Saarbrücken (Deutschland) – Ende Januar veröffentlichte der Inspector General des US-Verteidigungsministeriums eine deklassifizierte Zusammenfassung seines schon im August 2023 klassifiziert veröffentlichten Berichts über den Umgang mit unidentifizierten Flugobjekten und Phänomenen (UFOs/UAP). Nachdem der US-Generalinspekteur UFOs und den noch unkoordinierten Umgang darin als Risiko für die Flug- und nationale Sicherheit der USA bezeichnet, hat Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi) auch beim Generalinspekteur der Bundeswehr um eine Position in der UFO-Frage gebeten.
In seiner am 25. Januar 2023 veröffentlichten, deklassifizierten Zusammenfassung kommt der US-Generalinspekteur Robert P. Storch zu der Feststellung, „dass das Department of Defense (DoD) über keinen umfassenden, koordinierten Ansatz zum Umgang mit UAP verfügt. Beispielsweise stellte das DoD OIG (Dept. of Defense Office of the Inspector General) fest, dass einige Teile des DoD unterschiedliche Prozesse zum Sammeln, Analysieren und Identifizieren von UAP-Vorfällen entwickelt haben. Das DoD OIG stellte außerdem fest, dass das Fehlen eines umfassenden, koordinierten Ansatzes des DoD zum Umgang mit UAP eine Bedrohung für die Streitkräfte und die nationale Sicherheit [der USA] darstellen könnte. Das DoD OIG stellte beispielsweise fest, dass das DoD über keine übergreifende UAP-Richtlinie verfügt und es daher an der Gewissheit mangelt, dass Bedrohungen der nationalen Sicherheit und Flugsicherheit für die Vereinigten Staaten durch UAP identifiziert und gemindert wurden“ (…GreWi berichtete).
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Vor dem Hintergrund dieser Einschätzung des Generalinspekteurs des US-Verteidigungsministeriums von UFOs bzw. UAP und den unkoordinierten Umgang damit als schwerwiegendes Sicherheitsrisiko durch, hat GreWi-Herausgeber Andreas Müller auch beim Büro des Generalinspekteurs der Bundeswehr, dem ranghöchsten Soldat der Bundeswehr, General Carsten Breuer (s. Abb.), um eine Position in der UFO-Frage gebeten.
Auf Müllers Frage, ob sich auch dem Generalinspektor der Bundeswehr für Deutschland diese und ähnliche Fragestellungen bezüglich UAP auch für den Auftragsbereich der Bundeswehr stellen, erklärte ein Sprecher des GI am Verteidigungsministerium:
„Für den Geschäftsbereich des BMVg kann ich mitteilen, dass wir die an uns gestellten Aufgaben in den Themenfeldern „Luftraum“ und „Weltraum“ 24/7 und an 365 Tagen im Jahr wahrnehmen. Dies beinhaltet auch die Identifikation und Analyse anfänglich ungeklärter Beobachtungen, auch um Gefahren für die Luft- und Raumfahrt abzuwenden. Die ressortübergreifenden Strukturen und Verfahren diesbezüglich sind Ihnen bekannt (siehe Antworten von Herrn X und Herrn XX an Sie). Da sich auch die anfänglich ungeklärten Beobachtungen im Rahmen der Analyse als erklärbar erweisen (z. B. als Lichtspiegelungen, Wetterereignisse wie Wolkenstrukturen, Weltraumschrott/-wetter), ergibt sich seitens BMVg kein Grund für eine weitere Thematisierung UAP/UFO.“
Mit dem Verweis auf frühere Antworten bezog sich der antwortende Sprecher auf frühere Anfragen Müllers an die Bundeswehr und Luftwaffe (…GreWi berichtete 1, 2).
Auf die Rückfrage Müllers danach, auf welcher Grundlage man zu dem Schluss komme, dass UAP/UFOs für Fragen der nationalen Sicherheit der Bundesrepublik kein gesondertes Risiko darstellen, dem mit gezielten eigenen und koordinierten Maßnahmen begegnet werden sollte, erklärte der Sprecher seine erste Antwort nahezu wiederholend weiter:
„Die anfänglich ungeklärten Beobachtungen haben sich im Rahmen der Analyse als erklärbar erweisen (z. B. als Lichtspiegelungen, Wetterereignisse wie Wolkenstrukturen, Weltraumschrott/-wetter ). Deshalb ergibt sich seitens BMVg kein Grund für eine weitere Thematisierung UAP/UFO.“
Wie aus der Antwort bereits hervorgeht, hat sich also an der offiziellen Haltung des Verteidigungsministeriums, wie sie schon vor Jahren wiederholt ausgegeben wurde, bis heute somit nichts geändert.
…GreWi-Kommentar
von GreWi-Hrsg. Andreas Müller
Angesichts völlig gegenteiliger Positionen in einigen unserer engsten und wichtigsten Nachbarländer und Bündnispartner von NATO bis EU, kann man sich über diese Haltung des Bundesministeriums nur wundern.
