Durham (Großbritannien) – Neue Super-Computersimulationen legen eine alternative Variante der Entstehung unseres Mondes durch eine Kollision mit einem Mars-großen Körper nahe. Demnach könnte ein gewaltiger Einschlag auf der jungen Erde den Mond sehr viel schneller gebildet und auf einer Erdumlaufbahn platziert haben als bisherige Modelle. Das neue Szenario erklärt zudem ein bisheriges Mond-Rätsel.
Mit dem Super-Computer DiRAC Memory Intensive service („COSMA“) an der Durham University haben Dr. Jacob Kegerreis und sein Team Hunderte unterschiedlicher Einschlagsszenarien mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, Massen und Rotationsraten der beiden kollidierenden Körper simuliert und überprüft, welches Szenario dem heutigen Erde-Mond-System im Ergebnis am nächsten kommt. Die Ergebnisse der neuen Simulationen werden die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auf der „53rd Lunar and Planetary Science Conference“ und im Fachjournal „Astrophysical Journal Letters“ veröffentlichen.
Die zusätzliche enorme Rechenleistung zeige, dass Simulationen mit geringerer Auflösung durchaus wichtige Aspekte derart gewaltiger Kollisionen übersehen können. „Nur die hochauflösenden Simulationen erzeugten mondartige Satelliten mit äußeren planetaren Schichten, die reicher an Material der jungen Erde sind – eben wie unser Erdenmond.“
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Sollte sich der Mond unmittelbar nach einem derart gewaltigen Einschlag aus dessen Trümmern zusammengefunden haben, könnte dies laut den Forschenden auch bedeuten, dass er während dieser Entstehung weniger geschmolzen war, als dies bisherige Standarttheorien nahelegen, wonach der Mond innerhalb und aus einer Trümmerscheibe um die junge Erde heraus entstand.
Hintergrund
Bislang geht die Forschung davon aus, dass der Mond vor rund 4,5 Milliarden Jahren durch eine Kollision eines etwas Mars-großen Objekts (Theia) entstand. In den meisten auf diesem Szenario aufbauenden Theorien bildete sich der Mond dann nach und nach und über längere Zeiträume durch die Akkumulation von auf einer Umlaufbahn um die Erde kreisenden Trümmern dieser Kollision. Dieses Szenario wird aber von den Analysen von Mondgestein infrage gestellt, zeigen diese doch, dass dessen Zusammensetzung jener des Erdmantels entspricht. Bisherige Szenarien einer solchen Kollision legen aber nahe, dass der Mond eigentlich hauptsächlich aus den Trümmern Theias bestehen sollte.
“Der nun aufgezeigte Entstehungsweg könnte auch die auffallenden Ähnlichkeiten zwischen der isotopischen Zusammensetzung von Mondgestein und dem Erdmantel erklären“, erläutert der Mitautor der Studie, Vincent Eke. „Es könnte auch beobachtbare Konsequenzen für die Dicke der lunaren Kruste haben, die es uns ermöglichen könnte, die genaue Art dieser Kollision noch genauer zu bestimmen.“
Hinzu zeigen die neuen Simulationen, dass selbst wenn ein natürlicher Satellit die Erde so dich passiert, dass man eigentlich erwarten würde, dass er von den Gezeitenkräften der Erdanziehung auseinandergerissen werden sollte, dieser Körper diese Annäherung nicht nur überstehen, sondern auch auf eine weitere Umlaufbahn gedrückt werden würde, auf der er von einer zukünftigen Zerstörung durch Kollision mit der Erde sicher wäre.
Das neue Szenario eines unmittelbar entstandenen Satelliten eröffnet nun neuen Möglichkeiten für die ursprüngliche Mondumlaufbahn sowie zur vorhergesagten Zusammensetzung und inneren Struktur des Mondes.
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Recherchequelle: Durham University
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