Prof. Kostas Skenderis
Copyright/Quelle: Skenderis/University of Southampton
Saarbrücken (Deutschland) – Die Entdeckung erster beobachtbarer Beweise für eine holografische Natur unseres Universums (…GreWi berichtete), hat dem Astrophysikerteam um Professor Kostas Skenderis von der University of Southampton internationales Medieninteresse beschert. In vielen Fällen wurden und werden die Wissenschaftler allerdings falsch verstanden. Grund genug für den Herausgeber von Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi), Andreas Müller, Professor Skenderis in einem Kurzinterview selbst zu befragen.
GreWi: Herr Professor Skenderis, können Sie uns kurz jene Beobachtungen beschreiben, die Sie als Beweise für das „Universum als Hologramm“ bezeichnen?
Prof. Kostas Skenderis: In unserer Studie haben wir die Struktur des kosmischen Mikrowellenhintergrunds (Cosmic Microwave Background, CMB) untersucht. Dabei handelt es sich sozusagen um Reststrahlung der ersten Momente des Universums und sie besitzt nahezu die exakt gleiche Temperatur – ganz gleich aus welcher Himmelsrichtung sie auf uns trifft. Dennoch gibt es innerhalb dieser Temperatur kleinste Abweichungen: Die Temperatur des CMB variiert in kleinsten Maßstäben, wenn man zwei Punkte am Himmel miteinander vergleicht. Die Struktur dieser Abweichungen trägt Informationen über das frühe Universum in sich.
Jede Theorie zum sehr frühen Universum kann also anhand ihrer Fähigkeit überprüft werden, ob sie die Struktur dieser Abweichungen bzw. Unregelmäßigkeiten vorhersagen kann.
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In unserer Studie arbeiteten wir mit Vorhersagen der holografischen Theorie für diese Abweichungen und haben – zu unserer eigenen Überraschung – festgestellt, dass sie genau mit dem Übereinstimmen, was wir beobachten können.
Dieser Umstand ist hochgradig non-trivial und liefert eine wesentliche Unterstützung der holografischen Theorie.
Zudem haben wir quantifiziert, wie gut diese Übereinstimmung ist und sie mit jener der konventionellen Erklärung für die Struktur dieser Unregelmäßigkeiten in der Hintergrundstrahlung auf der Grundlage des kosmologischen Standardmodells verglichen.
Hierbei haben wir festgestellt, dass beide Theorien die vorliegenden und beobachtbaren Daten gleich gut erklären. Jetzt sind weitere Untersuchungen und Daten notwendig, um zwischen den beiden Theorien zu unterscheiden.
GreWi: Viele Nachrichtenmeldungen und sicherlich auch zahlreiche Leser haben ihre Aussage derart verstanden, dass dies also ein Beweis dafür sei, dass wir auch heute noch in einem (technisch projizierten) Hologramm leben und fühlen sich an Science-Fiction-Ideen wie etwa aus der Matrix-Filmreihe erinnert.
Allerdings bin ich mir sicher, dass dies weder Ihrer Interpretation noch Aussage entspricht. Können Sie auch dieses Missverständnis – so es denn eines ist – kommentieren?
Prof. Kostas Skenderis: Es war tatsächlich nicht unsere Absicht, zu behaupten, wir würden in einer Matrix-ähnlichen Simulation leben.
Unsere Arbeit legt stattdessen nahe, dass makroskopische Dimensionen und die Gravitation selbst sog. emergente Phänomene sein könnten. Während sie also nicht auf einer grundlegenden Ebene existieren, so entstehen sie aus der Dynamik der holografischen Theorie und sind als solche dann also auch real.
Grafik zur zeitlichen Entwicklung eines holografischen Universums (v.l.n.r.): Die verschwommenen Bilder entsprechen der frühen Phase des Universums, in der Raum und Zeit noch nicht genau definiert sind. Am Ende dieser Phase (Mitte) geht das Universum in die „geometrische Phase“ über, von der ab es mit Hilfe von Einsteins Gleichungen beschrieben werden kann. Die kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung wurde 375.000 Jahre später abgegeben. Davon darin eingeprägte Muster tragen (bis heute) Informationen über das sehr frühe Universum in sich und bildeten die Grundlage für die Entwciklung der Strukturen von Sternen und Galaxien in der jüngsten Phase des Universums (r.).
Copyright: Paul McFadden
Eine anschauliche Analogie ist beispielsweise Temperatur. Bei Temperatur handelt es sich um ein sogenanntes emergentes Phänomen (Anm. GreWi: also eher ein Nebeneffekt statt die Ursache von Vorgängen im Universum): Einzelne Atome haben keine Temperatureigenschaft. Tut man aber viele davon zusammen und erreicht das System dann seine Ausgeglichenheit, so kann es sinnvoller Weise durch seine Temperatur beschrieben werden.
Abhängig also von den Eigenschaften der holografischen Theorie, können also auf makroskopischer Ebene (zusätzliche) Dimensionen entstehen, oder auch nicht.
Im kosmologischen Szenario begann das sehr frühe Universum innerhalb einer nicht-geometrischen Phase – Raum und Zeit, wie wir sie heute wahrnehmen, gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Durch die in dieser Theorie beinhaltete Dynamik entstand dann ein bzw. jenes makroskopische Universum, in dem wir heute leben.
GreWi: Der Begriff Hologramm (In Form dessen, was sich vielleicht viele Menschen sich wahrscheinlich darunter vorstellen, wenn sie an Filme wie Matrix, R2D2 aus Star Wars oder das „Holodeck“ der Enterprise denken) sollte also eher als eine Art Analogie verstanden werden und nicht als technisch-optisches Abbild oder gar Programm?
Prof. Kostas Skenderis: Der Begriff Hologramm wurde in diesem Kontext in den frühen 1990ern von Susskind geprägt, als er das holografische Prinzip erstmals vorstellte. Damit sollte die Vorstellung veranschaulicht werden, dass die gesamte Information über das Universum innerhalb der zweidimensionalen Theorie kodiert ist – und ja, eine Analogie hierfür sind eben optische Hologramme, die innerhalb einer 2D-Oberfläche ein 3D-Bild kodieren.
GreWi: Besten Dank Herr Skenderis für Ihre Antworten und Erläuterungen.
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