– Während die USA Sichtungen und sensorische Detektionen von UFOs/UAP durch Piloten, Militär und Geheimdienstmitarbeiter offiziell bestätigen (…GreWi berichtete), mit dem AARO eine eigene UAP-Forschungsbehörde eingerichtet und Kongressanhörungen zum Thema abgehalten haben, ihre Radaralgorithmen auf unkonventionelle Flugeigenschaften von Objekten angepasst, eigene UFO-Melde- und Dokumentationsgesetze erlassen und UFOs/UAP entsprechend als Risiko für Flug- und nationale Sicherheit anerkannt haben (Aktivitäten, an denen sich auch Kanada beteiligt), spielt all dies für Deutschland und die Bundeswehr wirklich keine Rolle?
– In Frankreich untersucht mit der „Groupe d’études et d’informations sur les phénomènes aérospatiaux non identifiés“ (GEIPAN) eine staatliche Abteilung des französischen Nationalen Zentrums für Raumfahrtstudien (CNES), UFO-Meldungen. In Deutschland gibt es für eine ähnliche Stelle keinen Bedarf?
– In Italien werden UFO-Sichtungen seit 1978 von der italienischen Luftwaffe, der Aeronautica Militare, von deren von der Abteilung für Allgemeine Sicherheit (General Sicurezza dello Stato Maggiore Aeronautica) mit dem Ziel untersucht, „die Flugsicherheit und die nationale Sicherheit zu gewährleisten“ (…GreWi berichtete). In Deutschland sieht man auch hierfür (siehe obige Antworten) keinen Anlass.
– Auch an der belgischen Grenze zu Deutschland scheinen UFOs/UAP ebenso kehrt zu machen wie an der dänischen. In beiden Ländern untersuchen die dortigen Verteidigungsministerien, teilweise sogar gemeinsam mit den zivilen UFO-Forschungsorganisationen COBEPs (in Belgien) und SUFOI (Dänemark), gemeldete UFO-Sichtungen.
Dass bei aller internationalen Aufmerksamkeit, die Beobachtungen, Untersuchungen und bestenfalls der Aufklärung von UFOs auch wissenschaftliche gewidmet wird, sich bei deutschen Behörden, Ministerien, Bundeswehr und Geheimdiensten wirklich niemand für UAP bzw. UFOs interessiert, fällt sogar den Wissenschaftlichen Diensten des Deutschen Bundestages schwer zu glauben: In einer Ausarbeitung (WD 8 – 3000 – 104/2009) kamen die Autoren 2009 zu folgender Anmerkung:
„Die Tatsache, dass sowohl Großbritannien als auch Frankreich sich mit der Fragestellung nach der Existenz von UFOs und außerirdischen Lebensformen beschäftigten und dies – nach vorheriger Geheimhaltung – in den letzten Jahren sogar via Internet veröffentlicht haben, legt die Vermutung nahe, dass sich auch deutsche Behörden oder Ministerien mit dieser Fragestellung befasst haben bzw. befassen.“
Vor dem Hintergrund der aktuellen, auch und gerade geopolitischen Ereignisse wäre es an der Zeit, dass sich auch Deutschland ebenso wie zahlreiche unserer Nachbarn und Bündnispartner zu einer konstruktiven und den Herausforderungen gegenüber angemessenen Haltung in der UFO-Frage bekennt. Eine Haltung, wie sie in zahlreichen anderen Ländern teilweise schon seit Jahrzehnten existiert und praktiziert ist. Eine Haltung, die sowohl politisch, gesellschaftlich und wissenschaftlich Verantwortung übernimmt. Auch die bisherige Informationspolitik in Form von redundanten Null-Antworten, die mit Floskeln nur vordergründig auf gestellte Fragen eingehen und aktenkundige Fakten übergehen, fördert leider Verschwörungsnarrative, statt diesen zu entgegnen.
GreWi-Dossier:
Über den politischen Umgang mit dem UFO-Phänomen in DeutschlandWarum erscheinen deutsche US-Stützpunkte nicht auf der UFO-Ortungskarte der US-UFO-Untersuchungsbehörde AARO? 6. Januar 2014
GreWi-EXKLUSIV: Deutsche Aufklärungsdrohnen haben noch keine UFOs detektiert 9. August 2023
GreWi EXKLUSIV: UFO-Forscher des Pentagons informieren erstmals „engste Verbündete“ – Deutschland weiterhin außen vor? 19. Juni 2023
Neue Informationen zu UFO-Untersuchungen und Positionen deutscher Ministerien und Behörden 7. März 2023
Nun Offiziell: Deutschland steht bei der Untersuchung von unidentifizierten Flugobjekten im „engen vertraulichen Austausch mit seinen Bündnispartnern“ 15. Februar 2023
Bundesverteidigungsministerin und Kollegen wurden offiziell nicht zu UFOs gebrieft 12. Januar 2023
Erste Schritte auf dem Weg zu Einrichtung einer offiziellen deutschen UAP-Forschungsstelle 13. Oktober 2022
GreWi EXKLUSIV: Deutsche Luftwaffe betätigt sich offiziell nicht an UAP-Untersuchungen des Pentagon 23. Oktober 2022
Nicht nur in Deutschland: Militär- und Zivilradar „blind“ für UFOs und UAP 31. Januar 2022
GreWi nachgefragt: Neue Bundesregierung – neue Position zu UFOs und UAP? 11. Januar 2022
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