Starshot präsentiert erste Schritte zur Entwicklung interstellarer Lichtsegel

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Pasadena (USA) – Mit ultradünnen Segeln, sollen schon mittelfristig Miniatursonden durch den interstellaren raum reisen und so – angetrieben mithilfe von Lasern – schon binnen 20 Jahren etwa das uns nächstgelegenen Sternensystem Alpha Centauri in 4,3 Lichtjahren Entfernung erreichen. Die am Projekt „Starshot“ beteiligten Ingenieure und Wissenschaftler haben nun erste Schritte in der Entwicklung der interstellaren Lichtsegel vorgestellt.
Inhalt
Schneller Reisen zu den nächsten Sternen
„Das Lichtsegel wird schneller reisen als jedes bisherige Raumfahrzeug und könnte es ermöglichen, interstellare Entfernungen direkt zu erforschen – etwas, das bisher nur durch Fernbeobachtung möglich ist“, erklärt Harry Atwater, Professor für Angewandte Physik und Materialwissenschaften am California Institute of Technology (Caltech), an dem die ehrgeizigen Ziele federführend verfolgt werden.
Hintergrund
Hauptsächlich finanziert von den Multimilliardär Juri Milner und unterstützt durch den Astrophysiker Stephen Hawking, soll im Rahmen des mit 100 Millionen US-Dollar ausgestatteten Starshot-Projekts der Breakthrough Initiative (…GreWi berichtete) die Machbarkeit der mit Laserlicht angetriebenen Miniatursonde erprobt werden, die – beschleunigt auf 20 Prozent der Lichtgeschwindigkeit – innerhalb von nur 20 Jahren nach Start erste Aufnahmen und sonstige Telemetriedaten des Alpha-Centauri-Systems zur Erde funken sollen, in dem erst 2016 Astronomen einen erdgroßen Planeten innerhalb der lebensfreundlichen Zone entdeckt hatten (…GreWi berichtete).Anzeige
Entwicklung eines Testsystems für Lichtsegel
Wie Atwater und sein Team aktuell im Fachjournal Nature Photonics (DOI: 10.1038/s41566-024-01605-w) berichten, haben sie eine erste Plattform entwickelt, um die ultradünnen Membranen zu testen, aus denen ein Lichtsegel bestehen könnte. „Diese Plattform ermöglicht es, die Kraft zu messen, die Laser auf die Segel ausüben – ein entscheidender Faktor für die Beschleunigung im All.“
Auf diese Weise präsentieren die Forschenden erstmals ein Produkt am Übergang von theoretischen Konzepten hin zu praktischen Messungen und Experimenten. „Ein Lichtsegel muss Hitze standhalten, seine Form unter Druck bewahren und stabil im Strahl eines Lasers fliegen,“ sagt Atwater. „Bevor wir ein solches Segel bauen können, müssen wir verstehen, wie die Materialien auf Strahlungsdruck reagieren.“
Miniatur-Lichtsegel als Testobjekt
Das Team entwickelte eine Miniatur-Version eines Lichtsegels, das an den Ecken innerhalb einer größeren Membran befestigt ist. Dabei verwendeten sie modernste Nanotechnologie, darunter Elektronenstrahllithografie, um eine gerade einmal 50 Nanometer dünne Membran aus Siliziumnitrid herzustellen. Das so konstruierte Mini-Segel sieht aus wie ein mikroskopisch kleines Trampolin – ein Quadrat mit einer Kantenlänge von 40 Mikrometern. Dieses Mini-Trampolin wurde an seinen Ecken mit Siliziumnitrid-Federn aufgehängt. Anschließend wurde es mit einem Argonlaser bestrahlt, um den Strahlungsdruck zu messen.

Quelle: Atwater et al., Nature Photonics 2025
Herausforderung: Die Membran schwingt wie ein mechanischer Resonator (ebenfalls vergleichbar mit einem Trampolin), doch die Hauptkraft hinter diesen Schwingungen ist nicht der Strahlungsdruck, sondern die Wärme des Laserstrahls. Was zunächst ein Problem darstellte, konnte von den Forscherinnen und Forschern jedoch in einen Vorteil umgewandelt werden, der diesen Effekt nun sogar zu nutzen weiß.
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„Wir haben nicht nur unerwünschte Hitzeeffekte vermieden, sondern auch ein neues Verfahren entwickelt, um die auf das Lichtsegel wirkende Kraft zu messen,“ erklärt Lior Michaeli, ebenfalls vom Caltech. „Mit dieser neuen Methode kann das System nun nicht nur die Strahlungskraft des Lasers messen, sondern auch dessen Leistung – eine Art integrierter Leistungsmesser.“
Präzisionsmessungen im Vakuum
Mithilfe der neu entwickelten Präzisionsmessungen konnten in einem speziell angefertigten Vakuumgehäuse nun Bewegungen bis in den Picometer-Bereich (Billionstel Meter) gemessen sowie die mechanische Steifigkeit des Segels bestimmt werden – also wie stark die Federn nachgeben, wenn das Segel durch den Strahlungsdruck des Lasers bewegt wird.
Da ein Lichtsegel im All nicht immer senkrecht zur Laserquelle stehen wird, simulierte das Team diesen Effekt, indem sie den Laser aus verschiedenen Winkeln auf das Segel richteten. Dabei stellten sie fest, dass der Strahlungsdruck geringer war als erwartet. Die Forscher vermuten, dass ein Teil des Lichts an den Kanten des Segels gestreut wird und so in verschiedene Richtungen entweicht.
Nanostrukturen zur Stabilisierung von Lichtsegeln
Diesen Effekt hofft das Team zukünftig durch den Einsatz von Nanotechnologie und Metamaterialien ausgleichen zu können, die seitlichen Bewegungen und Drehungen eines Lichtsegels besser zu kontrollieren sollen. Ziel ist es, Strukturen zu entwickeln, die ein rückstellendes Drehmoment erzeugen – also das Segel automatisch zurück in den Laserstrahl lenken, falls es sich aus der Laser-Bahn bewegt. „Ein wichtiger Schritt in Richtung einer Technologie, die es Lichtsegeln ermöglicht, sich frei zu bewegen und trotzdem stabil vom Laserstrahl beschleunigt zu werden“, so die Caltech-Forschenden abschließend.
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Recherchequelle: Caltech
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