Santa Cruz (USA) – Grundsätzlich gilt Sauerstoff in der Atmosphäre eines Planeten als starker Biomarker, also als Hinweis auf dortige biologische Aktivität. Schon Teleskope der nächsten Generation könnten derartige Moleküle in den Atmosphären von Exoplaneten nachweisen. Eine aktuelle Studie zeigt nun allerdings mehrere Szenarien auf, innerhalb derer Sauerstoff auch auf leblosen erdartigen Planeten um sonnenähnliche Sterne entstehen könnte.
Wie das Team um Joshua Krissansen-Totton von der University of California in Santa Cruz aktuell im Fachjournal “AGU Advances” (DOI: 10.1029/2020AV000294) berichtet, müssten zukünftige Teleskope in der Lage sein, zusätzlich auch die planetare Umgebung zu charakterisieren, um so neben Sauerstoff auch andere Hinweise auf Leben finden zu können.
„Unsere Studie zeigt, dass Sauerstoff auch in den Atmosphären lebloser Planeten entstehen und sich ansammeln kann. Zugleich zeigen wir aber auch, dass es Wege gibt, zwischen derart falschen Positiv-Detektionen und vorhandenem Sauerstoff als echtem Biomarker zu unterscheiden“, so Krissansen-Totton.
Schon zuvor wurde das Vorhandensein von Sauerstoff in der Atmosphäre eines erdartigen Planeten um einen sonnenähnlichen Stern als Biomarker immer wieder kontrovers diskutiert. „Unsere Studie zeigt nun, wie wichtig ist, auch den restlichen planetaren Kontext zu verstehen. Wir müssen auch die anderen Moleküle kennen, die zusätzlich zu Sauerstoff in diesen Atmosphären gefunden werden oder auch nicht.“
Hierzu benötigen Astronomen Teleskope, die ein breites Spektrum unterschiedlicher Wellenlängen abdecken können, um so unterschiedliche Arten von Molekülen in einer Planetenatmosphäre detektieren zu können.
Grundlage der aktuellen Studie sind detaillierte Computermodelle zur Evolution erdartiger Felsplaneten, angefangen als aufgeschmolzene Welten durch Jahrmilliarden der Abkühlung und geochemischer Kreisläufe hinweg.
Hierbei zeigte sich den Forschenden dann ein überraschend vielfältiges Spektrum an möglichen Szenarien:
„Sauerstoff kann beispielsweise in einer Planetenatmosphäre dadurch entstehen, dass ultraviolettes Licht Wassermoleküle in den oberen Atmosphärenschichten in Wasserstoff und Sauerstoff aufspaltet“, so die Forschenden und führen dazu weiter aus: „Während der leichtere Wasserstoff meist ins All entschwindet, bleibt der Sauerstoff zurück. Andere Prozesse können wiederum vorhandenen Sauerstoff aus einer Atmosphäre entfernen. Kohlenmonoxid und Wasserstoff, die aus schmelzendem Gestein ausgasen, reagieren mit Sauerstoff und auch die Verwitterung von Gestein nimmt Sauerstoff auf.“
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Allerdings zeigt die Studie am Beispiel unserer eigenen Erde auch, dass die Modelle auch biogenen Sauerstoff als solchen korrekt ausweisen können, sofern alle notwendigen Informationen vorliegen und in Betracht gezogen werden: „Wenn wir die Modelle mit der Erde und dem vermuteten Ausgangsinventar an flüchtigen Elementen laufen lassen, so ergibt sich immer wieder das gleiche Ergebnis: Ohne Leben, würde es in der Erdatmosphäre keinen Sauerstoff geben.“
Dennoch gebe es für viele andere Beispiele für Sauerstoff ohne vorhandenes Leben: „So kann ein erdartiger Planet beispielsweise mit deutlich mehr Wasser beginnen als unsere Erde und sich dadurch zu einer Wasserwelt mit sehr tiefen Ozeanen entwickeln. Das verursacht einen enorm hohen Druck auf die Planetenkruste und schließt dadurch regelrecht geologische Aktivitäten ab, darunter auch die Oberflächenverwitterung von Gesteinen, durch die Sauerstoff aus einer Atmosphäre entfernt werden können“, so die Forschenden. „Umgekehrt kann ein Planet mit vergleichsweise geringen Mengen an Wasser beginnen, seine einst geschmolzene Magmaoberfläche vergleichsweise schnell abkühlen und gefrieren, während das Wasser in der Atmosphäre verbleibt. Eine solche ‘Gas-Atmosphäre” würde genügend Wasser in die oberen Atmosphärenschichten transportieren, um hier nach dessen Aufspaltung die Ansammlung von Sauerstoff zu ermöglichen, während der Wasserstoff ins All entflieht.“
Als typischer Ablauf beschreiben die Planetenwissenschaftler und -Wissenschaftlerinnen hingegen jenes Szenario, innerhalb dessen die Magmaoberfläche sich simultan mit dem vorhandenen Wasser verfestigt und sich so durch Kondensation Oberflächenozeane bilden:
„Nachdem Wasser auf den Oberflächen kondensiert war, blieb dessen Verflüchtigungsrate auf der Erde gering. Hält man aber eine Dampf-Atmosphäre aufrecht, nachdem sich die eins geschmolzene Oberfläche abgekühlt hatte, so verbleibt über Jahrmillionen hinweg ein Zeitfenster, innerhalb dessen sich Sauerstoff in der Atmosphäre auch ohne Leben ansammeln kann.“
In einem weiteren geologischen Szenario beginnt ein sonst erdartiger Planet mit einem größeren Mengenverhältnis von Kohlendioxid zu Wasser als auf der jungen Erde: „Das führt dann zu einem unaufhaltsamen Treibhauseffekt, durch den es auf dem Planeten zu heiß wird, als dass Wasser aus der Atmosphäre auf die Planetenoberfläche auskondensieren kann. In einem solchen ‘Venus-artigen’ Szenario verflüchtigen sich die meisten flüchtigen Stoffe und nur wenige verbleiben im Planetenmantel, woraus sie ausgasen und Sauerstoff aufnehmen könnten“, erklärt Krissansen-Totton.
Währen sich die meisten früheren Studien auf atmosphärische Prozesse konzentriert hatten, bezieht die aktuell vorgestellte Untersuchung erstmals auch die geochemische und thermale Entwicklung des Planetenmantels und der Kruste sowie die Wechselwirkungen zwischen Kruste und Atmosphäre mit ein.
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Quellen: University of California – Santa Cruz, AGU
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