billionen Objekte enthalten.
Da die Umlaufbahnen langperiodischer Kometen so extrem lang sind, vermuten Wissenschaftler, dass die Oortsche Wolke die Quelle der meisten dieser Kometen ist. Beispielsweise wird der Komet C/2013 A1 Siding Spring, der 2014 sehr nahe am Mars vorbeizog, etwa 740.000 Jahre lang nicht in das innere Sonnensystem zurückkehren. Die Entfernung von der Sonne zur Oortschen Wolke ist so enorm, dass es sinnvoll ist, sie nicht in den gebräuchlicheren Einheiten Meilen oder Kilometer, sondern in astronomischen Einheiten zu beschreiben. Eine astronomische Einheit (oder AE) ist die Entfernung zwischen Erde und Sonne. Plutos elliptische Umlaufbahn bringt ihn bis zu 30 AE von der Sonne entfernt und bis zu 50 AE weit. Es wird jedoch angenommen, dass der innere Rand der Oortschen Wolke zwischen 2.000 und 5.000 AE von der Sonne entfernt ist. Der äußere Rand könnte 10.000 oder sogar 100.000 AE von der Sonne entfernt sein – das ist ein Viertel bis zur Hälfte zwischen der Sonne und dem nächsten Nachbarstern. Obwohl angenommen wird, dass die zwischen den Planeten beobachteten langperiodischen Kometen ihren Ursprung in der Oortschen Wolke haben, wurde in der fernen Oortschen Wolke selbst bislang noch kein Objekt beobachtet, sodass dies vorerst ein theoretisches Konzept bleibt. Aber es bleibt die am weitesten verbreitete Erklärung für die Entstehung langperiodischer Kometen. (Quelle: NASA)
Die Wahrscheinlichkeit für die Existenz eines solchen Planeten in der Oortschen Wolke, der selbst ursprünglich um unsere Sonne entstand, liege allerdings bei lediglich 0,5 Prozent, berichten die Astronomen. Auf immerhin 7 Prozent Wahrscheinlichkeit kommen die Simulationen für einen eingefangenen Planeten aus einem anderen System.
So oder so, auch ein solcher Planet könnte die Bahnunregelmäßigkeiten von Neptun und Uranus nicht erklären. Auch die aktuelle Studie kommt zu dem Schluss, dass die Oortsche Wolke am wahrscheinlichsten aus kleineren Körpern besteht.
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Recherchequelle: ArXiv.org
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