Studie offenbart Überraschung: Ferne Wasserwelten sehr viel häufiger als gedacht
Chicago (USA) – Da Wasser die Grundlage allen uns bekannten – also irdischen – Lebens ist, stehen ferne Planeten, auf denen flüssiges Wasser existiert, ganz oben auf der Liste bei der Suche nach außerirdischem Leben. Eine aktuelle Studie kommt nun zu der überraschenden Beobachtung, dass es sehr viel mehr erdartige Planeten mit enormen Wassermengen gibt als bislang angenommen.
Wie das Team um Rafael Luque von der University of Chicago aktuell in zwei Fachartikeln im Fachjournal „Science“ (DOI: 10.1126/science.abl7164 u. 10.1126/science.add7175) berichtet, könnten einige dieser Planeten sogar jeweils hälftig aus Fels und Wasser bestehen. Allerdings dürfte nur selten flüssiges Wasser an der Oberfläche in Form von Seen, Flüssen und Ozeanen existieren, sondern im Fels eingeschlossen, als unter Eisdecken verborgene oder unterirdische Ozeane.
„Beweise für so viele Wasserwelten zu sehen, die den in unserer Galaxie am häufigsten vorkommenden Sternentyp umkreisen, das war eine wirkliche Überraschung“, erinnert sich Luque.
Hintergrund
Dank immer besserer Teleskope und Instrumente finden Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen immer mehr Planeten jenseits unseres Sonnensystems – sogenannte Exoplaneten. Je größer deren Anzahl wird, desto leichter können Forschende sog. demografische Muster innerhalb dieser Planeten ablesen. Ähnlich wie ein ganzes Dorf Trends besser abbilden und aufzeigen kann als ein einzelnes Individuum oder eine nur kleine Gruppe.
Gemeinsam mit Enric Pallé vom Instituto de Astrofísica de Canarias und der Universidad de La Laguna hat Luque die Gruppe der sogenannte M-Zwerge analysiert, den in unserer Milchstraße am häufigsten vorkommenden Sternentyp. Um diese auch als Rote Zwerge bekannten Sterne wurden bereits dutzende von Planeten hauptsächlich mit zwei Entdeckungsmethoden entdeckt. Entweder Planeten, die mittels der sogenannten Transitmethode also immer dann entdeckt wurden, wenn sie vor der „Sonnenscheibe“ ihres Sterns vorbeiziehen und während dieses sog. Transits das Sternenlicht minimal abschatten; oder durch das leichte ziehen an ihrem Stern, welches in dessen Rotation ein minimales Schlingern erzeugt. Während die Transitmethode den Durchmesser eines vorbeiziehenden Planeten offenbart, lässt sich mithilfe der Radialgeschwindigkeitsmethode die Masse eines Planeten ablesen. Beide Ergebnisse miteinander kombiniert erlauben es den Forschenden, Rückschlüsse auf die Zusammensetzung des Planeten zu ziehen und zwischen luftigen Gasplaneten und dichten Felsplaneten wie unserer Erde zu unterscheiden.
Ähnliche Analysen wurden zwar bereits für einzelne derartig entdeckter Planeten um Rote Zwerge durchgeführt, bislang aber noch nicht für die bislang bekannte Gesamtpopulation von insgesamt 43 Planeten.
Das Ergebnis dieser Analyse offenbarte dann ein überraschendes Muster: Die Dichten der Mehrheit dieser Planeten legte zunächst nahe, dass sie zu leicht waren, um ausschließlich aus Fels zu bestehen. Stattdessen scheint es so, dass diese Mehrheit zur Hälfte aus Gestein, zur anderen Hälfte aus Wasser oder anderen leichteren Molekülen besteht. „Stellen Sie sich den Unterschied zwischen einer Bowlingkugel und einem Fußball vor“ erläutern die Forscher. „Beide haben in etwa die gleiche Größe, bestehen aber aus unterschiedlichem Material und sind entsprechend unterschiedlich schwer.“
Allerdings umkreisen die meisten dieser Planeten ihre Sterne derart nahe, dass Wasser an ihren Oberflächen höchsten in der superkritischen Form von Gas existieren sollte – was dann aber wiederum den Radius bzw. Durchmesser wesentlich vergrößern würde. „Doch genau das sehen wir anhand der von uns untersuchten Gruppe nicht“, erläutert Luque. „Das legt nahe, dass dort Wasser nicht in Form von Oberflächenozeanen existiert.“
Stattdessen dürfte das Wasser entweder mit dem Fels selbst vermischt sein, sich in Taschen und Schichten unterhalb der Oberfläche oder in verborgenen Ozeanen, ähnlich wie jene des Jupitermondes Europa im Untergrund befinden.
„Die Ergebnisse unserer Analyse haben uns selbst schockiert“, berichtet der ebenfalls an der Studie beteiligte Planetenwissenschaftler Jacob Bean von der University of Chicago. „Viele Wissenschaftler haben bislang vermutet, dass es sich bei den meisten dieser Planeten um trockene, reine Gesteinsplaneten handelt.“
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Das Ergebnis der neuen Analyse stützt zudem eine Theorie zur Entstehung von Exoplaneten, die in den vergangenen Jahren etwas ins Hintertreffen geraten ist; und laut derer viele Planeten in den äußeren Regionen ihrer Systeme entstehen und nach und nach in Richtung ihres Sterns wandern. „Stellen Sie sich Klumpen aus Gestein und Eis vor, die in den kalten Regionen fernab ihres Sterns zusammengebacken und dann von der Anziehungskraft des Sterns nach innen gezogen wurden.“
Auch auf diesem Forschungsgebiet erhoffen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von den Beobachtungen des James Webb Weltraumteleskops (JWST) auch hier schon bald neue und faszinierende Ergebnisse und eine direkte Bestätigung der aktuellen Berechnungen.
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Recherchequelle: Science, University of Chicago
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