Sternenlos: Bisher größte Anzahl von Einzelgänger-Planeten entdeckt
Bordeaux (Frankreich) – Für gewöhnlich umkreisen Planeten einen Stern. Es gibt aber auch Planeten, die ungebunden an einen Stern frei das All durchstreifen. Dass solche Einzelgänger-Planeten existieren, war bereits anhand einer kleinen Anzahl solcher auch als „Rougue Planets“ bezeichneter Himmelskörper bekannt. Ein Team von Astronomen und Astronominnen hat nun mit Hilfe von Daten mehrerer Teleskope der Europäischen Südsternwarte (ESO) und anderer Institutionen mindestens 70 neue Einzelgänger-Planeten in unserer Galaxie entdeckt – die größte jemals entdeckte Gruppe derart vagabundierender Planeten.
Für das Team um Núria Miret-Roig, Astronomin am Laboratoire d’Astrophysique de Bordeaux und der Universität Wien stellt die Entdeckung einen „wichtigen Schritt zum Verständnis der Ursprünge und Eigenschaften dieser geheimnisvollen galaktischen Nomaden“ dar.
Wie die Forschenden aktuell im Fachjournal „Nature Astronomy“ (DOI: 10.1038/s41550-021-01513-x) berichten, sind planetare Einzelgänger normalerweise nur schwer zu erkennen, da sie sich viel zu weit von Sternen entfernt bewegen, deren Licht sie reflektieren könnten. Miret-Roig und ihr Team machten sich jedoch die Tatsache zunutze, dass diese Planeten wenige Millionen Jahre nach ihrer Entstehung noch heiß genug sind, um selbst zu glühen, so dass sie von den empfindlichen Kameras großer Teleskope direkt erkannt werden können.
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In einer Sternentstehungsregion in der Nähe unserer Sonne, in den Sternbildern Skorpion und Ophiuchus, wurden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf diese Weise fündig und sie entdeckten mindestens 70 bislang unbekannte Einzelgänger-Planeten mit Massen vergleichbar mit der des Jupiters.
Um derart viele Einzelgänger-Planeten aufzuspüren, nutzte das Team Daten aus rund 20 Jahren, die von einer Reihe von Teleskopen am Boden und im Weltraum stammen. „Wir haben die winzigen Bewegungen, die Farben und die Helligkeit von Dutzenden Millionen von Quellen in einem großen Bereich des Himmels gemessen“, erklärt Miret-Roig. „Diese Messungen ermöglichten es uns, die schwächsten Objekte in dieser Region, diese vagabundierenden Planeten, sicher zu identifizieren.“
Das Team nutzte Beobachtungen des Very Large Telescope (VLT) der ESO, des Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy (VISTA), des VLT Survey Telescope (VST) und des 2,2-Meter-Teleskops des MPG/ESO in Chile sowie anderer Einrichtungen. „Die überwiegende Mehrheit unserer Daten stammt von ESO-Observatorien. „Wir haben Zehntausende von Weitwinkelaufnahmen von ESO-Einrichtungen verwendet, was Hunderten von Stunden an Beobachtungen und buchstäblich Dutzenden von Terabytes an Daten entspricht“, erklärt Hervé Bouy, Astronom am Laboratoire d’Astrophysique de Bordeaux, Frankreich, und Projektleiter der neuen Untersuchung. Zudem verwendete das Team auch Daten des Gaia-Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation, was einen großen Erfolg für die Zusammenarbeit von boden- und weltraumgestützten Teleskopen bei der Erforschung und dem Verständnis unseres Universums darstelle.
Die Studie legt nahe, dass es noch viele weitere dieser schwer detektierbarem, sternlosen Planeten zu geben scheint, als jene, die bislang entdeckt wurden. „Es könnte mehrere Milliarden dieser freier Riesenplaneten geben, die ohne einen Muttergestirn in der Milchstraße umherziehen“, erklärt Bouy weiter.
Durch die Untersuchung der neu entdeckten Einzelgänger-Planeten könnten Astronominnen und Astronomen Hinweise darauf finden, wie diese mysteriösen Objekte entstehen. Einige Forschende gehen davon aus, dass sich diese Planeten durch den Kollaps einer Gaswolke bilden, die zu klein ist, um zur Bildung eines Sterns zu führen, oder dass sie aus ihrem Muttersystem herausgeschleudert worden sind. Welcher Mechanismus jedoch wahrscheinlicher ist, bleibt derzeit ungeklärt.
Schon jetzt hofft das Team zukünftig mit dem geplanten Extremely Large Telescope (ELT) der ESO, das derzeit in der chilenischen Atacama-Wüste gebaut wird und noch in diesem Jahrzehnt mit den Beobachtungen beginnen soll, noch genauer bislang bekannte Einzelgänger utersuchen und weitere Exemplare entdecken zu können.
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Recherchequelle: ESO, nature.com
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