Austin (USA) – Das weltweite Bienensterben sorgt bereits seit Jahren ebenso für Bedenken wie Rätselraten unter Wissenschaftlern. Während bislang neben anderen möglichen Faktoren vornehmlich Pestizide als Ursache diskutiert wurden, rückt eine neue Studie nun erneut das meist unter dem Namen „Roundup“ bekannte und weltweit meistverwendete Herbizid Glyphosat des umstrittenen Biotechriesen Monsanto in den Fokus.
Wie das Team um Erick Motta und Prof. Nancy Moran von der University of Texas aktuell im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS; DOI: 10.1073/pnas.1803880115) berichtet, zeigen ihre Untersuchungen, dass Bienen, die Glyphosat – und damit dem in Roundup aktiven Wirkstoff – ausgesetzt sind, einige ihrer nützlichen Darmbakterien verlieren und so anfälliger für Infektionen und schädliche Bakterien sind. In ihrer Publikation kommen die Wissenschaftler zu der Einschätzung, dass Glyphosat gerade wegen seiner weltweit massenhaften Anwendung einen nicht geringen Anteil zum Bienensterben beiträgt.
„Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass wir bessere Richtlinien für den Einsatz von Glyphosat brauchen – besonders wenn es um die Frage geht, wie stark Bienen dem Wirkstoff ausgesetzt werden“, erläutert Motta und führt dazu erläuternd weiter aus: „Bislang gingen sämtliche Richtlinien davon aus, dass Bienen durch Herbizide nicht negativ beeinflusst werden.“
Da Glyphosat ein wichtiges Enzym stört, das zwar in Pflanzen und Mikroorganismen, nicht aber in Tieren vorkommt, galt es lange Zeit für Tiere, und damit nicht nur für Bienen sondern auch für den Menschen als nicht gefährlich.
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Die neuste Studie zeigt nun jedoch, wie sich der Wirkstoff schädigend auf die Darmflora von Bienen auswirkt und eben auch jene Mikrobiome schädigt, die die Insekten eigentlich vor schädlichen Bakterien schützen und tödliche Infektionen bekämpfen. Da die Darmflora von Hummeln der von Honigbienen gleicht, dürften auch sie in ähnlicher Weise betroffen sein, vermuten die Forscher.
In ihrer Studie haben die Forscher Honigbienen jenen Mengen an Glyphosat ausgesetzt, wie sie auch in landwirtschaftlich angebauten und genutzten Feldern, in Gärten oder grünen Straßenrändern vorkommen. Drei Tage später stellten die Wissenschaftler fest, dass das Herbizid die Darmbakterien der Tiere signifikant reduziert hatte: „Von acht dominanten Arten gesunder Bakterien, waren vier deutlich dezimiert. Am stärksten betroffen war die Bakterienart Snodgrassella alvi, mit deren Hilfe die Bienen ihre Nahrung verdauen und die sie vor Krankheitserregern schützt. Zudem waren die betroffenen Bienen anfälliger für den opportunistischen Krankheitserreger Serratia macescens, der Bienen weltweit befällt. Etwa die Hälfte der untersuchten Bienen mit einem gesunden Mikrobiom waren acht Tage nach dem Kontakt mit Serratia noch am Leben, während zur gleichen Zeit nur noch etwa ein Zehntel der Bienen mit dem bereits durch den Glyphosat-Kontakt geschädigten Mikrobiom die schädliche Bakterieninfektion überlebt hatten.
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„Studien an Menschen, Bienen und anderen Tieren haben gezeigt, dass die Darm-Mikrobiome wichtig sind, um einer Infektion durch Krankheitserreger zu widerstehen“, so Moran. „Wenn man also die gewöhnlich stabilen Bakteriengemeinschaften zerstört, wird der Organismus anfälliger für den Angriff von Krankheitserregern.“
Auf der Grundlage ihrer Untersuchungsergebnisse empfehlen Moran und Kollegen Landwirten, Landschaftsgärtnern und privaten Gartenbesitzern auf den Einsatz von auf Glyphosat basierenden Herbizide angesichts von Pflanzen, die von Bienen besucht werden, zu verzichten.
Zwar sei Glyphosat nicht der einzige Faktor für das weltweite Bienenvölkersterben, aber es trage gerade durch die omnipräsente Anwendung des Wirkstoffs durchaus einen bedenkenswerten Anteil daran, warnen die Forscher abschließend.
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